Hoch­schul­cam­pus mit neuer Mitte

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Mit einem feierlichen Gottesdienst nimmt die Theologische Hochschule Reutlingen das sanierte, umgebaute und erweiterte Lehrgebäude wieder in Betrieb.
Klaus Ulrich Ruof, EmK-Öffentlichkeitsarbeit

Ein offener, lichtdurchfluteter Eingangsbereich, technische Ausstattung auf der Höhe der Zeit, eine erweiterte Bibliothek und eine moderne Cafeteria: Diese äußeren Merkmale kennzeichnen eine neue Ära der Theologischen Hochschulen Reutlingen (THR) der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) nach dem Abschluss umfassender Baumaßnahmen. Am zurückliegenden Wochenende mit einem Tag der offenen Tür, der Wiedereröffnung des Lehrgebäudes und dem Eröffnungsgottesdienst für das neue Studienjahr startet der Lehrbetrieb in das Studienjahr 2024/2025 auf dem völlig neu gestalteten Hochschulcampus.

Wann Zuhören wichtiger als Tun ist

»Lernen beginnt mit dem Hören«, sagte der Festredner im Eröffnungsgottesdienst am Sonntag, 6. Oktober. Hans-Martin Niethammer, Direktor des in Nürnberg ansässigen evangelisch-methodistischen Diakoniewerks Martha-Maria, nahm in seiner Predigt Bezug auf die beiden Schwestern Martha und Maria, von denen Lukas in seinem Evangelium berichtet. Vom aktiven Handeln der Martha als »der Typ Soziale Arbeit« sei dort die Rede und vom zuhörenden Nichtstun der Maria, die »als Gasthörerin« die Theologie des faszinierenden Rabbis Jesus »aufsaugt«. Niethammer, als promovierter Theologe sowie als Leiter eines Diakoniewerks mit der theologischen Unterscheidung von »Wort und Tat, Hören und Tun« bestens vertraut, lenkte im Rahmen der Wiedereröffnung des Hochschul-Lehrgebäudes den Blick darauf, wie Jesus mit dieser Situation umging.

Dieser teilte die Kritik der aktiven Martha an ihrer inaktiven Schwester Maria nicht. Er hatte sich auf Marias Seite gestellt, sodass Niethammer sinnierend fragt, ob Nachdenklichkeit oder Verzicht auf Taten »vielleicht sogar wichtiger ist als das Tun«. Jedenfalls, so der Prediger, habe Lernen »sehr viel mit Kommunikation und Aufeinander-Hören zu tun«. Das gelte in gleicher Weise für die beiden Lehrbereiche Theologie und Soziale Arbeit an der Hochschule. In der Theologie gehe es nicht allein ums Hören, in der Sozialen Arbeit gehe es nicht nur ums Tun. »Auch die Soziale Arbeit braucht Theorie und die Theologie zielt auf Praxis«, so der Festredner.

Deshalb schlussfolgerte er: »In unseren Zeiten, in denen so viel auf Aktivismus gesetzt wird, möchte ich Sie als Studierende zum Zuhören ermutigen. Stimmen Sie nicht zu schnell in den Ruf nach Praxis und Verwertbarkeit ein.« Die Theologische Hochschule Reutlingen habe mit ihren zwei Studiengängen eine ideale Voraussetzung für dieses spannungsvolle, aber hilfreiche Miteinander aus Hören und Tun. »Darin«, so Niethammer zum lehrenden und studierenden Teil des Publikums gewandt, »sehe ich Ihre große Chance, dass Sie wirklich miteinander unter einem Dach in diesem Haus klarkommen wollen – und sich nicht jeder in sein akademisches Kämmerchen zurückzieht.« In diesem Sinn seien Hörer und Täter nicht ein Gegeneinander. Denn beides habe denselben Verursacher: »Das Wort, das uns anspricht. Das ›Wort‹ schafft die ›Ant-Wort‹ in Wort und Tat.«

Begrüßung der neuen Professorin für Altes Testament

Im Rahmen des Gottesdienstes wurde Kathrin Liess als neue Professorin an der Theologischen Hochschule Reutlingen für den Lehrstuhl Altes Testament und Biblische Theologie vorgestellt. Mit dem jetzt beginnenden Wintersemester nimmt die habilitierte Theologin ihre Lehrtätigkeit auf als Nachfolgerin von Jörg Barthel, der im Sommer in den Ruhestand verabschiedet wurde.

