Corporate Identity Love
Faith Impulse
Laienpredigerin
Abschied nehmen
Wir gehen heute zurück in die Zeit der Abschiedsreden von Jesus, kurz nach dem Einzug in Jerusalem und noch vor Ostern. Jesus sitzt mit seinen Jüngern, seinen engsten Freunden, beim Abendessen, er hat ihnen gerade die Füße gewaschen. Und er weiß, dass Judas ihn verraten wird.
Damit setzt die heutige Lesung ein. Sie ist aber nur der Anfang von Jesu Abschiedsreden. Denn er hat seinen Jüngern, seinen lieben Kindern, noch viel zu sagen. Sehr viel – zwei ganze Kapitel lang.
Bevor Jesus im 17. Kapitel seine innigen Bitten auch für alle zukünftigen an ihn glaubenden Menschen an seinen himmlischen Vater richtet, gibt er den Seinen den entscheidenden Auftrag – und gleich zweifach. Im 13. Kapitel, in der heutigen Lesung, heißt es: „Ich gebe euch ein neues Gebot: Liebt einander! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander liebhaben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“
Im 15. Kapitel des Johannesevangeliums wiederholt Jesus: „Das ist mein Gebot: Ihr sollt einander lieben – so wie ich euch geliebt habe.“
Und im Gebet an seinen Vater im 17. Kapitel verstärkt er noch: „Sie sollen alle untrennbar eins sein, so wie du, Vater, mit mir verbunden bist und ich mit dir. Dann können auch sie mit uns verbunden sein. Dann kann diese Welt glauben, dass du mich gesandt hast.“ (Joh. 17,20-21).
Ein neues Gebot
Aber wieso ist „Liebt einander“ ein neues Gebot?
Schon im 3. bzw. 5. Buch Mose steht doch: „Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit deiner ganzen Kraft“ (5. Mose 6,5), und deinen Nächsten wie dich selbst“ (3. Mose 19,18b). Jesus selber zitiert es einem Schriftgelehrten, wie im Markusevangelium zu lesen ist (Mk 12,29-31). Und in der Bergpredigt fügt Jesus noch hinzu: „Ihr wisst, dass gesagt worden ist: ‚Liebe deinen Nächsten und hasse deinen Feind!‘ Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde! Betet für die, die euch verfolgen!“ (Mt 5,43-44)
Warum also gibt Jesus seinen Nachfolgern und Nachfolgerinnen ein neues Gebot?
Wir müssen nur genau weiterlesen: „Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben.“ Das ist neu! Wie ich euch geliebt habe – das wäre ja vor Jesu Wirken auf der Erde gar nicht möglich gewesen! Und seine Liebe ist nicht nur Vorbild – sondern weil er uns liebt, sind wir überhaupt erst zu einer so tiefen Liebe fähig.
Wie wir wissen, zeigte sich seine Liebe nicht nur in seinen Taten, im Umgang mit seinen Jüngern und Jüngerinnen und im Eintreten für Schwache und Benachteiligte, sondern dass er bis zum Äußersten ging, bis zur Hingabe seines Lebens.
Aber schaffen wir das, so zu lieben wie Jesus? Wir haben ja oft schon Probleme, die Meinungen anderer stehen zu lassen und zu achten. Die Pandemie hat uns das auf sehr bittere Art und Weise vor Augen geführt.
Dabei ist doch der Rat, den uns John Wesley schon vor sehr langer Zeit gegeben hat, zeitlos und nach wie vor gültig. Er spricht davon, dass es Vieles gibt, worin sich Christen voneinander unterscheiden. Aber: „Ist dein Herz mir gegenüber ebenso aufrichtig wie mein Herz dir gegenüber? Ich stelle keine weitere Frage. Wenn es so ist, dann gib mir deine Hand. Wegen unterschiedlicher Meinungen oder Standpunkte wollen wir das Werk Gottes nicht zerstören. Liebst du Gott, dienst du ihm? Das genügt. Ich reiche dir die rechte Hand zum Zeichen unserer Gemeinschaft.“ (John Wesley, 1766)
Jesu neues Gebot geht aber noch weiter! Nicht nur „Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander liebhaben“, sagt er, sondern er begründet auch: „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“.
Darum geht es also! Um die Wirkung nach außen! Darum, wie wir „auf die Welt“ wirken. Eine Art Corporate Identity also – und ich nehme sie jetzt als Beispiel, als Gleichnis sozusagen, nach dem Vorbild Jesu.
Corporate Identity
Corporate Identity heißt übersetzt Unternehmens- oder Firmen-Identität. Sie umfasst die Gesamtheit der typischen Merkmale eines Unternehmens, manche sprechen sogar von der Persönlichkeit eines Unternehmens.
Ob nun bewusst ist oder nicht: eine Corporate Identity hat jedes Unternehmen. Und die ist wirklich wichtig, geht es dabei doch auch um die Wirkung nach außen – und damit um Glaubwürdigkeit. Diese ist einer der mitentscheidenden Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens.
Wir mögen kein Unternehmen, keine Firma sein, aber als Kirchengemeinde haben wir ganz sicher eine Wirkung nach außen, die als unsere Identität erlebt wird – ob es uns nun bewusst ist oder nicht.
Und so wie ein weiterer Aspekt, die „Corporate Communication“, die Art und Weise also, wie etwas mitgeteilt wird, miteinander kommuniziert wird, entscheidende Auswirkungen auf die Persönlichkeit eines Unternehmens hat, bedeutet das übertragen auf uns: Wie liebevoll und respektvoll wir miteinander kommunizieren, bestimmt unsere Nachfolger-Identität wesentlich mit.
