Eine Hilfestellung zum Umgang mit der Klimakrise auf persönlicher und kirchlicher Ebene
"Die Güte der Schöpfung Gottes und der Wert, der ihr zugesprochen wird, rufen die Menschen dazu auf, die Schöpfung und alle Aspekte die mit ihr zusammenhängen zu achten, sie zu schützen und zu pflegen."
Die Menschheit befindet sich in einer von ihr verursachten Klimakrise. Die Auswirkungen dieser Klimakrise können nicht länger ignoriert werden. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, eines davon ist die aktuelle Krisensituation in Österreich. Fakt ist, dass wir in Österreich innerhalb der letzten fünfundzwanzig Jahre drei Jahrhunderthochwasser hatten, die in Zusammenhang mit der Klimakrise stehen. Je wärmer die Luft, desto mehr Wasser kann sie aufnehmen. Je wärmer das Meerwasser, desto mehr Wasser verdunstet. Das führt dazu, dass es viel mehr Wasserdampf in der Luft gibt als normalerweise, was natürlich zu stärkeren Niederschlagsereignissen führt. Wenn der Boden versiegelt oder trocken ist, dann kann das Wasser nicht schnell genug versickern und die Kanalsysteme sind nicht auf so große Wassermengen ausgerichtet. So verursachen große Niederschlagsmengen Hochwasser, Überflutungen, Murenabgänge, Trinkwasserverunreinigungen und großen Sach- und Personenschaden.
Häufig werden einzelne Personen dazu aufgefordert, Änderungen an ihrem Lebensstil vorzunehmen, damit die Klimaziele erreicht werden können. Allerdings liegt das Erreichen der Klimaziele nicht allein in unseren Händen als Einzelpersonen. Natürlich haben wir einen Einfluss darauf, aber letztendlich sind es die Regierungen und Großunternehmen, die am längeren Hebel sitzen. Das trifft auch auf die Fragen von sozialer Ungerechtigkeit zu, die durch die ökologische Krise verursacht oder verschärft werden.
Viele Menschen fühlen sich angesichts der aktuellen Situation hilflos sowie hoffnungslos und fragen sich, was sie tun können, um die Lage zu verbessern. Als Christ*innen der methodistischen Tradition ist für uns klar: Jesus gibt uns Hoffnung und hat uns gelehrt initiativ zu sein. Wir sind aufgerufen, unsere Verantwortung für Gottes Schöpfung ernst zu nehmen und unsere Spielräume zu nutzen. Diese Haltung ist das Fundament unseres Engagements für die Bewahrung der Schöpfung. Auf diesem Fundament stehen drei Säulen, die das Grundgerüst unserer Arbeit in der Schöpfungsverantwortung bilden. Das vorliegende Dokument soll anhand dieser drei Säulen eine Hilfestellung für den Umgang mit der Klimakrise auf persönlicher und kirchlicher Ebene geben.
Drei Säulen der Schöpfungsverantwortung
Säule 1: Lebensstil
Als Christ*innen methodistischer Tradition werden wir aufgefordert nachhaltige Gewohnheiten und Praktiken einzuüben, einschließlich des Verzichts auf übermäßigen Konsum, der Wiederverwendung und des Recyclings von Materialien, der Vermeidung von Produkten, die die Umwelt verschmutzen oder anderweitig schädigen, und der Verringerung des ökologischen Fußabdrucks von Einzelpersonen und Familien durch die Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen für Heizung, Transport und andere Güter.
Menschen und Gemeinden werden eingeladen, ihren Lebensstil kritisch, aber liebevoll zu hinterfragen. Achten wir auf Gottes Schöpfung? Schützen und pflegen wir die Welt, die Gott uns gegeben hat? Hier geht es darum, uns damit auseinanderzusetzen, wie wir als einzelne Personen und Gemeinden, aber auch als Kirche unseren Alltag gestalten und ob wir umwelt-, tier- und menschenfreundlichere Entscheidungen treffen können. Umstellungen des Lebensstils sind dringend, sie brauchen Motivation, Zeit und Geduld, damit sie langfristig bestehen können.
