Geborgen in Gott

Faith Impulse

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Charlotte Schwarz

Laienpredigerin


Predigt zu Johannes 1,43-51 und Psalm 139,1-6+13-18

Die Vorgeschichte: "Kommt und seht"

Das Johannesevangelium erzählt gleich zu Beginn, wie Jesus seine ersten Jünger beruft. Ich finde es spannend und fasse es kurz zusammen. Das spielt sich alles im 1. Kap. dieses Evangeliums ab: 

Nach den Versen 1-18, dem Prolog, wird ab Vers 19 Johannes der Täufer geschildert, wie er Zeugnis über sich selbst ablegt und bekennt, dass nicht er der Messias ist, sondern dass Gott ihm offenbart hat: „Der, auf den du den Geist herabkommen und bei ihm bleiben siehst – der ist es. Er tauft mit dem Heiligen Geist.“ Ich habe es gesehen und kann bezeugen: Er ist der Sohn Gottes.“  Johannes redet von Jesus. 

Am nächsten Tag steht der Täufer wieder da mit zwei seiner Jünger, da geht Jesus vorbei und Johannes sagt: „Seht das Lamm Gottes!“ Auf das hin gehen diese Jünger Jesus nach, und auf dessen Frage, „Was wollt ihr?“ fragen sie ihn: „Rabbi, wo wohnst du?“ „Kommt und seht!“ antwortet Jesus, sie gehen mit und bleiben den ganzen Tag bei ihm. Einer von ihnen war Andreas, der dann seinen Bruder Simon zu Jesus bringt. Dieser bekommt schon hier von Jesus den Namen „Petrus“.

Der Ruf: "Folge mir!"

An diese Vorgeschichte schließt die Evangeliumslesung an, die dieser Predigt zugrunde liegt. Es ist wieder der nächste Tag. Es hört sich ganz einfach an: Jesus sieht Philippus und sagt ihm „Folge mir!“ Dieser wiederum geht zu Natanael mit der Botschaft, er habe den gefunden, von dem Mose geschrieben und den die Propheten angekündigt haben. Auf Natanaels Skepsis hin (was kann aus Nazaret Gutes kommen?) wird auch er aufgefordert: „Komm und sie selbst!“ 

Zweimal finden wir den Aufruf „komm und sieh“! Jesus hat keine lange Erklärung abgegeben, wo und wie er wohne, er hat eine Einladung ausgesprochen und die Jünger sind mit ihm gegangen, sind den ganzen Tag bei ihm geblieben. Da haben sie gewiss nicht den ganzen Tag Jesu Wohnung angeschaut. Ich kann mir vorstellen, dass es Gespräche und Gemeinschaft gegeben hat.

Auch Philippus hält keinen langen Vortrag über das, was er mit Jesus erlebt hat, er sagt zum Skeptiker Natanael: „Komm und sieh selbst“! Der kommt und sieht – er begegnet Jesus.

Begegnung mit Jesus ist Begegnung mit Menschen

Das kann auch für uns eine Ermutigung, ein Ansporn sein: Anstatt Menschen, mit denen wir ins Gespräch über unseren Glauben, über Gott, über unsere Kirche kommen, lange Informationen zu geben, könnten auch wir diese Einladung aussprechen: „Komm und sieh selbst!“ Auch wenn das nicht immer vom erhofften Erfolg gekrönt ist, manchmal gelingt es. Jesus hat das auch erlebt: Menschen, die er in die Nachfolge eingeladen hat, haben sich ihm verweigert (z.B. der reiche Jüngling). Aber dennoch hat er eine schöne Schar Jünger um sich gesammelt. Eine Begegnung mit Jesus – ich denke, das hinterlässt immer Spuren. Kurzfristige oder langfristige – das können wir nie wissen. Gott weiß es.

Dass so eine Einladung langfristige Folgen und lebensverändernd sein kann, möchte ich kurz aus meinem Leben erzählen:

Als wir vor etwa 52 Jahren die abendliche Bibelrunde einer Missionarin besucht haben, hat sie uns vorgeschlagen, uns doch die Methodistenkirche anzusehen. „Geht doch einmal hin!“ Wir gingen hin und „sahen“. Wir sind dann geblieben – und das ist eine lange Geschichte – sie dauert bis heute!

Überzeugung geschieht am besten in der Begegnung. Denn die persönliche Begegnung ist authentisch. Das eigene Zeugnis im Gespräch ist wichtig; damit das möglich ist, müssen Menschen zusammenkommen. 

Was für ein Gott begegnet uns?

Auch wir können so eine Einladung aussprechen: Komm und sieh! Die Frage ist: Wohin möchten wir jemanden einladen? Oder – zu wem wollen wir einladen? Zu einem Gott, der uns überall sieht, selbst wenn wir „versteckt unter einem Feigenbaum“ sind? Der schon alles über uns weiß? So wie Jesus den Natanael unbemerkt gesehen und erkannt hat? Ist das nicht ein bisschen erschreckend? Ein Gott, der so allwissend ist, dass es schon fast unheimlich ist, oder unangenehm?

Da stellt sich zuerst einmal für uns die Frage:

Was für ein Gottesbild haben wir? Ist es ein allwissender Gott, vor dem wir uns nicht einmal verstecken können, wenn wir es einmal möchten?

Viele Menschen haben solch ein Gottesbild. Da gibt es, oder gab es früher ein Lied – ich hoffe, es wird nicht mehr mit den Kindern gesungen! 

