Weih­nacht­s­pre­digt: Die Hoffnung von Betlehem

Faith Impulse

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Dorothee Büürma

Pastorin, Kinder- & Jugendwerk


Eine Predigt in zwei Teilen, zu Matthäus 2,1-23

Die Sterndeuter aus dem Osten

 

Jesus wurde in Betlehem in Judäa geboren.

Zu dieser Zeit war Herodes König.

Da kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem.

Sie fragten: »Wo ist der neugeborene König der Juden?

Denn wir haben seinen Stern im Osten gesehen

und sind gekommen, um ihn anzubeten.«

Als König Herodes das hörte,

erschrak er und mit ihm alle in Jerusalem.

Er rief zu sich alle führenden Priester und Schriftgelehrten des Volkes.

Er fragte sie: »Wo soll der Christus geboren werden?«

Sie antworteten ihm: »In Betlehem in Judäa!

Denn im Buch des Propheten steht: ›Du, Betlehem im Land Juda,

du bist keineswegs die unbedeutendste unter den Städten in Juda.

Denn aus dir wird der Herrscher kommen,

der mein Volk Israel wie ein Hirte führen soll.‹«

Später rief Herodes die Sterndeuter heimlich zu sich.

Er erkundigte sich bei ihnen genau nach der Zeit,

wann der Stern erschienen war.

Dann schickte er sie nach Betlehem und sagte:

»Geht und sucht überall nach dem Kind!

Wenn ihr es findet, gebt mir Bescheid!

Dann will auch ich kommen und es anbeten.«

 

Nachdem die Sterndeuter den König gehört hatten,

machten sie sich auf den Weg.

Derselbe Stern, den sie im Osten gesehen hatten, ging vor ihnen her.

Dann blieb er stehen, genau über der Stelle, wo das Kind war.

Als sie den Stern sahen, waren sie außer sich vor Freude.

Sie gingen in das Haus und sahen das Kind mit Maria, seiner Mutter.

Sie warfen sich vor ihm nieder und beteten es an.

Dann holten sie ihre Schätze hervor und gaben ihm Geschenke:

Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Gott befahl ihnen im Traum: »Geht nicht wieder zu Herodes!«

Deshalb kehrten sie auf einem anderen Weg in ihr Land zurück.

Matthäus 2,1-12
BasisBibel

Weihnachten nach Matthäus

Beim Evangelisten Matthäus finden wir eine besondere Weihnachtsgeschichte: Da sind es nicht Hirten, Schafe und Engel, die zu Jesus kommen, sondern fremde Reisende und ein Stern. Das Matthäusevangelium erzählt immer wieder von alten Prophezeiungen, die sich erfüllen. So auch in der Geschichte von der Geburt Jesu.

Ich möchte in dieser Predigt die Geschichte noch einmal gemeinsam betrachten:

Die Weisen aus dem Orient

Wer waren denn diese Weisen aus dem Morgenland, die sich auf den Weg machten um den Sohn Gottes anzubeten? Und was hat sie dazu bewegt, diese Reise nach Betlehem anzutreten?

Wir wissen, dass sie einem Stern folgten. Sie waren nämlich Sterndeuter – als Astrologen oder gar Magier würden wir sie heute beschreiben. Sie hatten eine gute Ausbildung genossen und waren im königlichen Dienst ihres Landes angestellt. Sie waren angesehene Männer mit Einfluss und auch gewissem Reichtum. Dass es sich bei den Weisen um Männer handeln musste, ist historisch relativ sicher.

Was brachte diese reichen Fremden vor 2000 Jahren dazu, ein neugeborenes Kind im kleinen Städtchen Betlehem anzubeten? Der Gedanke allein scheint absurd. 

Zunächst war es ihnen gar nicht in den Sinn gekommen, den neugeborenen König in dieser eher unbedeutenden Stadt zu suchen. Könige wohnten doch in Palästen – und der Palast war in der Hauptstadt Jerusalem.  
Wie verwundert mussten sie gewesen sein, als es sich herausstellte, dass König Herodes gar keinen Sohn bekommen hatte!
Für Herodes war diese überraschende Nachricht eines neugeborenen Königs, den sogar die Könige der Nachbarländer respektierten, eine Hiobsbotschaft. 
Wenn sogar diese fremden Sterndeuter und ihre Herrscher den neugeborenen König anbeten wollten, dann würde sich sicher auch das jüdische Volk dem neuen Herrscher unterwerfen.  
Er reagierte, indem er alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes zu sich rufen ließ und sie nach den schriftlichen Ankündigungen über den ersehnten König der Juden, den Messias, ausfragte.

Prophezeiungen in der Geschichte

Wie schon erwähnt, nimmt die Geschichte der Weisen aus dem Morgenland verschiedene alttestamentliche Prophezeiungen auf. Zum Beispiel:

In Psalm 72 wird über den erwarteten Messias gesagt, dass die Könige von Tarsis, Saba und Seba ihm Geschenke bringen sollen und alle Könige ihn anbeten werden. Dieser angekündigte Friedefürst soll bis zu den Enden der Welt herrschen. 
Wir bemerken schon hier Parallelen zu unseren Vorstellungen über Jesus, den Friedefürst. 
Vermutlich ist dieser Psalm auch ein Grund, weshalb die Weisen aus dem Morgenland in unserer Tradition als drei Könige bezeichnet wurden. 