Grußworte mit Akzenten

In den Grußworten wandten sich Vertreter der Kirche, der Architekt, Personen der Stadt sowie örtlicher und internationaler Hochschulkooperationen an die Festgäste. Per Internetübertragung waren der Vorsitzende des THR-Hochschulrats, Werner Philipp, und die EmK-Bischöfe Harald Rückert und Stefan Zürcher aus dem nordirischen Belfast zugeschaltet. Sie wünschten der Hochschule, dass sich die neuen räumlichen Möglichkeiten für den Lehrbetrieb gut nutzen lassen und zum Segen für die Kirche werden und zur Gestaltung der Gesellschaft beitragen.

Campus mit neuer Aufenthaltsqualität

Martin Bühler, der als Architekt die ganze Baumaßnahme betreute, wies dem neu erstellten, transparenten Zwischenbau eine Hauptbotschaft für den neuen Hochschulcampus zu. Neben der Verbindung bisheriger Einzelgebäude sollte, so der Architekt, die optische Öffnung nach außen das Gebäude auch zum Umfeld hin öffnen und das Umfeld ins Gebäude hinein aufnehmen. Außerdem sollte der neue Eingangsbereich als Foyer mit Cafeteria »einen neuen Mittelpunkt der Gebäude und der Gemeinschaft bilden mit hoher Aufenthaltsqualität für Begegnungen«. Die jeweils mehreren Hundert Besucher an den beiden Eröffnungstagen zeigten bereits, wie gerne die »neue Mitte« in Anspruch genommen wurde. Nach diesen Tagen gehe es jetzt darum, »dass sich das Gebäude mit Leben füllt«.

Internationaler Zuspruch

Gregory Bergquist, bis vor Kurzem noch Generalsekretär der internationalen Kommission für höhere Bildung und geistliches Amt (General Board of Higher Education and Ministry, GBHEM). Er war aus Nashville im US-Bundesstaat Tennessee angereist und freute sich über dieses Gebäude, »das eine neue Heimat sein soll, für alle, die hier studieren und arbeiten«.

Für die weltweit tätige Stiftung für Evangelisation (Foundation for Evangelism) war Stephen Gunter aus dem US-Bundesstaat North Carolina anwesend. Die Stiftung finanziert unter anderem Lehrstühle für Evangelisation an vielen Hochschulen weltweit. Es sei weiter das Anliegen dieser Stiftung, die Reutlinger Hochschule hinsichtlich des Lehr-Schwerpunkts moderner evangelistischer Verkündigung zu unterstützen.

Weitsichtige Reaktion und kluges Zeichen

Der Erste Bürgermeister der Stadt Reutlingen, Robert Hahn, identifizierte sich förmlich mit der Hochschule, indem er pointiert sagte: »Wir haben für Studenten in der Stadt Reutlingen gebaut.« Für die Stadt sei die Wiedereröffnung ein besonderer Tag, »weil wir damit einen Ort des Wissens, des Austauschs und der Inspiration in unserer Stadt haben«.

Als Vorstand der in Reutlingen ansässigen Bruderhaus-Diakonie wandte sich deren Theologischer Vorstand Bernhard Mutschler ans Festpublikum. Als Partner des mit der THR neu vereinbarten dualen Studiengangs »Soziale Arbeit und Diakonie« bezeichnete er »die Modernisierung als weitsichtige Reaktion auf den Wandel der Zeit und ein kluges Zeichen«. Heute Menschen für eine soziale und diakonische Praxis auszubilden, »stärkt den Zusammenhalt der Gesellschaft und das Zeugnis des Evangeliums in unserer Welt«.

Rosa Parks

Den eindrücklichen Abschluss der Eröffnungsveranstaltung bildete ein kleines Theaterstück, das die Namensgebung des neuen Wohnheims »Haus Rosa Parks« in Szene setzte. In Erinnerung an die Ikone der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung spielten Esther von Twardowski als Rosa Parks und der THR-Professor für Neues Testament, Christoph Schluep, als Erzähler die Momente des Widerstands von Rosa Parks nach. Eine schauspielerische Erinnerung an das, was mutig gelebter Glaube bewirken kann. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Südafrikanisch-Deutschen Jugendchor, der sich zurzeit auf Konzerttournee durch vier deutsche Bundesländer befindet.

emk.de

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