Bezirkskonferenz 2023 Graz
News
Pastor
Die diesjährige Bezirkskonferenz fand am 12. März 2023 statt.
Neben den beiden Berichten, die ich hier veröffentliche, gab es eine ausgiebigere Diskussion zum Bericht des Gemeindevorstandes: Was hat die Gemeinde vor im kommenden Jahr und wie schaut es mit der chinesischen Gruppe aus?
Mit großer Freude konnten wir Helmut Theiler als neuen Gemeindekassier wählen und freuen uns auch, dass Martin Streit die Aufgabe als zweiter Kassaprüfer übernehmen wird.
Bei weiterem Interesse kann man mich gerne kontaktieren:
0664-73750431 oder frank.moritz-jauk@emk.at
Bericht der Bezirkslaienreferentin für die BK 2023
Ich sitze jeden Sonntag mit meiner Familie in der letzten Reihe unseres schönen Gottesdienstsaales und lade nun die Leserinnen und Leser meines Berichts ein, sich zu mir zu setzen und die Gemeinde Graz aus dieser Sicht zu betrachten.
Natürlich – wenn man neben der Eingangstür sitzt – bekommt man unweigerlich mit, wer pünktlich ist und wer zu spät kommt. Pünktlichkeit ist keine Stärke unserer Gemeinde. Um 15 Minuten vor halb 10 kann es sein, dass der Pastor mit dem Musiker oder der Musikerin allein ist. Allmählich trudeln die Menschen ein und um 5-10 Minuten nach Beginn sind die meisten Gottesdienstteilnehmenden da. Dann zählen wir mittlerweile wieder an die 40 bis sogar 55 Personen.
Ich habe das bei der letzten Laiensitzung erzählt und Bernhard meinte trocken: „Bei so vielen Teilnehmenden nehme ich das Zuspätkommen gern in Kauf!“ Und da hat er recht. Die Pandemie ist soweit vorüber, dass wir uns wieder alle umarmen können, uns beim Friedensgruß die Hand geben können oder gemeinsam nach dem Gottesdienst einen Kaffee genießen können. Bis auf wenige Personen haben alle den Weg zurück in die Kirche gefunden. Warum manche Personen der Kirche noch immer fern bleiben, sind, denke ich, mittlerweile andere Gründe. Mit der Pandemie kann es nichts mehr zu tun haben. (So ähnlich schreibt es auch Frank in seinem Bericht des Gemeindevorstands.)
Ich lasse nun meinen Blick über die Hinterköpfe der Menschen schweifen, deren Blick nach vorne auf die Kanzel und das daneben hängende Kreuz gerichtet ist. Ich sehe altbekannte Menschen, die treu den Gottesdienst besuchen und das schon seit Jahrzehnten. Mir fallen Geschichten zu ihnen ein, über die wir gemeinsam gelacht, aber auch gemeinsam geweint haben. Und doch weiß ich so wenig über sie außerhalb dieses Raumes. Was ich jedoch weiß ist, dass wir immer im Gebet miteinander verbunden sind.
Mein Blick gleitet weiter zu Menschen, die noch nicht lange bei uns sind, d.h. erst nach der schrittweisen Öffnung nach der Pandemie unsere Gemeinde gefunden haben. Sie kommen regelmäßig und beteiligen sich auch am Gemeindeleben. Eine Familie z.B. hilft bei Veranstaltungen mit (Mitbringen von Speisen oder sie helfen beim Ausschenken). Eine andere Familie begleitet uns bei den Ausflügen wie dem Gemeindeausflug und dem Wandern für die Andern oder bei der Weihnachtsbaumaktion. Zur Familie gehört ein neunjähriges Mädchen, dass begeistert an der Sonntagschule teilnimmt. Für eine weitere Mutter mit zwei Kindern ist die Sonntagschule ein Grund, regelmäßig zu kommen. Die drei Kids waren auch wichtige Träger unseres Krippenspiels.
