Urlaub – Zeit für Spir­itu­al­ität

Faith Impulse

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Manfred Schwarz

Pastor i.R., EmK Salzburg


Eine Predigt zu Markus 6,30-34 und 53-56 

Es ist Sommer!

  1. Summertime 
    And the livin' is easy
    Fish are jumpin'
    And the cotton is high
  2. One of these mornings
    You're going to rise up singing
    Then you'll spread your wings
    And you'll take to the sky

Es ist Sommer
Und das Leben ist leicht
Die Fische springen
Und die Baumwolle steht hoch

An einem dieser Morgen,
Wirst du singend aufsteigen
Dann wirst du deine Flügel ausbreiten
Und zum Himmel hinauffliegen

Sehnsucht

Das ist es doch, was wir gern im Sommer erleben möchten: sich loslösen vom Alltag, ausruhen, die Sorgen abstreifen und wie Vögel in den Himmel fliegen. – Urlaub! 

Für uns – heutzutage – ist es wohl eine Selbstverständlichkeit, Urlaubszeiten zu haben und sie zu genießen.  

Aber – es ist doch noch gar nicht so lange her, dass es gesetzlichen Urlaub für alle gibt.

Die Einführung des Urlaubs

Habt ihr gewusst, dass es in Österreich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, 1910, ein Anspruch auf bezahlten Urlaub gesetzlich möglich ist? Zwar zunächst nur für Handelsangestellte. Für die arbeitende Bevölkerung gab es gesetzlichen Urlaubsanspruch erst nach dem Ersten Weltkrieg. Also erst seit dem Jahr 1919 (also vor 105 Jahren).

Und was war vorher?
Sechs Tage Arbeit. Bis zu 14 bis 16 Stunden am Tag. Nur der Sonntag war frei. Und wenig Lohn.
Doch wurde aber vielfach auch sonn- und feiertags in Fabriken gearbeitet. Zum gleichen Tageslohn. 

Und heute? – Z.B. in den USA gibt es derzeit keinen gesetzlich gedeckten Urlaub. Man kann sich frei nehmen – aber unbezahlt. 

Freie Zeit und Arbeit zur Zeit Jesu

Zur Zeit Jesu war es in Judäa ähnlich. Sechs Tage Arbeit, doch der siebte Tag, der Sabbat, galt nur bei den Juden arbeitsfrei – für alle. 

Im Römischen Reich überhaupt war am achten Tag der Markttag. Bis dahin wurde sieben Tage gearbeitet. Und am Markttag nur halbtags. Erst Ende des ersten Jahrhunderts gabs die 7-Tage-Woche. Und dann erst unter Kaiser Konstantin wurde im 4. Jahrhundert der Sonntag zum gesetzlichen Feiertag

Urlaub, Freizeit, Erholung gab es nur für die Reichen. Die Durchschnittsgesellschaft arbeitete ohne Freizeit. Hauptsächlich vormittags.

Es ist manchmal ganz gut, zu erfahren, wie es der Bevölkerung im Altertum ergangen ist. Wir verstehen einiges besser. 

Jesu Einladung an die Apostel: Ruht euch aus

Da hörten wir im heutigen Evangelium

„Die Apostel kamen zu Jesus zurück. Sie berichteten ihm alles, was sie getan und gelehrt hatten. Er sagte zu ihnen:
»Kommt mit an einen ruhigen Ort, nur ihr allein, und ruht euch ein wenig aus.«“

Das ist bezeichnend für die Haltung Jesu:
Nach der Arbeit lädt Jesus die Apostel zum Ausruhen ein. Was hatten die denn gemacht, dass sie Ruhe brauchten? Im Evangelium lesen wir einige Abschnitte vorher:

„Er rief die Zwölf zu sich. Dann sandte er sie jeweils zu zweit aus und gab ihnen die Vollmacht über böse Geister. Er forderte sie auf:
»Nehmt außer einem Wanderstock nichts mit auf den Weg: kein Brot, keine Vorratstasche und auch kein Geld im Gürtel.
Ihr dürft Sandalen anziehen, aber nehmt kein zusätzliches Hemd mit.«
… Und die Jünger zogen los. Sie verkündeten den Menschen:
»Ändert euer Leben!«
Sie trieben viele Dämonen aus, salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.“

Und nun kamen sie zurück. Der Auftrag war sicher anstrengend. Ohne Stecken gegen wilde Tiere, ohne Jausen-Brot, ohne Vorratstasche, ohne Geld. Total abhängig von hilfsbereiten Menschen.

Dämonen ausgetrieben, Kranke gesalbt und geheilt… So was geht auf die Substanz. – Das kann man nicht so nebenbei machen. Die Apostel waren nachher ziemlich k.o.

Ruhe ist Teil der Schöpfung

Man muss spüren, was da läuft. Die Parallele zur Schöpfungsgeschichte der Bibel ist deutlich. Nach den sechs Tagen der Erschaffung der Welt ruhte Gott. Nach sechs Tagen Arbeit: ein Ruhetag. Ruhe ist demnach etwas Gottgewolltes. Die Freizeit ist etwas Gottgewolltes.
Ich übersetze: Urlaub ist etwas Gottgewolltes. Er dient der Erholung. Er dient zum Kräfte sammeln. 

Kräfte sammeln – wofür?  

