Hinfallen – aufstehen – Krönchen richten – weit­erge­hen

Faith Impulse

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Ruth Armeanu

Laienpredigerin


Eine Predigt zu Römerbrief 5,4-6 und Psalm 91

Gottes mobiler Universalschirm

„Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zum HERRN: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.“ Psalm 91,1-2

Es ist schön sich vorzustellen, dass Gottes Schirm so dicht ist, dass ich von Problemen, die auf mich herabprasseln, nicht durchnässt, nicht völlig durchdrungen werde, aber der Schatten kann nur bedeuten, dass Gottes Universalschirm auch gegen Sonnenbrand helfen und übertragen in hitzigen Krisen beschützen kann.

Gott ist damit auch dann über uns, wenn wir uns freuen und es uns gut geht und wir uns vielleicht vor lauter Übermut in Schwierigkeiten bringen, aber ganz bestimmt, wenn wir traurig oder bitterlich enttäuscht sind und uns von Dunkelheit umgeben fühlen. Auf jeden Fall können wir uns unter seinem Schirm sicher und geborgen fühlen wie in einer festen Burg. So sicher wir uns aber in diesem Versteck fühlen, muss uns doch klar sein, dass das Leben weitergeht. Die Burg mag imaginär sein, der Schutzschirm aber ist real, mobil und zum Mitnehmen geeignet, und in schwierigen Situationen ist er immer aufgespannt und bereit - zum Beispiel, wenn wir in übertragenem Sinn so richtig auf die Nase fallen.

„Hinfallen – aufstehen – Krönchen richten – weitergehen!“

Von dieser alten Lebensweisheit habt ihr sicher schon gehört. Die kann man sich auch sehr gut vorstellen - wie eine Bildergeschichte läuft sie vor dem inneren Auge ab.

Wenn wir an Kinder denken, dann fallen die schnell einmal hin, meist weinen sie nicht einmal, stehen fröhlich wieder auf, richten sich zwar nicht das Krönchen, aber ihre Kleider oder heben auf, was ihnen runtergefallen ist, und laufen dann fröhlich weiter.

Wenn Kinder genug Urvertrauen, eine einfühlsame, respektvolle und geduldige Umgebung haben und ihnen liebevolle, aber eindeutige Grenzen gesetzt werden, damit sie eine gesunde Frustrationstoleranz entwickeln können, dann bleibt ihnen das auch im Erwachsenenalter: das „Hinfallen – Aufstehen – Weiterlaufen“, also nicht liegenbleiben und heulend aufgeben, sondern möglichst schnell wieder aufstehen und beim nächsten Mal vielleicht besser aufzupassen...

Vorausgesetzt, sie erleben in ihrer Jugendzeit oder als Erwachsene nicht allzu zu schwerwiegende seelische Verletzungen.

Widerstandskraft nennt man das dann oder mit einem aktuellen Ausdruck 
„Resilienz“.

Resilienz – Chancen wahrnehmen

Resilienz ist aber nicht nur Widerstandskraft, sondern bezeichnet vor allem die Fähigkeit, Krisen als Anlass, als Chance für eine Entwicklung der Persönlichkeit zu sehen, sie sogar zu begrüßen.

Davon steht auch sehr eindeutig im Römerbrief – davon aber später.

Krise hat im Chinesischen übrigens zwei Zeichen: eines für Gefahr und eines für Chance.

Natürlich gibt es Ereignisse, Verletzungen, nach denen man nicht so schnell aufstehen und weitermachen kann, aber doch eine Grundhaltung, die manche anscheinend von Natur aus haben, die andere aber durchaus einüben können.

Ein erster wichtiger Schritt dazu wäre, bewusst das Positive zu sehen.

Ein weiterer entscheidender Schritt bestünde darin, die Realität zu akzeptieren, also Menschen und Situationen so anzunehmen, wie sie sind, und das zu bejahen, was einem im Leben begegnet.

Ein positives Selbstbild aufzubauen ist ebenso hilfreich wie Probleme nicht zu verdrängen, sondern ihnen ins Auge zu sehen und Lösungen anzupacken.