Mir fällt auf, dass viele neue Gesichter aus der chinesischen Community kommen. Einige von ihnen besuchen am Sonntag beide Gottesdienste, ein paar wenige besuchen nur den deutschsprachigen Gottesdienst am Vormittag. Auch diese Menschen bereichern unser Gemeindeleben, denn sie nahmen an unseren Ausflügen teil und verhinderten so ein Wandern nur zu viert!
Weiter geht mein Blick zu Usha, deren Mann Rajan letztes Jahr zu Gott heimgegangen ist. Beide sind und waren schon in der Gemeinde, als ich noch ein Kind war. Jeder, der Rajan kannte, wird ihn als singenden, liebenswerten Menschen in Erinnerung behalten.
In dieser Zeit habe ich unsere Gemeinde als eine tragende und helfende Gemeinde erlebt, die auch in den traurigsten Zeiten füreinander da ist und unter Gottes Schirm Trost spenden kann. Es freut mich sehr, dass Usha nach einer längeren Pause wieder eine Gottesdienstleitung übernommen hat.
Eine Reihe vor uns sitzen immer unsere afrikanischen Geschwister. Sie sind treue Mitglieder und eine große Stütze bei den Gebetsabenden, die jeden letzten Samstag im Monat stattfinden. Wenn ich so zurückdenke, war es damals 2017 eine Vision unserer Gemeinde, eine betende Gemeinde zu sein. Und so wurde aus einer Vision eine Realität. Von Anfang an nahmen Joe und Abraham an den Gebeten teil. Die Teilnehmerzahl war eigentlich immer egal. Das gemeinsame Gebet hat so viel Kraft und deshalb sind diese Abende ein fixer Bestandteil unserer Gemeinde.
Genauso wie die Gebetsketten, wo sich viele Menschen daran beteiligen (auch wenn ich sie gerade nicht im Gottesdienst sehe).
Ich schließe meine Augen und lausche dem Klavier. Die Grazer Gemeinde darf sich glücklich schätzen, so viele begabte Musikerinnen und Musiker zu haben. Jeden Sonntag begleitet jemand anderes am Klavier unsere Gemeindegesänge.
Außerdem können wir innerhalb kürzester Zeit Konzerte „aus dem Ärmel schütteln“, die von hoher Qualität sind. (Siehe das Benefizkonzert für das Miss Stone Center).
Zum Schluss drehe ich meinen Kopf nach rechts und sehe meine 16-jährige Tochter. Lange haben wir im Gemeindevorstand überlegt, wie wir unsere drei Teenager zu einer Jugendgruppe formen könnten. Aber da wir die drei auch nicht zwangsbeglücken wollten, hat sich ein anderer Weg gefunden, wie sie Kirche mitgestalten können. Mit Technik, Übersetzung und Lesung haben sich Aufgaben gefunden, wo wir die drei miteinbinden konnten.
Zwei Frauen verlassen gerade früher den Gottesdienst, denn sie werden uns heute mit dem Kirchenkaffee verwöhnen. Auch hier finden sich immer wieder Menschen (auch Männer!) die beim Ausschenken und Abtrocknen helfen.
Ich empfinde unsere Gemeinde als eine gastfreundliche Gemeinde. Damit meine ich, dass wenn fremde Menschen zu uns kommen, immer (oder meistens) jemand mit ihnen spricht, sie nach ihrem Namen fragt und sie auch zum Kirchenkaffee einlädt. Zu wissen, wie jemand heißt, ist für mich wichtig geworden. Ich versuche jede Person beim Abendmahl mit dem Namen anzusprechen, was mir bei 85% der Teilnehmenden auch gelingt. Einmal hat mich eine Frau danach angesprochen und gefragt, woher ich ihren Namen kenne. Sie war sehr angetan davon und hat sich sehr gefreut. Ich muss aber auch feststellen, dass viele Menschen einander noch nicht kennen, auch wenn neue Personen nun doch schon längere Zeit kommen. Hier möchte ich ein Bewusstsein schaffen und ermutigen, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die mir nicht so vertraut sind.
