Ruhe für alle Er­schöpften

Faith Impulse

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Esther Handschin

Pastorin, Erwachsenenbildung


Predigt zu Offenbarung 21,1-5a von Pastorin Esther Handschin beim Abschlussgebet zur Langen Nacht der Kirchen in Wien
Abschlussgebet Wien, Deutschordenskirche

Liebe Schwestern und Brüder,

heute Abend war dieser Raum in der Deutschordenskirche in Wien auf Krisen eingestimmt. Es gab Statements und Gespräche zu verschiedenen Bereichen in unserer Gesellschaft und auf unserer Erde, die sich gerade in der Krise befinden. Während andernorts gefeiert, musiziert, getanzt oder Film geschaut wurde, stellte man sich hier der Ohnmacht hinsichtlich Medien und Journalismus, die nicht mehr glaubwürdig sind; einem Wirtschaftssystem, das aus den Fugen gerät; einer Klimakrise, die wir nicht zu meistern im Stande sind; einer Wissenschaft, der immer weniger Menschen Vertrauen schenken. Ist unsere Welt noch zu retten? Oder fahren wir gerade unsere Erde mit vollem Karacho an die Wand?

Billige Lösungen?

Was wäre mit einer Lösung, wie sie das biblische Buch der Offenbarung beschreibt? Ein neuer Himmel und eine neue Erde. Einfach die alte Erde entsorgen und stattdessen eine neue nehmen, mitsamt dem Himmel dazu, und außerdem noch ein neues Jerusalem, eine Stadt, nicht von Menschen erbaut, sondern von Gott selbst.

In Zeiten der Krisen steigt der Ruf nach einfachen Antworten. Wir vernehmen ihn rundherum. Die üblichen Sündenböcke müssen herhalten, Verschwörungstheorien machen die Runde. Aber wir treten weiter auf der Stelle statt bald zu Lösungen zu kommen, die den Menschen und allem, was lebt ein gutes Überleben sichern.

Wie leicht wäre es, vor lauter Überforderung einfach zu sagen: Lasst uns feiern, essen und trinken, denn morgen sind wir tot! Oder um es mit einem anderen biblischen Bild zu sagen: Nach uns die Sintflut.

Wo aber ist die Hoffnung abgeblieben in all dieser Überforderung und Ohnmacht? Haben wir noch Hoffnung? Und woraus speist sie sich?

Was uns im Buch der Offenbarung vorgezeichnet wird, das ist ein Bild, eine Vision, etwas, was Johannes schon sieht, aber was noch nicht da ist. Er entfaltet Bilder von Gottes Gegenwart unter den Menschen. Am stärksten wird dies ausdrückt im Bild wie Gott in der Mitte des Volkes wohnen wird. Dann braucht es keinen Trost mehr für die Menschen. Alles, was das Leben schwer macht und hindert, wird vorbei sein. Und falls es noch Tränen geben sollte, wird Gott selbst sie abwischen.

Die neue Stadt Gottes

Was zu dieser neuen Welt Gottes gehören wird, das beschreibt der Seher Johannes in einem späteren Abschnitt noch eingehender. Die neue Stadt Jerusalem wird in großer Herrlichkeit und Pracht gebaut sein: Hohe Mauern sorgen für Sicherheit und geben mit den zwölf Toren trotzdem große Durchlässigkeit. Als Baumaterialien dienen Gold und Edelsteine, um so die Schönheit des neuen Jerusalem sichtbar zu machen. Weil Gott selbst in der Stadt wohnt, braucht es keinen Tempel mehr, der bisher den Wohnort Gottes angezeigt hat. Und weil es keine Nacht mehr geben wird, braucht man auch die Tore dieser Stadt nicht mehr zu schließen. Sie bleiben jederzeit offen. Auch eine gute Versorgung der Menschen wird gesichert sein: Es fließt klares Wasser und der Baum des Lebens, der zwölfmal — also jederzeit — Früchte trägt und dessen Blätter der Heilung dienen, steht mitten in der Stadt.

Die Vision des Johannes zeichnet uns ein Bild der Hoffnung vor, an dem wir uns orientieren können. Wie Gott den neuen Himmel und die neue Erde schaffen wird, das haben wir ihm als dem Schöpfer des alten Himmels und der alten Erde zu überlassen. Aber dass Gott unter den Menschen wohnt und bei den Menschen ist, davon hat er uns mit Jesus schon einen Vorgeschmack gegeben. An dem können wir in allen Ohnmachtserfahrungen festhalten: Wo wir diesem Jesus und seiner Art den Menschen zu begegnen und mit Gott in Beziehung zu bleiben auf der Spur sind, da wird etwas davon erfahrbar, dass Gott den Menschen nahe ist und unter ihnen wohnt. Dass es dabei nicht nur um die Menschen allein geht, sondern auch um eine Lebenswelt, die lebenswert bleibt, das verstehen wir, wenn wir Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde ernst nehmen. Er hat das Gebot zur Ruhe und Erholung in den Rhythmus der Erschaffung der Welt eingezeichnet. Es gilt für alle Erschöpften, auch für die Erde, deren Ressourcen erschöpft sind und für diejenigen, die am Ende dieser Langen Nacht in der Frühe des Morgens erschöpft ins Bett fallen. Amen.

Mitwirkende des Gottesdienstes (v.l.n.r.): Superintendent Matthias Geist (evangelisch A.B.), Bischof Tiran Petrosyan (armenisch-apostolisch), Pastorin Esther Handschin (methodistisch), Weihbischof Franz Scharl (römisch-katholisch)

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