Entscheidend sind auch soziale Kontakte, Beziehungen zu Menschen, durch die man sich bereichert fühlt.

Auch offene Augen für Chancen, die sich bieten und realistische Vorstellungen von der Zukunft stärken die Resilienz.

Über Probleme freuen?

Jetzt zum vorhin angesprochenen Text aus dem Römerbrief: Er steht im fünften Kapitel, und es handelt sich um den Lehrtext der Herrnhuter Losungen für heute.

Hier werden Bedrängnisse, Nöte und Probleme ausdrücklich begrüßt:

Wir rühmen uns auch der Bedrängnisse, weil wir wissen, 

dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung,

Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden;

denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen

durch den heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ 

Paulus
Römerbrief 5,4-6

In anderen Übersetzungen steht: Wir sind dankbar für die Leiden, wir freuen uns über Nöte oder wenn Sorgen und Probleme uns bedrängen.

Denn: Wir wissen, dass Not uns lehrt durchzuhalten bzw. geduldig zu werden. Geduld aber macht uns innerlich stark, vertieft und festigt unseren Glauben, und das wiederum stärkt unsere Hoffnung.

Eine interessant erweiterte Übersetzung findet sich in “The New Testament for Everyone” von N.T. Wright: “patience produces a well-formed character”, Geduld bringt einen wohlgeformten Charakter hervor.

Gottes Liebe zu uns, ausgegossen in unsere Herzen, formt gerade durch unsere Probleme und unsere Krisen diesen wohlgeformten Charakter, die starke, resiliente Persönlichkeit.

Es ist die grenzenlose Liebe des Gottes, der bereitsteht, uns zu helfen, unter dessen Schirm wir sicher und beschützt sind - so wir ihn denn tatsächlich in Anspruch nehmen und wirklich darunter, also in Gottes Nähe, bleiben.

Psalm 91

Damit sind wir wieder bei Psalm 91. Er hat drei Teile: Die Verse 1 und 2 - die mit dem Schirm und der Burg - bilden eine Einleitung, dann folgen viele Verheißungen, und zuletzt spricht Gott persönlich zu dem Menschen - deswegen gilt das „Er“ hier für beide Geschlechter.

Einleitung:

1 Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, 2 der spricht zum HERRN: „Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.“

Verheißungen

 4 Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit (Treue) sind Schirm und Schild,

 5 dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, 6 vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt.

9 Denn der HERR ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht.

10 Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird sich deinem Hause nahen.

11 Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, 12 dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.

Gott persönlich spricht zum Menschen:        

14 „Er liebt mich, darum will ich ihn erretten;

er kennt meinen Namen, darum will ich ihn schützen.

15 Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören; ich bin bei ihm in der Not,

ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen.

16 Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen mein Heil.“  

Bei Psalm 91 handelt es sich um einen besonders ermutigenden und auch tröstlichen Psalm.

Denn wenn wir unter dem Schirm des Höchsten leben, in seinem Schutz oder auch Versteck, dann können wir uns dort geborgen fühlen und zur Ruhe kommen, und wir können unsere Sorgen und Ängste loslassen.

Wir haben hier nicht nur einen sicheren Zufluchtsort ganz nah bei Gott, sondern ich könnte mir auch vorstellen, dass wir hier eng mit unseren Weggefährten und -gefährtinnen verbunden sind, wenn wir nämlich an das Gebet Jesu in Johannes 17 denken, in dem Jesus für seine Jünger und für alle Nachfolger, die an ihn glauben werden, eine ganz besondere Bitte an seinen Vater richtet:

15Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie bewahrst vor dem Bösen.

20 Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, 21 dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.

Jesus
Johannes 17,15 und 20-21

Beim Ewigen, bei dem, der immer war und ist und sein wird, kann ich mich geborgen fühlen wie ein Küken unter den Flügeln der Henne. Auf seine Wahrheit und Treue kann ich mich auch in den dunkelsten Zeiten felsenfest verlassen und auch dann, wenn ich Bosheiten ertragen muss, die sich wie spitze Pfeile anfühlen. Sie können meine Seele nicht verletzen.