Am Ende sehe ich noch Frank, der die Ausbildung zum Pastor macht. Die damit verbundene Zeit in Wien war sicher keine einfache für ihn, denn die Grätsche zwischen Graz und Wien war recht herausfordernd.
In dieser Zeit erlebte ich unsere Gemeinde als eine gefestigte, auf einem Fels gebaute Gemeinde. Egal wer Leitung oder Predigt hatte, jeder Sonntag war ein „Feiertag“.
Ausblick
Ich denke kurz über das kommende Jahr nach. Gemeinschaft, Beten, Singen, … sind Dinge, die unsere Gemeinde lebendig machen. Mit Hilfe eines überdimensionalen Jahreskalenders versucht der Gemeindevorstand ein wenig Ordnung in das kommende Jahr zu bringen. Vor allem aber wollen wir rechtzeitig auf Termine und Veranstaltungen hinweisen.
- Gemeinsame Mittagessen (jeden ersten Sonntag im Monat) und Grillereien können wieder uneingeschränkt durchgeführt werden. Kirchenkaffee ist selbstverständlich.
- Mehr Information für die Gemeinde ist geplant. (Der GV stellte bereits seine Arbeit des letzten Jahrs vor – die Teilnehmerzahl war überschaubar). Z.B. Was ist die Jährliche Konferenz? Passieren soll das nach dem Kirchenkaffee.
- Konzerte sind geplant, und Singnachmittage nach dem Kaffee sind auch vorstellbar.
- Gemeindeausflug und Wandern für die Andern sind fixer Bestandteil.
Ich freue mich auf alles, was kommt. Denn ich weiß, dass Gott mit uns sein wird.
BLR Ute Frühwirth
Bericht des Pastors Frank Moritz-Jauk
Rückblick 2022 und Einschätzung der aktuellen Situation
Liebe Gemeinde,
bezugnehmend auf meinen letzten Bericht an die Bezirkskonferenz 2022 hat sich doch wieder Einiges getan und verändert. Gott sei Dank, möchte ich an dieser Stelle sagen und man wird unterscheiden müssen, welche äußeren und inneren Gründe dafür verantwortlich sind.
Zunächst kann man im Feber 2023 meines Erachtens festhalten, dass der große Schrecken der Covid-Pandemie vorbei ist. Die meisten Menschen sind wieder zu einem vorpandemischen Verhalten zurückgekehrt. Masken werden vielleicht noch in Einzelfällen oder bei medizinischen Einrichtungen getragen, aber das Gottesdienstfeiern ist wieder herzlich und weitgehend unbeschwert. In der Grazer Gemeinde wird wieder fröhlich gesungen, die eine oder andere Umarmung soll vorgekommen sein und wir arbeiten daran, unser monatliches gemeinsames Mittagessen wieder einzuführen. Einige Gottesdienstbesucher*innen haben wir verloren, aber dafür kann man jetzt nicht mehr die Pandemie verantwortlich machen, sondern wird dafür andere Gründe suchen müssen.
Viele Veranstaltungen wie Gemeindeausflüge, gemeinsames Grillen, Wandern für die Andern oder Konzerte waren wieder in Präsenz möglich. Überregionale Kontakte, beispielsweise zur Gemeinde in Skopje, oder die österreichweite Impulsserie zur Schöpfungsverantwortung während der Fastenzeit, haben über Videokonferenzen stattgefunden. Dieses digitale Werkzeug ist also nicht schlagartig verschwunden, sondern kann jetzt, wo wir gelernt haben damit zu arbeiten, eingesetzt werden.