Ich habe über die Corporate Identity nachgelesen, und da gibt unter anderen Aspekten noch ein sehr interessantes Thema, nämlich das „Corporate Design“, und da stehen wir auf jeden Fall gut da. Ich denke dabei an unser einladendes Café und die fröhliche und liebevolle Gemeinschaft beim Kirchenkaffee. Beim Design geht es auch um akustische Elemente und sogar olfaktorische wie Duftstoffe – und auch da können wir sowohl mit unserem Gesang wie auch dem Kaffeeduft punkten. Nur am äußeren Erscheinungsbild müssen wir noch arbeiten – die Schrift am Gebäude mit unserem Logo „Evangelisch-methodistische Kirche“ ist schon sehr verblasst.
Man spricht sogar von einer Corporate Philosophy, die eine grundlegende Sinn- und Werteebene des Unternehmens bildet. Die wäre bei uns wohl ein sehr umfangreicher Schwerpunkt, wenn wir an die Bibel als unsere Richtschnur denken oder an unsere Sozialen Grundsätze.
Unternehmen machen sich also viele Gedanken über ihre Identität und ihre Wirkung nach außen und wie sie diese positiv beeinflussen können. Sie haben dazu auch Markenzeichen, Trademarks, mit denen man sie leicht identifizieren kann.
Wie ist das bei uns? Bei Jesus?
Was die Identität seiner Nachfolger und Nachfolgerinnen betrifft, hat er seine eigene Sprache und seine besonderen Schwerpunkte.
Herrlicher Glanz
So sagt er am Anfang der Lesung: „Jetzt ist der Menschensohn in seiner Herrlichkeit offenbart worden. Und durch ihn ist auch die Herrlichkeit Gottes offenbart worden. Wenn der Menschensohn die Herrlichkeit Gottes offenbart hat, dann wird auch Gott die Herrlichkeit des Menschensohnes offenbaren.“
Warum spricht Jesus zuerst von Gottes und seiner eigenen Herrlichkeit? Und was hat unsere Jünger-Identität damit zu tun?
Herrlichkeit, was ist sie überhaupt für uns? Woran denken wir, wenn wir im „Unser Vater“ beten: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit“? In unserer Alltagssprache verwenden wir dieses Wort ja nicht, nur das Adjektiv „herrlich“, wenn wir z.B. von einem herrlichen Essen oder einem herrlichen Sommertag sprechen.
Im Alten Testament lesen wir von Gottes Herrlichkeit z.B. bei Mose, als er bat, Gottes Herrlichkeit sehen zu dürfen (2. Mose 33,18). Das wurde ihm auch unter besonderen Auflagen gewährt, aber danach glänzte sein Gesicht so stark, dass er es verhüllen musste. Gottes Herrlichkeit bestand hier in einem strahlenden, glänzenden Licht.
Das Neue Testament spricht von der „Doxa Theou“, die Ehre oder Herrlichkeit Gottes. Davon hat der Schlusssatz des „Unser Vater“ den Namen „Doxologie“ erhalten, und die erweiterte Form in einem Lied steht in unsrem Gesangbuch: die Nr. 460 nennt man auch „Große Doxologie“.
Es geht aber bei der Herrlichkeit nicht nur um strahlenden Lichtglanz, sondern im sogenannten „Hohepriesterlichen Gebet“ Jesu im 17. Kapitel des Johannesevangeliums kommt noch eine Komponente dazu. Da lauten Jesu Worte an seinen Vater: „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir.“
Gottes Herrlichkeit zeigt sich hier also in Beziehungen: in der Beziehung zwischen Gott Vater und Gott Sohn, in die auch noch Jesus Nachfolger hineingenommen werden. In die damit auch wir einbezogen sind.
Jesus macht das möglich, sein Gebet endet mit: „Ich habe ihnen gezeigt, wer du bist. Das werde ich auch weiter tun, damit deine Liebe zu mir auch sie erfüllt, ja, damit ich selbst in ihnen lebe.“ (Joh.17,27)
Henri Nouwen, der bekannte Pastoralpsychologe und geistliche Schriftsteller (1932-1966), erlebt die Herrlichkeit Gottes ganz persönlich, als er während einer Sinnkrise einige Monate in einem Kloster lebt. Auf die Bitte nach einem geistlichen Leitwort, das ihm in dieser Situation helfen könnte, gibt ihm der Abt diesen Satz, um darüber zu meditieren: „Ich bin die Herrlichkeit Gottes“.
In seinem Tagebuch „Ich hörte auf die Stille“ schreibt Nouwen darüber: „Jedes Mal, wenn ich die Herrlichkeit Gottes in mir erkenne und ihr Raum gebe, um sich in mir zu offenbaren, kann ich alles Menschliche zu ihr bringen, und alles wird verwandelt. Gott selbst, der Heilige Geist, betet in mir und rührt hier und jetzt die ganze Welt mit seiner Liebe an.“
Als Jesus seinem Vater seine Nachfolger und Nachfolgerinnen ans Herz legt, betet er: „Sie sollen alle untrennbar eins sein, so wie du, Vater, mit mir verbunden bist und ich mit dir. Dann können auch sie mit uns verbunden sein. Dann kann auch diese Welt glauben, dass du mich gesandt hast.“ (Joh.17,21)
Das ist es also, unser geistliches Markenzeichen, das unsere Identität zeigt:
Einander liebend, untrennbar vereint in der herrlichen Liebesbeziehung zwischen dem Schöpfer und seinem Mensch-gewordenen-Wort Jesus, der in uns lebt, können wir als seine geliebten Kinder einander
an-strahlen und so seine Herrlichkeit in die oft so dunkle Welt aus-strahlen.