- Hinterfragen: Warum müssen wir etwas ändern? Manche Menschen setzen sich schon viele Jahre mit der Klimakrise auseinander, für andere ist es ein neues Thema oder etwas, über das sie noch nicht viel nachgedacht haben. Nutzt diese Chance, um etwas darüber zu erfahren und versucht, aufgeschlossen zu sein. Wenn die Dringlichkeit noch nicht spürbar ist, führt Gespräche mit Menschen, die das wahrnehmen. Hört zu, stellt Fragen, recherchiert selbst und findet heraus, warum es wichtig ist, Gottes Schöpfung zu bewahren. Auch wenn die Dringlichkeit bereits da ist, gibt es immer etwas Neues über die Klimakrise und die Bewahrung der Schöpfung zu lernen.
- Reflektieren: Was machen wir bereits und was können wir ändern? Sind unsere Entscheidungen von Liebe getragen und verbreiten sie Liebe? Leben wir in einer gerechten Welt? Leben wir nach Jesu Vorbild? Kümmern wir uns um unsere Mitmenschen und unsere Umwelt? Konsumieren wir mehr, als wir wirklich brauchen? Was sind Änderungen, die machbar sind? Wie können wir unseren Konsum reduzieren? Wie erkennen wir, was wir wirklich benötigen? Was und wo kaufen wir ein? Wie ernähren wir uns? Wie kleiden wir uns? Wie gelangen wir zur Arbeit/Schule, zu Freunden oder in die Kirche?
- Verändern: Welches sind die kleinen Schritte und Veränderungen, die wir tun können? Hier ein paar einfache Beispiele und Anregungen als Ausgangspunkt:
- Beim Essen gehen, vegetarische oder vegane Gerichte bestellen
- Regionale und saisonale Lebensmittel kaufen
- Bei kleinen (regionalen) Geschäften und Second-Hand-Läden statt bei großen (internationalen) Ketten einkaufen
- Flugblätter und Newsletter abbestellen
- Einen wiederverwendbaren To-Go-Becher benutzen.
- Den Konsum von Lebensmitteln und Produkten reduzieren, die in Einweg-Plastik verpackt sind
- Vermeide es, Fast-Fashion-Artikel zu kaufen
- Kurze Strecken in der Stadt zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen
- Das Auto stehen lassen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen
- Wenn mit dem Auto gefahren wird, lieber langsamer als schneller fahren (Tempo 100)
- Personen ansprechen und fragen, wie es ihnen wirklich geht
- Sich in Gemeinden darüber austauschen, was gutes Leben ausmacht
- Beziehungen bilden, die einander gegenseitig stärken und die es unterstützen Änderungen im Lebensstil umzusetzen und durchzuhalten
- Auf eine positive Dynamik achten – Möglichkeiten aufzeigen und Menschen ermutigen (statt Schuldzuweisungen mir selbst und anderen gegenüber zu machen)
Säule 2: Ökologische und soziale Gerechtigkeit
Die Methodistische Kirche hat eine lange und erfolgreiche Geschichte des Engagements für soziale Gerechtigkeit. Ihre Mitglieder haben oft unverblümt Stellung bezogen zu kontroversen Fragen, die christliche Grundsätze betreffen.
Unser persönliches Verhalten und auch unser Verhalten als Gemeinden und als Kirche ist politisch. Wir haben das Glück, dass wir in Österreich in einer Demokratie leben. Im Rahmen unserer demokratischen Republik gibt es viele Möglichkeiten, mitzureden und mitzuentscheiden. Es gibt auch Möglichkeiten außerhalb des allgemeinen politischen Systems zu agieren.