Ich glaube, man kann 2022 von einem großen Aufatmen sprechen, dass persönliche Begegnungen wieder angeboten und dann auch wahrgenommen wurden. Bestes Beispiel dafür ist für mich die Sommerfreizeit im Juli 2022 in Altenmarkt, wo eine große Freude am gemeinsamen Miteinander spürbar war. Dass nach dieser Sommerfreizeit einige Teilnehmende an Covid erkrankt sind, tut dem – meiner Meinung nach – keinen Abbruch. Die Sommerfreizeit war wichtig. Sie steht irgendwie programmatisch für die Rückeroberung der Freude. Der Freude am gemeinsamen Tun, aneinander und daran, gemeinsam und nicht allein unterwegs zu sein. Nicht umsonst habe ich für die Gemeindenachrichten April-Mai 2022 einen glühenden Artikel gegen das Lemmingverhalten angesichts von Krisen geschrieben und für eine „Lust-Erzeugung“ plädiert.
Was sich aus heutiger Perspektive erkennbar verändert hat, ist das Gemeindeleben abseits der Gottesdienste. Es gibt eigentlich keine wöchentlichen Treffen mehr. Und auch viele thematische Treffen haben aufgehört zu existieren. Es gibt keine Hauskreise, keine Bibelstunde, keine Frauengruppe, keine Jugendstunde und keinen Treff für junge Erwachsene. Die 2021 neu gegründete Klimagruppe ist mehr oder weniger eingeschlafen und eine Männerrunde hat es nie gegeben. Eine Ausnahme ist der Mittwochstreff, der für unsere älteren Geschwister, und Menschen die Mittwochvormittag Zeit haben und vielleicht besser deutsch lernen wollen, gedacht ist.
Eine solche Feststellung bedarf natürlich der Analyse. Die natürlich auf mehreren Ebenen erfolgen kann und soll. Ich persönlich sehe folgende Gründe oder Einflussfaktoren, die ich zunächst nur benennen und noch nicht bewerten möchte.
Erstens sehe ich, dass es andere regelmäßige Gemeindeveranstaltungen, wie den Gebetsabend am letzten Samstag des Monats, jetzt schon seit März 2018 gibt. Zweitens gab es das gemeinsame Mittagessen an jedem ersten Sonntag des Monats vor der Pandemie und es wird es jetzt wieder geben. Drittens hat die Pandemie nicht nur zu einem Rückzug ins Private oder Digitale ganz allgemein geführt, sondern viele Menschen sind erschöpft. Das denke ich mir nicht nur, sondern das höre ich auch von Menschen aus der Gemeinde. Viertens – und das hängt vielleicht ein wenig mit drittens zusammen – braucht es immer Menschen, die sich einer Sache annehmen, die verantwortlich sind – die sich kümmern, einladen, nachtelefonieren, vorbereiten, durchführen – und das muss und kann nicht nur der Pastor sein.
Fünftens gibt es demographische Schwankungen in der Gemeinde, die beispielsweise gerade keine Jugendstunde möglich machen. Sechstens ergeben sich aus den unterschiedlichen Zusammensetzungen einer Gemeinde von Zeit zu Zeit andere Tätigkeitsfelder. Siebtens gibt es Aktionen und Tätigkeiten der Gemeinde, die einen anderen Jahresrhythmus haben oder Einzelevents sind, die dennoch viel Vorbereitung und damit Gemeindeleben in sich tragen. Beispiele dafür sind unsere Benefizkonzerte aber auch so etwas wie die jährliche Weihnachtsbaumaktion mit den Kindern.
Mir hat es geholfen, mir das selber klar zu machen und der Gemeindevorstand hat beschlossen, alle unsere Veranstaltungen, Feste, Ausflüge, Begegnungen und Aktionen auf einem Jahreskalender für die Gemeinde sichtbar zu machen. Ich denke, damit können wir uns als Gemeindevorstand und der Gemeinde zeigen, dass wir lebendig sind.
