Dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat

Glaubensimpuls

Bild von Sonja Herler
Sonja Herler

Predigthelferin


Glaubst du an die Person Jesu Christi oder an seine Botschaft?

Liebe Gemeinde. liebe Schwestern und Brüder ,

ich möchte zu Beginn der Predigt kurz einige Gedanken mit euch über das Johannesevangelium teilen, was es zur Person Jesu sagt und wodurch es sich von den anderen Evangelien unterscheidet. Es soll keine theologische Abhandlung sein, das würde ich einem Theologen überlassen. Ich kann nur darüber reden, wie die Ausdrucksweise und die Worte des Johannesevangeliums  mein Bild von Jesus Christus und seine Bedeutung für mein Leben prägen.

Beim Lesen des Johannesevangeliums fällt auf, das es anders ist. Anders als das Markus-, das Matthäus- und das Lukasevangelium. Es nimmt uns direkt in den Willen Gottes, ja in das Sein Gottes hinein. In den anderen Evangelien wird Jesus Christus als Mensch beschrieben; bei Matthäus als König Israels, bei  Markus als Prophet und Diener und bei  Lukas als Sohn des Menschen. Im Johannesevangelium aber wird zuerst Gott dem Menschen hier auf Erden vorgestellt, Gott offenbart sich, zeigt sich in einem Menschen. Alles im Evangelium nach Johannes zielt darauf hin, die Gottheit Jesu zu zeigen. Gleich im ersten Kapitel heißt es:

Am Anfang war das Wort; das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Der, der das Wort ist, war am Anfang bei Gott.
Durch ihn ist alles entstanden; es gibt nichts, was ohne ihn entstanden ist.
In ihm war das Leben, und dieses Leben war das Licht der Menschen.
Im Johannesevangelium wird besonders deutlich, dass wir in Jesus Gott erleben. Seinen Willen, sein Wesen.

Als König Israels, wie im Matthäusevangelium beschrieben, musste Jesus ein Geschlechtsregister haben, das seine Abstammung über den König David auf Abraham zurückführte. Als Sohn des Menschen, wie er im Lukasevangelium genannt wird, musste sein Geschlechtsregister auf Adam,  auf die Erschaffung des Menschen, zurückgehen. Bei einem Knecht, so wie Markus ihn beschreibt, fragt man nicht nach der Abstammung. Es ist deshalb auch kein Geschlechtsregister nötig.

Der Schreiber des Johannesevangeliums spricht nicht von der Geburt in Bethlehem, nicht von der Beschneidung nach dem Gesetz, nicht von der Weissagung Simeons, nicht von der Taufe durch Johannes den Täufer oder von der Versuchung in der Wüste. Er schreibt auch nicht über den Seelenkampf in Gethsemane. Alles im Evangelium nach Johannes zielt darauf hin, die Gottheit Jesu zu zeigen. Für mich zeigt sich Gott in diesem Evangelium an direktesten.

Und nun komme ich zu der Stelle des Evangeliums, die sich auf die 2. Gottesdienstlesung bezieht, nämlich auf das Kapitel 6, die Verse 24-35. Diese Verse wiederum beziehen  sich auf die bekannte wundersame Brotvermehrung, auf die Speisung der 5000. Jesus macht 5000 Menschen mit nur zwei Fischen und fünf Broten satt. Die Menschen, die dieses Wunder miterlebt hatten und satt geworden sind, wollten ihn zu ihrem König machen, woraufhin sich Jesus zurückzog. Die Menschen suchten ihn und fanden ihn auf der anderen Seite des Sees. Sie fragen ihn, wann er hierhergekommen sei, und Jesu Antwort lautete: Ihr sucht mich nicht, weil ihr meine Wunder als Zeichen verstanden habt, sondern weil ihr von dem Brot gegessen habt und satt geworden seid. Bemüht euch nicht um vergängliche Nahrung, sondern um wirkliche Nahrung, die für das ewige Leben vorhält. Diese Nahrung wird euch der Menschensohn geben, denn ihn hat Gott, der Vater, als seinen Gesandten bestätigt. Die Leute fragten weiter: Was müssen wir denn tun, um Gottes Willen zu erfüllen? Jesus antwortete: Gott verlangt nur eins von euch: Ihr sollt den anerkennen, den er gesandt hat.