Achtsamkeit

Um für die Mitmenschen da zu sein. Achtsam zu sein. – Wer in Wien mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, hört – begleitet von viel Straßenlärm – regelmäßig die Durchsage „Bitte seien Sie achtsam! Andere Fahrgäste benötigen Ihren Sitzplatz vielleicht notwendiger.“

Es ist ein kleiner Hinweis darauf, dass Achtsamkeit in unserem Alltag längst dazugehört – selbst bei den Fahrgästen der Wiener U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen. Die Wiener Linien halten mit dieser Durchsage ihre Fahrgäste dazu an, die Umgebung wahrzunehmen und auf die Bedürfnisse anderer zu achten.  

Aber es gibt auch die Achtsamkeit gegenüber sich selbst. Mein Hausarzt sagte mir unlängst: „Ja, es ist gut, auf seinen Körper zu hören!“ – 
Oder – ich hab schon öfters vernommen: „Was sagt dir dein Körper?“ 

Wie gut, wenn man lernt, sensibel zu sein, achtsam zu sein auf sich und auf die Mitmenschen. 

Die Frage an uns ist nun: Wie gehen wir mit der Erkenntnis um, dass Freizeit, Erholung, Urlaub gottgewollt gut für unser Leben ist?

Wie lernt man, achtsam zu sein?

Ich denke, ich fang einmal bei mir an, achtsam zu sein auf das, was mein Körper mir sagt:

Er sagt: „Manfred, wenn du vorm Computer sitzt, steh mal auf, mach Bewegung.“

Und wenn mir die Augen zufallen: „Manfred, leg dich nieder und schlaf ein Viertelstündchen.“

Oder: „Du, es wird Zeit, wieder einmal eine Bergwanderung zu machen!“

Ein andermal fühle ich mich unwohl, habe körperliche Probleme – und mein Körper sagt mir: „Manfred, lass dich untersuchen. Geh zum Arzt. Da stimmt was nicht…!“

Ja, und manchmal erinnert mich sogar meine Frau, nicht bloß mein Körper: „Du musst mehr trinken. Ältere Leute haben oft nicht so ein Durstgefühl!“

Das wären so einige meiner Achtsamkeitsübungen für mich. 

Achtsamkeit für andere im Alltag

Und wie geht’s mir mit der Achtsamkeit für andere Menschen? Ja, wie heißt’s in der Wiener U-Bahn? „Bitte seien Sie achtsam! Andere Fahrgäste benötigen Ihren Sitzplatz vielleicht notwendiger.“

Nun, da geht es wohl darum, die Nächsten so zu lieben wie sich selbst. 

Das fängt damit an, dass ich, wenn ich durch die Straßen gehe, oder im O-Bus sitze, bewusst die Menschen ansehe mit den Augen von Jesus: Sie sind von Gott geliebt. 

Oder ich fahr mit dem Auto – und der oder die in dem roten Volvo fährt extrem langsam… und statt zu schimpfen, schick ich ihr oder ihm einen Segen.

Es sind oft Kleinigkeiten von Aufmerksamkeit. Aber sie helfen beim Zusammenleben der Mitmenschen. Nur dürfen wir daraus keine neue Gesetzlichkeit machen. Nein, ich muss nicht ständig wie ein Leibwächter die andern begutachten. 

Aber, ich darf offen sein. Offen für das Leben, für die Nöte, für die Beziehungen und Lebensbedingungen der Leute um mich. 

Achtsamkeit auf Gott

Und eine dritte Achtsamkeit will ich ansprechen: Die Achtsamkeit auf Gott, auf Gottes Stimme, auf Gottes Wirken in mir, um mich. Diese Achtsamkeit hat etwas mit meiner Beziehung zu Gott zu tun.

Und daher frag ich mich: Woher kommt die Kraft, so zu handeln und denken zu können?

Nun da bin ich wieder beim gottgewollten Sabbat, der gottgewollten Freizeit, dem Urlaub. Nötig haben wir ihn, den Urlaub! Eine Zeit zum Ausruhen, Zeit, um zu sich zu kommen. 

Wir brauchen das Ausruhen, Urlaubszeit für uns! Das Sich-Zeit-Nehmen, Jesus zu suchen, ihn zu finden, in der Stille, im Abschalten (auch des Handys), im Ruhig-Werden, beten beim Spazierengehen, aus der Bibel lesen und/oder ein Buch lesen, Gottesdienst besuchen, mitfeiern…

Das sind Beispiele für Besinnung in der Urlaubszeit. Aber es sind keinesfalls Verpflichtungen, all das zu machen. Wichtig ist, sich ja nicht in eine fromme Gesetzlichkeit zu bringen. Das wäre erst recht unchristlich. Jesus sagte den Aposteln: „Ruht euch aus!“  Denn Aktivismus, also ständig für die Menschen da sein zu müssen, alle spirituellen Angebote durchführen wollen, kann zu psychischer Belastung führen.

Hier gilt die Empfehlung: kleine Schritte machen, nachspüren, wie und wo ich achtsam sein kann. 

Ausprobieren, was meiner Seele guttut

Überlegt euch: Bei welchem Gedanken bin ich hängen geblieben? Bei welcher Achtsamkeit?

  • Achtsam zu mir, auf den eigenen Körper hören? Meine Gesundheit…
  • Achtsam gegenüber Mitmenschen – auf der Straße, im Bus…?
  • Achtsam auf Gottes Stimme? Statt Handy, ein Gebet, Psalm…?

Einen Gedanken festhalten – und dranbleiben. Keine Sorge, wenn man das mal vergisst. Einfach am nächsten Tag weiter machen… Ohne Skrupel. 

Danken und loben, bitten und flehn, Zeit mit Gott verbringen. Die Welt mit offenen Augen sehn. Die Welt mit seinen Augen sehn.

Und das nicht nur zur Sommerzeit!

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