Dem guten Hirten vertrauen

Faith Impulse

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Manfred Schwarz

Pastor i.R., EmK Salzburg


Eine Predigt zu Johannes 10,11-18, gehalten in der EmK Salzburg
Pastor i.R. Manfred Schwarz

When I get older losing my hair

Many years from now…

…Will you still need me, 

will you still feed me

When I'm sixty four?

Liedtext: "When I'm 64"
The Beatles

Wenn ich älter werde, meine Haare verliere,
In den vielen kommenden Jahren, …
… wirst du mich noch brauchen,
wirst du mich noch umsorgen,
wenn ich 64 bin?

Ein interessanter Text aus einem Lied der Beatles, vor 60 Jahren.

Aus diesem Lied spricht eine starke Verunsicherung des eigenen Lebens. Wie soll es nach der Pensionierung mit mir weitergehen? Ist dann jemand für mich noch da? Kann ich noch für jemanden da sein? Werde ich noch gebraucht? 

Es sind existenzielle Fragen, mit denen wir alle uns früher oder später beschäftigen.
Wer ist es, der mich begleitet?
Bin ich denn wirklich allein?
Fühle ich mich geleitet?

Und da höre ich eine leise Stimme, die zu mir spricht:
„Der Herr ist ja mein Hirte. Mir fehlt es ja an nichts.
Auf saftig grünen Weiden lässt er mich lagern.
Er leitet mich zu Ruheplätzen am Wasser,
dort erfrischt er meine Seele …“ – aus Ps 23.

Und noch eine Stimme vernehme ich! 
Jesus sagt: „Ich bin der gute Hirt. – Dein guter Hirt“

Das Bild des "guten Hirten"

Diesem Bild vom guten Hirten möchte ich in der Predigt nachgehen. 

  1. Woher hat Jesus dieses Bild vom Hirten?
  2. Was will der Evangelist Johannes damit seiner Gemeinde sagen?
  3. Und was bedeutet dieses Bild vom guten Hirten für uns heute?

So beginne ich mit der ersten Frage:  

Woher hat Jesus dieses Bild vom Hirten? 

Damit knüpft er an eine alte Tradition an. 
Schon im Ersten Testament finden wir das Bild, das zunächst den König von Israel mit einem Hirten vergleicht. Der König soll bzw. sollte seine Herde sicher führen. Das Volk Israel gehört aber nicht dem Königshof. Vielmehr wird es als Eigentum Gottes gesehen. Es ist ‚sein Volk‘. 

Gott ist, im übertragenen Sinn, der Besitzer der Herde. Und der beauftragt die Könige und Priester, seine Herde, das Volk Israel, zu beschützen, zu behüten, zu verteidigen … 

… Und – haben sie diese Aufgabe erfüllt?

Eigentlich – nur wenige Führer des Volkes Israel waren gute Hirten.

Demnach richtet sich die Kritik der Propheten gegen die schlechten Hirten, die das Volk Israel nicht hüten und behüten, sondern ausbeuten und vor drohenden Gefahren fliehen.

Und sie prophezeien: Daher kommt der Eigentümer selbst und wird selbst seine Herde hüten und weiden. 

„Denn so spricht der HERR: Siehe, ich will mich meiner Herde selbst annehmen und sie suchen. Wie ein Hirte seine Schafe sucht, wenn sie von seiner Herde verirrt sind, also will ich meine Schafe sammeln.“ (Ezechiel 34,11)

Gott, der gute Hirte

Gott wird so nun selbst „der gute Hirt“, zum Unterschied zu den bösen, schlechten, verantwortungslosen Hirten. 

Und dieses Bild greift Jesus auf. Er bezeichnet nun aber sich selbst als ‚der gute Hirte‘. Das heißt mit anderen Worten, hier, in Jesus, erlebt man Gott selbst, wie er seine Herde hütet. 

Drum sagt Jesus: „Ich bin der gute Hirte. Ich kenne die, die zu mir gehören, und die zu mir gehören, kennen mich.“

Und damit kommen wir zur zweiten Frage:

Was wollte der Evangelist Johannes damit seiner Gemeinde sagen?

Die Gemeinde des Johannes war eine judenchristliche Gemeinde. Sie kannten ihre Bibel, das Alte Testament. Wenn nun Jesus von sich sagt: „Ich bin“, dann hören die Mitglieder der jüdischen Gemeinde die Worte JAHWEHs zu Mose beim brennenden Dornbusch: „Ich bin, der ich sein werde!“ Der „Ich bin“ ist ja Gott selbst!

Jesus sagt aber noch dazu: „Ich bin – der gute Hirte.“ Damit weist das Johannesevangelium schon auf den Gedanken hin, dass Jesus sagt: „Ich und der Vater sind eins“.
Johannes, der Evangelist, sagt damit: „Seht her: in Jesus kommt uns Gott ganz nahe, als der gute Hirt, der seine Schafe kennt und sich ganz für sie einsetzt!“ 

Die Botschaft des Johannesevangeliums ist also: 
In Jesus erkennen wir den menschenliebenden Gott, der sich selbst seiner Herde annimmt! 

Oder – mit anderen Worten: Vertraut euch Jesus an. Er ist der wahre göttliche Hirt, der sich euer annimmt. 

Das führt uns zur dritten Frage, die ja für uns von großer Bedeutung ist:

Und was bedeutet dieses Bild vom guten Hirten für uns heute? 

Zunächst möchte ich einladen, die derzeitige Situation der Menschheit kurz anzusehen. 

Die Welt scheint ja wohl aus den Fugen geraten zu sein. Neben den Berichten von Kriegen, Naturkatastrophen und Betrügereien spüren wir ein Zunehmen von nationalem Egoismus, Geringachten von Menschenrechten, Missachtung der Religionsfreiheit und Pressefreiheit … Und wie geht’s uns dabei? Machtlos? Hilflos?

