Wir sind eins – durch Gottes Geist
Faith Impulse
Pastorin, Kinder- & Jugendwerk
Liebe Geschwister im Geist, (denn das sind wir, wie uns unser Lesungstext heute wieder bestätigt hat),
Ich möchte mit euch heute den Worten des Apostels Paulus aus dem Korintherbrief nachsinnen. Paulus schrieb diesen Brief an eine Gemeinde im Süden Griechenlands, die ihm sehr am Herzen lag.
Er hatte in Korinth 1 1/2 Jahre gelebt und in dieser Zeit dort eine relativ große Gemeinde aufgebaut. Seine Spuren findet man in Korinth noch heute.
Paulus in Korinth
Vor zwei Jahren haben wir eine Rundreise durch Griechenland auf den Spuren von Paulus gemacht – und die eindrucksvollsten für mich waren in der antiken Ausgrabungsstätte bei Korinth zu finden.
Auf dem Podium im Zentrum der Agora vom antiken Korinth (wir würden das heutzutage als Marktplatz oder zentralen Versammlungsplatz bezeichnen) wurde Paulus wegen seiner missionarischen Tätigkeiten angeklagt. Seine Anklage wurde letztendlich von den Römern als innerjüdischer Konflikt fallen gelassen. Auf dem Platz erinnert noch heute ein Stein mit einem Zitat aus dem 2. Korintherbrief an das, was Paulus in Korinth erlebt hatte. Korinth war eine schöne Stadt, die auch ihre problematischen Seiten hatte. Und doch habe ich das Gefühl, dass es Paulus in dieser Stadt vergleichsweise gut gegangen sein muss.
Die Stadt Korinth war eine wichtige Hafenstadt zu Lebzeiten von Paulus, weil sie an der Küste entlang einer wichtigen Handelsroute lag. Schiffe wurde be- und entladen, verschiedene Menschen kamen und gingen, und das römische Reich hatte sich dort sichtbar ausgebreitet. Reichtum, Macht, Prunk und Exzesse waren Teil des Lebens in den höheren Schichten der Gesellschaft. Unterdrückung, Ausnutzung, harte Arbeit und Armut gab es dort aber auch.
Wenn wir die Worte von Paulus an die Gemeinde in Korinth lesen, dann merken wir immer wieder, dass es auch in der Gemeinschaft der ersten Christ*innen dort unterschiedliche Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten gab, die sich in ihrem gesellschaftlichen Alltagsleben sonst nicht miteinander an einen Tisch setzen würden oder gemeinsam Veranstaltungen organisieren oder besuchen würden.
Die Gemeinschaft musste immer wieder lernen, was es bedeutet, dass jedes Mitglied gleichwertig ist für Gott; dass Gottes Geist sie alle erfüllte und dass Gottes Liebe in Christus ihnen allen galt.
Und Paulus, der sie gut kannte, hat sich viel Zeit und Mühe genommen, ihnen das in Bezug auf ihre internen Konflikte zu erklären und sie im Glauben zu stärken.
So viel zu Korinth und den Korinthern.
Konflikte und Spaltung
Vielleicht denkt ihr euch jetzt schon – Konflikte und Unterschiede… Die gibt es in Salzburg auch! Das lesen und hören wir auch in unseren Nachrichten immer wieder. Das spüren wir auch in unseren Freundeskreisen oder sogar Familien.
Wenn sich in der Gesellschaft starke gegensätzliche Meinungen entwickeln und Menschengruppen sich eher als Gegner ansehen, dann wird sich das auch in den christlichen Gemeinden widerspiegeln.
So war es schon in Korinth, so war es auch zu John Wesleys Zeiten in den methodistischen Versammlungen ab und zu, und wir finden diese Anzeichen auch hier und heute.
Der Bundespräsident hat in seiner Neujahrsansprache die drohende Spaltung unserer Gesellschaft durch die Pandemie angesprochen.
Und auch in methodistischen Gemeinden in Österreich finden es geliebte Mitglieder aufgrund ihrer "Corona-Meinung" schwierig, in Gemeinschaft mit Andersdenkenden zu bleiben.
Daher finde ich die Worte vom Korintherbrief auch für uns hier und heute sehr passend und sehr hilfreich: Auch wenn wir Menschen komplett unterschiedlich sind und uns vielleicht so gar nicht einig, ist doch Gott immer derselbe Gott. Jesus Christus ist immer derselbe. Und der Geist Gottes ist immer derselbe. Doch: „Das Wirken des Geistes zeigt sich bei jedem auf eine andere Weise.“
Die Geistkraft Gottes ist uns allen zugänglich. Sie wirkt sich aber ganz unterschiedlich in unserem Leben aus – so wie auch wir eben ganz unterschiedlich sind.
Es ist auf den ersten Blick manchmal vielleicht einfacher, sich von Menschen, die anders denken, anders reden, anders handeln als wir, komplett abzugrenzen. Das kann man leider auch in dieser Zeit der Pandemie beobachten. Die Gesellschaft wird in gegensätzliche Lager / Gruppierungen gespalten: Impfgegner*innen oder Impfbefürworter*innen. Corona-Leugner*innen oder gehorsame Bürger*innen. 2-G-Freiheit oder MFG-Lockdown. Die Gegensätze werden immer stärker positioniert und der Abstand wächst.
„Es gibt verschiedene Kräfte, aber es ist immer derselbe Gott. Er bewirkt das alles in allen Menschen.“ (1. Kor. 12)
Einheit bringt Heil(ung):
Auch wenn wir Menschen nur Unterschiede sehen, sieht Gott uns alle als seine geliebten Menschen an. Er schenkt allen seine Gnade, seine Liebe und die Kraft seines Geistes.