1) Pass auf, kleines Auge, was du siehst!
Denn der Vater im Himmel
schaut herab auf dich,
drum pass auf, kleines Auge, was du siehst!

Dann geht es weiter mit Hand, Fuß, Herz usw, alle müssen aufpassen, weil der Vater im Himmel alles sieht, und zum Schluss heißt es noch:

7) Pass auf, kleines Ich, werd nicht groß!
Denn der Vater im Himmel
schaut herab auf dich,
drum pass auf, kleines Ich, werd nicht groß!

Wobei ich sagen möchte, es ist nicht an sich schlecht oder verwerflich sich zu überlegen oder aufzupassen, was wir sagen und tun! Auch ein John Wesley ermahnt uns: „Tue Gutes und meide das Böse!“

Aber ein Gottesbild, das den „Vater im Himmel“ mit erhobenem Zeigefinger vermittelt, der alles kontrolliert, was ich tu und bin, der dann traurig ist über meine Fehltritte und mich möglicherweise auch bestraft – das kann es ja nicht sein! Vor vielen Jahrzehnten hab ich das Lied ganz gut gefunden, nicht nur für Kinder, auch für uns Erwachsene. Mein Gottesbild hat sich seither gewandelt! Und das habe ich auch meiner Kirche zu verdanken. Man darf ja dazu lernen, und auch ein bisschen zunehmen an Erkenntnis!

Gott sieht uns

Da stell ich aber die Frage: Ist es nun erschreckend, oder unangenehm sich vorzustellen oder zu wissen, zu glauben, dass Gott uns immer und überall sieht? Ich denke, es gibt bei uns allen Dinge in unserem Leben, die wir nicht so gern ans Tageslicht bringen. Nicht alle müssen alles über mich wissen. Ich mag kein „gläserner Mensch“ sein! Ein paar Sachen behalte ich schon gerne im Geheimfach meines Gedächtnisses! Und Gott? Will er eigentlich alles „wissen“? Mag oder kann ich ihn auch in dunkle Winkel meines Herzens schauen lassen? Da, wo ich vielleicht selber nicht gerne hinschaue? Auch wenn ich mich nicht vor Strafe fürchte?

Da gibt mir der Psalm 139 eine wunderbare Antwort! 
Der Psalm wird David zugeschrieben: „Herr, du erforschst mich und kennst mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne… du hast mein Inneres bereitet und hast mich gebildet im Mutterleibe …“

Ich sehe in diesem Psalm keineswegs einen allwissenden Gott, der nur aufpasst und womöglich Buch führt über mein Leben, ob ich alles richtig mache, oder mehr noch, was mir misslingt oder wie man so sagt: wo ich sündige! Das wäre unerträglich!

Ich sehe in diesen Worten einen Gott, der wahrlich „ein guter Vater“ ist, aber einer, der um mich weiß, der mich kennt in all meinen Nöten, Schwierigkeiten, in meinem Scheitern, und gewiss auch in meiner Freude und Fröhlichkeit! Ein Gott, der mich in meinen Sorgen und Ängsten nicht allein lässt, sondern mir Mut und Kraft und Trost geben will, der mich trägt und begleitet. Weil er mein Schöpfer ist von Anfang an, wie wir gehört haben! Er liebt seine Schöpfung, also auch mich, und dich und dich …

Darum ist das für mich ein Psalm, der mir Geborgenheit bei und in Gott vermittelt. Auch, oder vielleicht gerade, weil Gott mich so gut kennt. Das ist doch das Erstaunliche, obwohl er mich so ganz und gar kennt, liebt er mich! 

Geborgenheit finden in Gott

Zu so einem Gott können wir einladen: 

Ein Gott, wie er uns in Jesus begegnet ist, voller Liebe und Barmherzigkeit, der uns aufrichtet und leben hilft.

Ein Gott, der uns nicht in Angst und Schrecken versetzen will, von dem es im 1. Johannesbrief heißt: „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm… Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe.“ (1. Johannes 4,16-18)

Ein Gott, von dem der Psalmist sagt: „Von hinten und von vorn hast du mich umfasst und hast deine Hand auf mich gelegt. Zu wunderbar ist dieses Wissen für mich.“ (Psalm 139,5-6)

„Komm und sieh“, diesen Gott, der auch in unserer Gemeinde erfahrbar ist:

Ich komme und sehe Menschen in unserer Gemeinde, die ihr altes Gottesbild abgeworfen und das neue, liebevolle Gottesbild angenommen haben.
Ich sehe Menschen in unserer Gemeinde, die sich geborgen wissen in der Zuwendung Gottes. 
Ich sehe Menschen in unserer Gemeinde, die ihr Schicksal mit Gottes Hilfe tragen können, ohne zu verzweifeln.
Ich sehe Menschen in unserer Gemeinde, die in dieser Liebe Gottes verwurzelt sind und deshalb auch eine Stütze und Hilfe für ihre Mitmenschen sind.
Ich sehe Menschen in unserer Gemeinde, die füreinander und für so viele und vieles beten. 
Ich sehe Menschen in unserer Gemeinde, die mit Freude ihr Christsein leben.

So schließe ich mit einem Segenswunsch aus Irland: „Möge die Freude Gottes in deinen Augen sichtbar sein, damit alle Menschen sie sehen können!" 

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