Ich brauche mich auch vor Krankheiten, Pandemien oder Seuchen nicht zu fürchten, denn ich weiß, dass er mich auch dabei nicht im Stich lassen wird. Selbst wenn ich krank werden sollte oder wenn mir Gefahr droht, wird er immer in meiner Nähe sein und verspricht mir seine Hilfe und sein Heil.

Sogar seine Boten, die Engel, wird er mir schicken, die mich auf meinen Wegen behüten und begleiten, mich sogar auf ihren Händen tragen sollen.

Und ich bin Gott so wichtig, dass er mich persönlich anspricht! Der liebende Gott weiß genau, dass ich ihn, den „ICH BIN DA“ kenne und liebe. Und wenn ich ihn anrufe, zu ihm bete, dann hört er mich und lässt mich nicht allein, mein ganzes Leben lang und darüber hinaus.

Gottes Augenstern

Wie kostbar muss ich, müssen wir in seinen Augen sein, wie überaus wertvoll!

Wenn wir uns von diesem Gott geschützt und behütet wissen, dann stärkt das auch unsere Widerstandskraft, vor allem, wenn wir uns immer wieder vor Augen führen, dass Gott uns auf jeden Fall liebt, auch dann, wenn wir es gerade nicht spüren, wenn wir an seiner Nähe zweifeln, wenn wir uns in unseren Problemen oder Ängste alleingelassen fühlen.

Wir können immer darauf bauen: Gott IST DA, wie es schon sein Name verspricht.

In solchen schweren Zeiten haben wir Gemeinschaft und Verbundenheit untereinander besonders dringend nötig. Da hilft es ungemein, wenn wir uns gegenseitig liebevoll und einfühlsam daran erinnern, dass Krisen immer auch Chancen bedeuten, dass wir gerade dabei lernen, geduldig zu werden und durchzuhalten, wodurch auch unsere Hoffnung gestärkt wird - also mit einem Wort: dass unser Charakter auf diese Weise „wohlgeformt“ wird.

Auch wenn wir es nur schwer schaffen werden, uns über Probleme zu freuen, so kann es doch sehr hilfreich sein, uns immer wieder vor Augen zu halten: Um uns in jene wertvollen Menschen verwandeln, die wir sein sollen und die die Welt braucht, formt Gottes Liebe unsere Persönlichkeit gerade in Bedrängnissen. Oder mit anderen Worten: er stärkt auf diese Weise unsere Widerstandskraft, unsere Resilienz.

Wir werden sie brauchen, leben wir doch in schwierigen Zeiten.

In Gottes Hand

Da ist es hilfreich und tröstlich, wenn wir uns zu Herzen nehmen, was Arno Pötsch 1941 während des Zweiten Weltkrieges gedichtet hat, es ist die erste Zeile von Lied 378 aus unserem Gesangbuch:

Du kannst nie tiefer fallen als nur in Gottes Hand.

Und ich ergänze mit Zeilen aus einem Herbst-Gedicht von Rainer Maria Rilke:

Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen 
unendlich sanft in seinen Händen hält.

Abschließend noch einige Zeilen aus einem weiteren der 150 kostbaren Psalmen, die mir immer dann ein großer Trost sind, wenn ich Gott und das, was in der Welt geschieht, so gar nicht verstehe.

Es handelt sich um Psalm 73, in dem sich der Verfasser zuerst über präpotente Angeber und gottlose Menschen, denen es anscheinend so gut geht, ausführlich beschwert, dann aber doch zum Schluss kommt:

DENNOCH bleibe ich stets an dir;

denn du hältst mich bei meiner rechten Hand,

du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an.

Wenn ich nur dich habe, so frage ich nicht nach Himmel und Erde.

Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so bist du doch, Gott,

allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.

Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte

und meine Zuversicht setze auf Gott, den HERRN,

dass ich verkündige all dein Tun. 

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