1. Könige 10 beschreibt die Gaben, die von der Königin von Saba zu dem neugekrönten König Salomo gesandt wurden. Eine ganze Schar von Boten brachte Kamele beladen mit Gold, Edelsteinen und kostbaren Gewürzen (darunter muss auch Myrrhe gewesen sein) durch die Wüste zu ihm. Die Königin von Saba hatte Salomo als von Gott eingesetzten Herrscher erkannt und lobte Gott für ihn.

Jesaja 60 deutet auf ähnliche Gaben aus dem Osten hin: Kamele aus Midian und Efa werden aus Saba kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen. 

Die Gelehrten am Hof von König Herodes kannten die Bedeutung dieser symbolischen Gaben der weisen Botschafter aus dem Orient. Sie waren ein Zeichen der Wertschätzung und Anbetung des von Gott gesandten neuen Königs über Israel – und somit war das Kind eine Bedrohung für Herodes und seine Herrschaft.

Die Prophezeiungen von Micha und der Stern deuteten gen Betlehem. Dorthin zog die königliche Gesandtschaft um Gottes neugeborenen König zu suchen. 
Der Stern brachte sie zu dem Haus in Bethlehem, in dem Maria, Josef und das kleine Kind sich aufhielten. 

Eine wundersame Begegnung im Haus in Betlehem

Auch das ist ein Wunder: Durch den Propheten Jesaja war es dem Volk Gottes untersagt, sich auf Magier und Sternforscher einzulassen. Und genau diese Menschen, die auch noch einem fremden Volk angehörten, hatte der Stern nach Betlehem gebracht, damit sie Gottes Sohn anbeten.

Es ist für mich wundersam und irgendwie auch unvorstellbar, dass sich diese beiden Gruppen von Menschen überhaupt begegneten im Leben – geschweige denn, dass sich die hoch angesehenen vornehmen Reisenden vor einem armen kleinen Kind niederknien würden. Und doch – genau dieser Gedanke zeigt uns, wie Wunder-voll und unfassbar Gottes Menschwerdung ist. 

Nicht die frommen Gläubigen des Volkes Israel kamen um das Kind anzubeten, sondern die fremden Sterndeuter, die ursprünglich einer anderen Kultur und Religion angehörten. Diese Reisenden aus dem Osten, die Gottes Einladung folgten, beeindrucken mich. Sie hatten Gottes Zeichen entdeckt, ihre Bedeutung erkannt und sich auf Gottes Weg eingelassen. 

Sie hatten sich voller Erwartung und Hoffnung auf die Reise gemacht, die ihnen große Freude trotz verschiedener Schwierigkeiten bringen würde. Sie durften Gott in Menschengestalt begegnen und erkannten das Wunder von Betlehem.

Vielleicht denkt ihr euch jetzt: Ach, das klingt so schön! Wieso konnte die Welt nicht diesen Moment für immer festhalten? Wieso ist Betlehem nicht auch heute noch ein Ort des Wunders, zu dem Menschen aus der ganzen Welt pilgern, um seinen Frieden zu spüren?

Die Geschichte im Matthäusevangelium bleibt nicht im Haus in Betlehem stehen. Auch der biblische Friedensmoment dauert nicht lange an.

Die Flucht nach Ägypten

 

Die Sterndeuter waren gegangen.

Da erschien Josef ein Engel des Herrn im Traum.

Er sagte: »Steh auf!

Nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten!

Bleibe dort, bis ich es dir sage!

Denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten.«

Daraufhin stand Josef mitten in der Nacht auf.

Er nahm das Kind und seine Mutter und zog mit ihnen nach Ägypten.

Dort blieb er bis zum Tod von Herodes.

Dadurch ging in Erfüllung, was Gott durch den Propheten gesagt hat:

»Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.«

 

Herodes merkte bald, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten.

Da wurde er sehr zornig.

Er ließ in Betlehem und der Umgebung alle Kinder töten, 

die zwei Jahre und jünger waren.

Das entsprach dem Zeitraum, den er von den Sterndeutern erfragt hatte.

Damals erfüllte sich, was Gott durch den Propheten Jeremia gesagt hat: 

»Geschrei ist in Rama zu hören, Weinen und lautes Klagen.

Rahel weint um ihre Kinder.

Sie will sich nicht trösten lassen, denn die Kinder sind nicht mehr da.«

 

Herodes war gestorben.

Da erschien Josef in Ägypten im Traum ein Engel des Herrn.

Der sagte: »Steh auf! Nimm das Kind und seine Mutter

und geh in das Land Israel!

Denn alle, die das Kind umbringen wollten, sind tot.«

Josef stand auf, nahm das Kind und seine Mutter

und kehrte in das Land Israel zurück.