- Mit unserer Teilnahme: An Wahlen und Demonstrationen teilnehmen. Wir haben das Recht, je nach Staatsangehörigkeit, auf verschiedenen politischen Ebenen an Wahlen teilzunehmen. Je mehr Menschen an Wahlen teilnehmen, desto repräsentativer sind die Ergebnisse. Auch diejenigen, die nicht wahlberechtigt sind, können sich beteiligen, indem sie an einer Pass-Egal-Wahl teilnehmen und so ihren Willen zum Ausdruck bringen. Demokratie ist aber mehr, als nur wählen zu gehen. Jede Person in Österreich hat das Recht an Demonstrationen teilzunehmen und je mehr Menschen an einer Demo teilnehmen, desto deutlicher wird den Entscheidungsträger*innen, dass dieses Thema der Bevölkerung wichtig ist! Die freiwillige Teilnahme an Organisationen, die sich für soziale und ökologische Gerechtigkeit, Umweltschutz, Hilfstätigkeit und so weiter einsetzen, bietet eine Möglichkeit, außerhalb des politischen Systems aktiv zu werden.
- Mit unseren Stellungnahmen: Wir haben auch in einer Demokratie die Möglichkeit, Stellungnahmen abzugeben, egal ob die Entscheidungsträger*innen diese haben wollen oder nicht. Durch Schreiben an Politiker*innen und Firmenbesitzer*innen können wir als Kirche, aber auch als Einzelpersonen, Entscheidungsträger*innen mitteilen, was uns fehlt oder warum uns etwas wichtig ist. Ein Beispiel dazu ist die Klimaresolution, die die EmK Österreich 2023 der österreichischen Regierung übermittelt hat.
Eine weitere Möglichkeit, um Stellung zu beziehen, ist die Unterstützung von Volksbegehren, Volksbefragungen und Petitionen. ACHTUNG: Es gibt sehr viele Petitionen und Befragungen, die im Internet verbreitet werden! Bitte immer die dazugehörigen Texte genau durchlesen und hinterfragen. Hier gilt wie bei Demonstrationen: Je mehr Teilnehmer*innen, desto stärker die Aussage. Daher ist es wichtig, sich für Themen, die persönlich, moralisch und ethisch vertretbar und wichtig sind, einzusetzen, aber gleichzeitig sich nicht überreden oder unterdrücken zu lassen.
Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit, unsere Stimmen in unserem beruflichen und sozialen Rahmen hörbar zu machen. Ist eine Person zum Beispiel Lehrer*in, dann kann sie in der Schule ihre Stimme bei der Konferenz, im Klassenzimmer und so weiter erheben. - Mit unserem Geld: Egal, was wir einkaufen und ob wir das Produkt, seine Herstellung oder das Unternehmen gut finden – mit unserem Geld bzw. Einkauf sagen wir „JA, das wollen wir” oder “das finden wir gut“. Umgekehrt, wenn wir Produkte kaufen, die wir ethisch und moralisch wirklich unterstützen möchten, sagen wir damit, dass wir diese besser finden als andere Produkte. Bewusstes Einkaufen ist nicht nur ermächtigend, weil wir selbst entscheiden können, was wir mit unserem hart verdienten Geld machen, sondern auch weil es einen direkten Effekt auf die Gesundheit des Planeten hat.
Eine weitere Möglichkeit ist es, mit unserem Geld einen Unterschied zu machen durch Spenden an lokale, aber auch internationale Organisationen, die sich für Mensch-, Tier- und Umweltschutz sowie soziale und ökologische Gerechtigkeit einsetzen.
Säule 3: Wissensaustausch
Als Methodisten bekennen wir, dass alles, was wir sind und was wir besitzen, Gott gehört. Wir sind zeitlich begrenzte Verwalter*innen der Ressourcen und materiellen Güter, mit denen wir uns bereichert haben. Nicht weniger als bei anderen Aspekten der Nachfolge sind wir bei unseren finanziellen Geschäften und Beziehungen verpflichtet, in allem, was wir tun, Gott und dem Nächsten zu dienen.