Da fällt mir ein Bibelzitat aus dem Matthäusevangelium ein:
"Jesus zog durch alle Städte und Dörfer des Landes … Er sah die große Volksmenge und bekam Mitleid mit den Menschen." (Matthäus 9,35-36)

Ja, da haben wir wieder das Bild – aber diesmal vom fehlenden Hirten – obwohl: ja, Jesus, der gute Hirt war ja da, bei ihnen! So sehe ich also die heutige verworrene Situation der Menschheit ähnlich.  Wie Schafe, machtlos, hilflos, die keinen guten Hirten haben. 

Doch seht ...: Das Zitat bei Matthäus geht ja weiter: "Sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Deshalb sagte er zu seinen Jüngern: "Hier ist eine große Ernte, aber es gibt nur wenige Erntearbeiter. Bittet also den Herrn dieser Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld schickt!" (Matthäus 9,37-38)

Es ist schon sehr interessant zu hören, als ‚der gute Hirt‘ die große Volksmenge sieht, spürt er: Das schaff ich alleine nicht. 
Und er fordert seine Jünger auf, den Vater um Mitarbeiter zu bitten.

Wenn ich die Situation von damals mit unserer jetzigen vergleiche … Menschen von heute, erschöpft und hilflos, wie Schafe, die keinen Hirten haben. Wie aktuell!

Was können wir da tun? 

Erstens einmal:

den Vater bitten, Mitarbeiter*innen dem ‚guten Hirten‘ zur Seite zu stellen.

Und zweitens: Selbst zu schauen, ob ich nicht in der Ernte mitarbeiten könnte.

Wie könnte so etwas konkret aussehen? 

Noch einmal frag ich im Neuen Testament nach. Da lese ich bei Lukas: "Danach bestimmte der Herr weitere 72 von seinen Jüngern. Er sandte sie jeweils zu zweit vor sich her. Sie sollten in alle Städte und Orte vorausgehen, in die er selbst gehen wollte. Er sagte zu ihnen: 'Hier ist eine große Ernte, aber es gibt nur wenige Erntearbeiter. Bittet also den Herrn dieser Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld schickt. Macht euch auf den Weg! Denkt daran: Ich sende euch wie Lämmer mitten unter die Wölfe.'" (Lukas 10,1-3)

Gemeinsam ist besser als einsam

Und da merke ich auf einmal auf:

  • Der gute Hirt empfiehlt uns, nichts allein zu unternehmen! Sucht euch Partner. Mindestens zu zweit!
  • Dann empfiehlt er: Im Voraus vor ihm in die Ortschaften zu gehen. D.h. auf die Menschen zuzugehen.          
    Kontakte zu knüpfen, absichtlich absichtslos. Jesus kommt dann schon nachher, Bekehrungen sind – seine Sache.
  • Und noch etwas: Gewaltlos sein, ohne Macht und Überredungskunst einfach bescheiden die Liebe Gottes ausstrahlen … wie Lämmer mitten unter Wölfen.

Man hat mich gefragt: „Wie kann ich spüren, dass Jesus mir zur Seite steht, dass der gute Hirt mich führt?“

Nun, die Antwort haben wir von Jesus eigentlich selbst gehört: „Macht euch auf den Weg!“

Ein recht banaler Vergleich wäre heutzutage die Frage: "Wie erfahre ich, wie Bahnfahren geht?" Ja, indem ich in den Zug einsteige.
So auch hier: ‚Learning by doing‘ – Steig ein in den Himmelszug der Liebe, dann wirst du die Nähe des guten Hirten er-fahren!

Nun gut. Dann steigen wir ein, wir probieren es. 
Und auf einmal passiert Unerwartetes:  
Meine Ängste und Fragen, wie ich sie zu Beginn der Predigt erwähnt habe, wo sind sie?

Ist dann jemand für mich noch da? 
Kann ich noch für jemanden da sein? 
Werde ich noch gebraucht? 

Die Antwort auf alle Fragen

Natürlich! Der gute Hirt kann mich brauchen. Ich kann für ihn zu den Menschen gehen. Ohne Bekehrungsdruck. Einfach zeigen, dass ich seine Liebe weitergebe, absichtlich absichtslos. 

Wie haben wir gefragt? 
Wer ist es, der mich begleitet?
Bin ich denn wirklich allein?
Fühle ich mich geleitet?

Ja, natürlich: Denn der gute Hirte geht mit mir. Und ich bin nicht allein. Und da gibt es auch weitere Mitarbeiter*innen des guten Hirten. Das ist Teamarbeit. Mindestens zu zweit. 

Ja, ich spüre: Ich bin geführt und geleitet! 
Ich kann mich Dir, guter Hirt, fest anvertrauen. 
In einer Welt, die aus den Fugen geraten scheint, zeigst Du uns, guter Hirt, den Weg der Menschenliebe und Güte und machst uns Mut:  

Mit Worten aus Psalm 23

Und muss ich durch ein finsteres Tal, ich fürchte kein Unglück.
Denn du, guter Hirt, bist an meiner Seite!
Dein Stock und dein Stab schützen mich und trösten mich.
Du deckst für mich einen Tisch vor den Augen neidischer Anfeindungen.
Du füllst mir den Becher voll bis zum Rand. 
 

Und zusammenfassend heißt es am Schluss im Psalm: 
„Nichts als Liebe und Güte begleiten mich alle Tage meines Lebens.“

Sind das nicht „Good News“? 
Nichts als Liebe und Güte!

Mit den Beatles hab ich begonnen, mit den Beatles ende ich: „All you need is love!“

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