Lebendig zu sein – oder wie Wesley sagen würde „in der Liebe tätig zu sein“ – halte ich für ein ganz wesentliches Ziel für die Gemeindearbeit. Nur eine Gemeinde die sich als aktiv, als tätig, als lebendig erlebt, wird in der Lage sein, ein fröhliches Zeugnis von Jesus abgeben zu können. Und nur so kann eine Gemeinde auch für andere Menschen anziehend und attraktiv sein.
Es muss uns vor Augen bleiben, dass wir die finanziellen und personellen Herausforderungen nur als wachsende Gemeinde bewältigen können. Wachsend in Zahlen aber auch in der Bereitschaft sich zu beteiligen.
Damit dies gelingen kann und nicht als unrealistisch oder als Bürde von allen Beteiligten empfunden wird – dafür braucht es Christus.
Das mag jetzt fromm klingen, aber ich glaube, dass wir Menschen nur der antwortende Teil dessen sind, was Gott wirkt. Sollen manche es Ausrede oder Hintertür nennen – für mich ist und bleibt Glaube ein Geschenk.
Man möge mir diesen Exkurs in die Theologie verzeihen, aber nach meiner Überzeugung kann kein Mensch aus sich selbst glauben. Christlicher Glaube ist und bleibt Gnade, ist und bleibt Geschenk. Und diese letzte Unverfügbarkeit verbindet uns in alle Ewigkeit mit Gott, von dem wir alles erhoffen, erbitten und erwarten.
Darum ist es auch so wichtig zu beten, denn keine Gemeinde ist Selbstzweck. Sie existiert, weil Gott Menschen ruft und Menschen diesem Ruf Gottes folgen. Also muss diese Verbindung zwischen uns als Gemeinde und Gott, dem Gemeindestifter sozusagen, immer mitgedacht und noch wichtiger, sie muss gelebt werden. Es freut mich immer besonders, wenn ich Graz als betende Gemeinde erlebe und ich denke da besonders an die Gebetsketten, die wir 2022 erstmals dreimal und nicht nur vor Ostern organisiert haben.
Diese innerliche Verbindung mit Gott wünsche ich der Gemeinde Graz und ich wünsche sie mir auch persönlich. 2022 war phasenweise ein sehr anstrengendes Jahr mit vielen intensiven Zeiten. Ich denke da besonders an das Wochenende mit den jungen Erwachsenen in Stibichhofen, an die Sommerfreizeit und vor allem an meine Zeit in Wien, gefolgt von den Reisen nach Albanien und nach Skopje.
Gesellschaft und Kirche
Auf folgende Bereiche möchte ich inhaltlich eingehen:
Ökumene
Ökumene war vor meiner Zeit als Pastor und ist seit meiner Zeit als Pastor ein Schwerpunkt meines Engagements als Christ.
Ganz grundsätzlich halte ich Ökumene für das kirchliche Modell der Versöhnung und damit der Zukunft, besonders in Europa.
Wenn es uns nicht gelingt als versöhnte Christenheit zu leben, schwächen wir uns als Christinnen und Christen im Zeugnis des Evangeliums. Konkret: „An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger*innen seid.“ (Johannes 13,35) Trotz aller Unterschiede muss es uns gelingen, einen Gott ins Zentrum unserer Verkündigung stellen zu können. Oder noch einmal anders gesagt: Wenn wir Liebe als zentrale Eigenschaft Gottes verkündigen und keine Liebe leben, was für ein Zeugnis soll das dann sein?
Ökumene ist also kein Selbstzweck. Oder ein vernachläßigbares Hobby. Ökumene ist ein elementarer Baustein zur Glaubwürdigkeit. Und – Ökumene ist noch lange keine Selbstverständlichkeit.
Deshalb habe ich schon vor drei Jahren begonnen, mich für Ökumene „am Land“ also in der Steiermark einzusetzen, ökumenische Gottesdienste in Leibnitz und im Seelsorgeraum Kaiserwald mitzugestalten und mitzufeiern. Gerade im Seelsorgeraum Kaiserwald sind so über die Jahre Vertrauen und Beziehungen gewachsen. Und der Fernsehgottesdienst in Wundschuh 2022 war dann das Ergebnis dieses langjährigen Engagements bei dem ich meine organisatorischen und strukturellen Stärken einbringen konnte. Man hat gewusst, was man an diesem methodistischen Pastor haben kann.