Innerhalb unserer Kirchengemeinden – und natürlich darüber hinaus – gibt es bereits viel Wissen und Erfahrung zu den Themen Umwelt- und Naturschutz, Schöpfungsverantwortung sowie ökologische und soziale Gerechtigkeit. In den verschiedenen Gemeinden in Österreich existieren bereits Projekte zu diesen Themen. Jetzt heißt es, sich zu vernetzen: Gerne bei klima@emk.at melden, um über die Initiativen in der eigenen Gemeinde zu berichten und sich mit den Initiator*innen der anderen Gemeinden zu vernetzen. Bei Interesse an dem Thema ist eine Kontaktaufnahme ebenfalls erwünscht und wird gefördert. Das Netzwerk Schöpfungsverantwortung muss sichtbarer werden, damit wir ressourcenschonend so viel wie möglich umsetzen und einander unterstützen können.
- Austauschen: Sprecht in der Gemeinde, in der Schule, in der Arbeit, zuhause darüber. Redet mit Kolleg*innen, Freunden und mit Familienmitgliedern über das Thema Klima und Soziale Gerechtigkeit, teilt eure Ideen und Sorgen. Der Kirchenkaffee ist der perfekte Ort, durch zwanglosen Austausch unser kirchliches Netzwerk und die Beziehungen zu stärken. Persönliche Beziehungen sind noch immer der wichtigste Faktor für eine Änderung von Verhalten und Einstellung.
- Weiterentwickeln: Wie bereits erwähnt, gibt es einige Initiativen in den verschiedenen Gemeinden, die ausgebaut und weiterentwickelt werden können. Zusammen mit anderen Gemeinden oder sogar mit Nachbarländern können wir mehr Menschen erreichen und motivieren, sich ebenfalls mit dem Thema Schöpfungsverantwortung auseinanderzusetzen und Veränderungen zu bewirken. Auf unserer Webseite der EmK Österreich können Impulse für die Förderung der Schöpfungsverantwortung sowie Berichte über die „Ist-Situation“ bzw. diverse Projekte veröffentlicht werden.
- Bilden: Pastor*innen, Sonntagsschullehrer*innen, kirchenleitende Personen, Prediger*innen und Gottesdienstleitende: Integriert das Thema in eure Plattformen, Predigten, Sonntagsschulstunden, Bibelkreise, Gottesdienste und so weiter. Erzählt, warum das Thema so wichtig ist, besonders für uns als Christ*innen. Zeigt auf, was wir tun können. Ladet zu Gesprächen zu dem Thema ein.
Es geht nicht darum, Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie etwas tun oder nicht tun. Das Wichtigste ist, dass wir in unserem Verhalten nicht perfekt sein müssen, sondern dass wir versuchen, nach dem Vorbild von Jesus zu leben, indem wir uns selbst, unsere Mitmenschen und unsere Umwelt mit Liebe behandeln, auch wenn wir unseren Vorsätzen manchmal nicht gerecht werden.
Es geht darum, Mut zu machen und die Entwicklung unserer Kirche zu fördern.
Gemeinsam können wir letztendlich etwas bewirken.
Hintergrund
Dieses Grundsatzdokument wurde unter Leitung von Simone Viljoen zusammen mit einer Gruppe Menschen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, sowie der Steuerungsgruppe des Netzwerk Christliche Weg- und Lerngemeinschaft erarbeitet.
Die neu revidierten Sozialen Grundsätze der Evangelisch-methodistischen Kirche wurden von der Generalkonferenz der United Methodist Church im Mai 2024 verabschiedet und sind hier als Text englischen Original abrufbar. Die offizielle deutsche Übersetzung ist noch in Arbeit; die hier vorliegenden Zitate sind daher eine nicht autorisierte, eigene Übersetzung.