Gedankenstrich Dezember 2024
Faith Impulse
Bishop UMC Central and Southern Europe
Meine Frau und ich spazieren gerne zum Greifensee, der von unserer Wohnung aus in einer Viertelstunde gut zu erreichen ist. Am 1. Advent genossen wir dort nochmals einen wunderbaren Spätherbsttag: tiefblauer Himmel, herrlich sonnig. Der glänzende See spiegelte die Sonne und ließ die Umgebung hell aufleuchten. Das ist allerdings nicht immer so. An manchen Tagen verdecken dicke Wolken den Himmel. Dann liegt der See dunkel und trostlos da. Oder es ziehen Wolkenfetzen dahin. Wenn sich dann ein Wolkenloch auftut, lässt die Sonne für einige kurze Augenblicke das Wasser aufglänzen.
»Steh auf, werde Licht, denn dein Licht ist gekommen«, fordert der Prophet Jesaja seine Hörerinnen und Hörer auf (Jesaja 60,1). Jesus Christus ist unser Licht, das Licht für die Welt, das gekommen ist – und wir spiegeln dieses Licht durch unser Leben so, wie das Wasser des Greifensees das Sonnenlicht spiegelt. Wir spiegeln es. Wir sind nicht selbst das Licht, weder als Einzelne noch als Gemeinde oder Kirche. Jesus Christus ist das Licht. Wir spiegeln das Licht. Allerdings, wie über dem Greifensee, verdecken manchmal auch in unserem Leben und im Leben der Kirche Wolken das Licht, manchmal einzelne Wolkenfetzen, manchmal eine dicke Decke – Hoffnungslosigkeit, Unfrieden, Kleinglaube, Schuld, Angst… Es macht uns traurig, festzustellen, wenn wir nicht Licht sind, wenn andere in uns das Licht Christi nicht erkennen.
Beides ist wahr: »Dein Licht ist gekommen, und die Herrlichkeit des Herrn ist aufgestrahlt über dir.« Jesus Christus, das Licht, ist da! Aber auch die Wolken sind da, noch da. Wir warten sehnlichst darauf, dass das Licht Jesu Christi die Wolken endgültig wegfegt, wie ein starker Wind es tut. Trotzdem gilt schon jetzt: Das Licht ist gekommen, es ist da. Darum können wir im Licht Jesu Christi aufstehen, immer wieder aufstehen, und »Licht werden«, das Licht in die Welt hinein spiegeln, und so ein Stück Welt zum Leuchten bringen – in der hoffnungsvollen Erwartung des kommenden wolkenlosen Himmels und des unverdeckten Lichts.
In hoffnungsvoller Erwartung,
Bischof Stefan Zürcher
Foto: privat