Im Juni 2021 bin ich zum stellvertretenden Vorsitzenden des Ökumenischen Forums gewählt worden. Es war für mich eine gewollte Entscheidung, nicht zur Wahl als Vorsitzender anzutreten. Heute und mit den gemachten Erfahrungen würde ich es eventuell wagen. Aber egal – meine Leitungsverantwortung hat jedenfalls zugenommen und es gibt viel zu tun.
2023 wollen wir uns dem Vortrag von Kardinal Koch zur Ökumene in drei Kamingesprächen widmen und damit die Situation und das Arbeitsfeld von Ökumene inhaltlich bestimmen. Vielleicht gelingt uns der eine oder andere Schritt nach vorne.
Auch das neue Format – Gottesdienste in Gastfreundschaft zu gestalten (Metropolit Arsenios Kardamakis hat am 29.01.2023 eine griechisch-orthodoxe Liturgie in der römisch-katholischen Stadtpfarrkirche gefeiert) – halte ich für eine ausgezeichnete Idee und zukunftsfähig.
Wie gesagt, Ökumene passiert nicht von allein, sondern es ist und bleibt ein Auftrag!
Interreligiöser Beirat der Stadt Graz
Ich müsste mich grob täuschen, aber mittlerweile werde ich auch im interreligiösen Beirat sehr geschätzt. Das hat wahrscheinlich zwei Hauptgründe. Erstens kann ich sehr strukturiert Dinge auf den Punkt bringen und zweitens bemühe ich mich um interreligiöse Begegnungen, ob das jetzt die Einweihung des frisch renovierten buddhistischen Stupa im Volksgarten ist, die Teilnahme am Srebrenica Gedenken der bosnischen Muslime oder ein Gebet bei einer Andacht der Bahái ist – ich bin da.
Beim Prozess, ob der interreligiöse Beirat bei der Stadt angesiedelt bleibt oder ein eigener Verein wie das Ökumenische Forum wird, habe ich mich stark eingebracht. Auch was die verlässliche Teilnahme der Juden angeht, habe ich mich weit aus dem Fenster gelehnt und die Problematik klar angesprochen. Wissend, dass die Juden eine wahnsinnige Lobby haben, aber egal.
Mit der Graz Wahl hat sich die grundsätzliche Situation geändert: Elke Kahr als Bürgermeisterin ist bei allen Sitzungen anwesend und man wird sehen, was sich daraus ergibt. Das interreligiöse Kulturzentrum in der Tennenmälzerei ist unter ihrer Leitung jetzt definitiv Geschichte (es war eh zu groß und für die meisten Religionen unbespielbar), aber aktuell arbeiten wir an einem Tag der Religionen ähnlich der Langen Nacht der Kirchen.
Zusammenarbeit mit evangelischen Kolleg*innen
2022 habe ich drei Kanzeltausche organisiert und den Superintendenten der Steiermark, Wolfgang Rehner, zum Predigen eingeladen. Matthias Weigold war also bei uns und ich in der Heilandskirche. Marianne Pratl-Zebinger kam im Herbst und ich war in Leibnitz. Paul Nitsche war im Dezember bei uns und meine Predigt in der Kreuzkirche steht noch aus – diese werde im am 2. Juli 2023 nachholen. Mit dem neuen Pfarrer der Heilandskirche mit Schwerpunkt Jugend und Tochtergemeinde Liebenau, Marcus Hütter, habe ich das WM-Finale Frankreich gegen Argentinien angeschaut. André Manke aus Graz-Geidorf und Graz-Andritz macht jetzt das ökumenische Friedensgebet. Ab und zu gehen wir Mittagessen. Ich denke, die innerevangelische Zusammenarbeit entwickelt sich.