Er hörte, dass nun Archelaus König über Judäa war –

anstelle seines Vaters Herodes.

Deshalb fürchtete sich Josef, dorthin zu gehen.

Im Traum bekam er neue Anweisung von Gott.

Daraufhin zog er in das Gebiet von Galiläa.

Dort ließ er sich in der Stadt Nazaret nieder.

So ging in Erfüllung, was Gott durch die Propheten gesagt hat:

»Er wird Nazoräer genannt.«

Matthäus 2,13-23
BasisBibel

Auf der Flucht vor Gewalt und Verfolgung

Die Erzählung der wunderbaren Anbetung des Gotteskindes erfährt ein abruptes Ende!

Ein Machthaber fühlt sich bedroht; er hat Angst, sein Reich und seinen Einfluss mit einem neuen göttlichen Herrscher teilen zu müssen. Und er reagiert, wie bedrohte Machthaber leider so oft reagieren: mit militärischer Gewalt und Bedrohung. Die Bevölkerung soll in Angst und Schrecken versetzt werden, damit bloß niemand auf den Gedanken kommt, dem Herrscher Herodes nicht mehr zu gehorchen. 
Betlehem, der Ort der prophezeiten Rettung, wird zum Ort des Grauens. 
Auch das wurde durch einen Propheten vorhergesagt.

Wir, die wir diese Worte heute hören, spüren sicher einen tiefen Schmerz: Denn die Bilder des Grauens in Betlehem oder an anderen Orten des sogenannten Heiligen Landes, sehen wir heute wieder in den Nachrichten. Nicht einmal das Friedenslicht konnte in diesem Jahr sicher aus Betlehem geholt werden, wie es sonst schon lange Tradition ist. Die Weihnachtsbeleuchtung erstrahlt dieses Jahr nicht in hellem Glanz über den Straßen von Betlehem. Zu groß ist die Not, zu sehr sitzt die Angst vor der Gewalt des Militärs und der Terroristen den Menschen unterschiedlicher Religionen im Heiligen Land in den Knochen.

Josef, Maria und Jesus konnten damals gerade noch rechtzeitig fliehen. Sie brachten sich in Sicherheit im Nachbarland Ägypten. Doch viele andere Menschen in Betlehem waren geblieben. Sie wussten nicht, was an Grausamkeiten des Herrschers Herodes auf sie zukamen. Alle Kinder, die im richtigen Alter sein könnten, wurden umgebracht. Vielleicht seht ihr die Parallelen zur Erzählung des Mose. Auch damals wurden die kleinen Buben ermordet. 
Die Geschichte wiederholt sich sogar in der Bibel. Leid, Trauer und Schmerz gehören ebenso zur Weihnachtsgeschichte wie die Freude und Hoffnung der Hirten und Weisen.

Ein neuer Anfang 

Doch auch hier endet die Erzählung nicht. Der bösartige Herrscher stirbt, und die Menschen wagen es wieder auf ein besseres Leben zu hoffen. 
Josef, Maria und das Jesus-Kind können in ihr Heimatland zurückkehren – doch sie ziehen ins eher ländliche Galiläa, das sicherer scheint als die großen Städte.

Mit Gottes Hilfe und entgegen aller Wahrscheinlichkeiten bleibt das Gotteskind verschont und unversehrt. Auch das ist Teil der Weihnachtsgeschichte: Die Hoffnung besteht weiter. Selbst die grausamsten Umstände konnten die Gottes Gegenwart unter den Menschen nicht auslöschen. Gott war bei den Menschen geblieben.

Betlehem heute

Auch heute in Betlehem besteht eine tiefe Hoffnung unter den Christ*innen, die dort leben. Selbst wenn Weihnachten heuer anders gefeiert werden musste als sonst, sind sie sich der Gegenwart Gottes sicher.

Ein stummer Protestmarsch von Christ*innen zog durch die leeren und dunklen Straßen der Stadt. Auf Plakaten standen Bibelverse wie „Selig sind die Friedensstifter“. 

Gottesdienste wurden in den Kirchen dort auch gefeiert. Inmitten der Trümmer von Angriffen und Zerstörung kamen Menschen auch dieses Jahr in Betlehem zusammen, um die Weihnachtsbotschaft wieder zu hören. Fotos von ihren Gottesdiensten sind im Internet zu finden, und es beten Menschen auf der ganzen Welt mit ihnen für Frieden.

Weihnachten heißt hoffen

Die Hoffnung auf ein Leben in Solidarität mit den Leidenden kann keine Unterdrückung, keine Gewalt, kein mörderisches Regime und auch keine Terrorgruppe auslöschen.

Auch das ist Teil der Weihnachtsgeschichte. 

Und vielleicht ist das die gute Nachricht und die Hoffnungsbotschaft, die unsere Welt in diesem Jahr so dringend braucht: 
Gott ist in unsere Welt gekommen um zu bleiben. 
Seinen Frieden wollen auch wir verkünden. 
Seine Liebe wollen wir verkörpern.
Sein Licht und seine Freude wollen wir verbreiten.
Amen.

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