Als Nachfolger Christi sind wir in ihm vereint. Wir sind füreinander Brüder und Schwestern – in Christus. Wir sind also alle Teil einer sehr großen weltweiten Familie Christi. Und diese Familie könnte nicht unterschiedlicher sein.
Trotzdem ist sie in Jesus Christus verbunden.
„Eine Familie hat keine Außenseiter. Jeder (und jede!) ist ein Insider.“ (Desmond Tutu)
Wenn wir diese Verbundenheit als Familie in Christus ernst nehmen, dann können wir uns durch Gottes Geist auch über Gegensätze und Unterschiede hinwegsetzen. Dann können wir uns trauen, aufeinander zuzugehen, miteinander in Berührung zu kommen, weil wir darauf vertrauen, dass das Wirken des Geistes in unseren Begegnungen für alle einen Nutzen hat, wie es Paulus ausdrückt.
In einem Jahr, das schon sehr gespalten begonnen hat, sehe ich die Aufgabe für uns Christ*innen ganz eindeutig im Brückenbauen. Das Werkzeug dazu haben wir schon: Der Geist Gottes, der uns vereint.
Der Geist wirkt unterschiedlich in uns – und das ist auch gut so! Sonst wären wir vielleicht ein Werkzeugkoffer voller Nägel, aber ohne Hammer. Gott hat uns unterschiedliche Fähigkeiten geschenkt.
Dadurch ist unser Werkzeugsortiment vielseitig und wir haben für jede Reparatur die nötige Ausstattung.
Was genau bedeutet das für uns?
Noch einmal etwas direkter ausgedrückt:
Wir, die Mitglieder und Freund*innen der EmK Salzburg, haben unterschiedliche Begabungen und Persönlichkeiten. Doch unser Gott ist derselbe.
Unsere Zugehörigkeit zur Gemeinde ist ein Zeichen unseres Glaubens an den einen Gott, der uns hierher gebracht hat und der uns immer begleitet.
Unsere Kirche wird gestärkt, wenn wir alle unsere Gaben einbringen – nicht für uns selbst, sondern aus Liebe zu Gott und zu unseren Geschwistern im Glauben.
Ich habe das Gefühl, dass die Einschränkungen und Lockdowns der Pandemie uns verführen wollten, den Blick hauptsächlich auf uns selbst zu lenken. Auf unsere eigene Sicherheit, auf unsere eigenen Bedürfnisse, darauf, dass wir für uns selbst genügend Vorräte (Klopapier!) haben.
Wir haben gelernt, die Not, die Angst, die Bedürfnisse unserer Mitmenschen zu ignorieren. Als ob wir wichtiger wären als alle anderen!
Mit so einer Sichtweise entfernen wir uns automatisch von Gott – denn Gott sieht das anders. Für ihn sind alle wichtig – und zwar gleich wichtig. Geimpfte und Ungeimpfte. Kinder und Erwachsene. Frauen und Männer. Österreicher*innen und Menschen anderer Nationalitäten. Und mit Blick auf das weltweite Geschehen in der United Methodist Church momentan möchte ich noch hinzufügen: Heterosexuelle Menschen und LGBTQI.
In Christus sind unsere Unterschiede nebensächlich: „ Das Wirken des Geistes zeigt sich bei jedem auf eine andere Weise.“
Ein Leben, das „aus dem Geist geboren wird“, so beschreibt es John Wesley, ist daran erkennbar, dass „die Liebe zur Welt in die Liebe zu Gott verwandelt wird, Stolz in Demut, Leidenschaft in Sanftmut, Hass, Neid und Bosheit in aufrichtige, zarte, uneigennützige Liebe ZU ALLEN MENSCHEN.“ (Lehrpredigt 45).
Ein hoffnungsvoller Blick
Ich blicke voller Hoffnung auf die kommenden Wochen und Monate – denn ich sehe in unserer Gemeinde Menschen, die sich von Gottes Geist erfüllen und leiten lassen. Ich sehe viel Liebe zu Gott und auch viel Liebe zu den Mitmenschen. Ich sehe Sanftmut und viele uneigennützige Dienste der Nächstenliebe, die wir einander anbieten.
Ich sehe das, was diese Gemeinde schon seit Jahren verbindet und stärkt: Dankbarkeit für alles, was gemeinsam bewältigt wurde und für Menschen, die einander in verschiedenen Lebenslagen gestärkt haben.
Ich sehe auch viel Mut, Altes und Liebgewordenes loszulassen und einen Neuanfang zu wagen.
Und ich sehe vor uns in greifbarer Nähe neue Perspektiven als Gemeinde, hier in Aigen. Neue Aufgaben, Gottes Liebe an diesem Ort sichtbar zu machen (nicht nur in den vier Wänden dieses Kirchengebäudes).
Ich freue mich auf neue Begegnungen mit Menschen, die unsere geistliche Werkzeugsammlung noch erweitern können.
Und ich will euch alle wieder ermutigen, mit euren Fähigkeiten und Kräften den Dienst unserer Kirche zu unterstützen. Denn wenn alles nur von wenigen abhängt, wie es leider in den verschiedenen Lockdowns oft sein musste, dann kann nur wenig getan werden und dann verliert unsere Gemeinschaft an Vielfalt und Lebendigkeit.
Gottes Geist stärkt uns alle und das Einbringen unserer Gaben und Fähigkeiten belebt unsere Gemeinschaft – und so ist unser Glaube ein lebendiges Zeichen für das Lob Gottes. Und das ist größer und wichtiger als all unsere menschlichen Eigenheiten und Unterschiede.
Gott schenke uns Einheit – in seinem Geist. Amen.