Freizeiten oder besser: Begegnungen außerhalb der Kirche
2022 war für mich auch ein Jahr der intensiven Begegnungen außerhalb der eigenen Gemeinde oder der Kirche. Und ich glaube, auch das ist wichtiger denn je für die Zukunft.
Wenn ich an die Zeit in Stibichhofen denke, wo ich mit einigen jungen Erwachsenen im April 2022 zusammen war: Unvergesslich. Unvergleichlich. Gemeinschaft in dieser Form ist wohl nur so und in einem solchen Setting möglich. Also bitte mehr!
Die Sommerfreizeit 2022 in Altenmarkt habe ich ja schon erwähnt. Albanien. Skopje.
Es macht einen fundamentalen Unterschied, ob ich mit Menschen telefoniere, ob ich eine Videokonferenz nutze, ob ich etwas über sie erzählt bekomme, oder – ob ich sie tatsächlich und in echt treffe und ihnen begegne!
Beide Reisen, Albanien und Skopje, waren extrem wichtig. Wobei Albanien auch für uns als Gemeinschaft der Pastor*innen gut war. Jedenfalls möchte ich aus diesen Erfahrungen lernen und sie multiplizieren.
Wien war wieder eine eigene Zeit und ich bin dankbar, dass meine Kirche mir dieses einmalige Erfahrungsfeld ermöglicht hat. Natürlich konnte mein Superintendent so eine für ihn erfrischende und notwendige Auszeit nehmen und die Gemeinde Graz musste das sozusagen überbrücken, aber für mich ist es auch ein Vertrauensbeweis gewesen, dass man mir das zugetraut und zugemutet hat. Anyway – es war intensiv, denn ich habe sehr viele Menschen in Wien besucht, zwei Bibelstunden gehalten und mit der Jugend ein cooles Erntedankprojekt umgesetzt.
Apropos Erntedankprojekt: Dieses Projekt hat mir wieder gezeigt, dass ich für das konkrete Bauen oder Gestalten eine Begabung habe, dass diese Begabung mich aber auch Energie kostet. Und zwar nicht die Energie, die es braucht, um die Jugend beim Bauen zu unterstützen, sondern die Energie, die mich alles planen und organisieren und bei Variante zwei nachts aufstehen lässt, damit ich meine Gedanken und Überlegungen in Skizzenform festhalten kann. Die fertiggewordene Himmelsstiege war Variante drei. Da hatte ich schon zwei komplett durchgedachte Projektideen verworfen.
Ausblick und persönliche Schwerpunkte
Ganz grundsätzlich denke ich, dass wir genügend Projekte und Ideen für das Jahr 2023 / 2024 haben, um als Gemeinde lebendig sein zu können. Wie das ausschaut und warum das wichtig ist habe ich ja schon ausgeführt.
Wie es uns oder mir gelingt, einen guten Generationenwechsel zu begleiten oder wie das Zeugnis von und die Liebe zu Christus weitergegeben werden kann – ist für mich noch eine offene Frage. Ich bin ein wenig ratlos. Trotzdem halte ich an der inneren Überzeugung fest, dass Jesus Christus das Haupt der Gemeinde ist – und nicht ich. An diesem Thema möchte ich dran bleiben.
Weiters bin ich der Überzeugung, dass Begegnungen der Schlüssel zur Beteiligung sind und bleiben werden. Das heißt, ich möchte mich aufmachen zu den Menschen und ihnen Besuche und Begegnungen anbieten.
Wenn es mir dann noch gelingt – und das ist mein Ziel – ein wenig weniger zu machen und mit Jesus verlässlich und gut verbunden zu bleiben – dann bin ich zuversichtlich, für die Gemeinde und für die Menschen, auch 2023 / 2024 in unterschiedlichster Weise da sein zu können.
13. Feber 2023 Pastor Frank Moritz-Jauk