In der Genfer Bibelübersetzung lautet der letzte Teil der Antwort: Gottes Wille wird dadurch erfüllt, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat. Auch Luther übersetzt: dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.

Diese Verse beinhalten viele Themen, über die man nachdenken und predigen könnte. Doch ich möchte zunächst auf die Aussage Jesu eingehen: Gottes Wille wird dadurch erfüllt, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.

Jesus hat auf die Frage, Was müssen wir denn tun, um Gottes Willen zu erfüllen? nicht gesagt, dass ihr dem glaubt, den er gesandt hat, sondern, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat. Diese Antwort Jesu muss die Leute vor den Kopf gestoßen haben. Erstens haben sie von Jesus keine Tipps erhalten, was sie praktisch tun können, um den Willen Gottes zu erfüllen und zweitens wäre es leichter dem zu glauben, den er gesandt hat, glauben, was er sagt, an die Sache, die er vertritt. Aber an den zu glauben, ist nun doch etwas anderes. An den glauben ...? Das heißt doch: Es geht nicht um die Sache, sondern um seine Person. Das heißt doch: Nicht das, was er redet und 
tut, ist das Wichtigste, sondern wer er eigentlich ist. Wer ist Jesus in den Augen der Leute zu denen er gerade spricht – er ist keine hochgestellte Persönlichkeit in der damaligen Gesellschaft, er ist kein Pharisäer, kein einflussreicher Mann. Er ist Sohn eines Zimmermannes und stammt aus ärmlichen Verhältnissen.

Die Menschen forderten somit einen Beweis dessen, dass er es wert ist, an ihn zu glauben und wollten ein Wunder sehen. Sie verwiesen auf Mose, der ihnen in der Wüste das Manna, das Brot vom Himmel zu essen gab. Es ist einfacher, besondere Menschen zu verehren, die man sieht und vor sich hat und zu sagen, Mose gab uns Brot in der Wüste. Doch Jesus geht auf eine spirituelle Ebene, verweist auf Gott und erwidert: Ich sage euch: Das Brot vom Himmel hat euch nicht Mose gegeben; es ist mein Vater, der euch das wahre Brot vom Himmel gibt. Und dann sagt Jesus noch weiter: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“

Hier geht es um Gott selbst, der sich im Menschen Jesus den Menschen offenbart hat. Der Schöpfer des Universums, dessen Wille es ist, an ihn zu glauben. Diese Macht der Liebe, die Leben ist. An diese Macht der Liebe, die das Leben ist, die Jesus Christus verkörpert hat, gilt es zu glauben.

Doch Glauben, was ist das? Wenn Christen vom Glauben sprechen, sprechen sie von dem lateinischen Wort „credo“. Ich vertraue. Dieses lateinische Wort „credo“ kommt von „cor-do“. Das bedeutet: ich gebe mein Herz. Wem ich mein Herz gebe, dem vertraue ich. Glauben heißt also Vertrauen und hat nichts mit Wissen zu tun. Glaube bedeutet viel mehr, als einfach vorgegebene Wahrheiten zu akzeptieren oder es für wahrscheinlich zu halten, dass Gott existiert. An Gott zu glauben bedeutet, mit Herz und Verstand die Existenz Gottes zu bejahen, diesem Gott mein Leben anzuvertrauen, ihm zu vertrauen, dass er es gut mit mir meint, in guten und in schweren Zeiten. Diese Form des Glaubens schließt den Willen genauso ein wie die Gefühle und Gedanken, also den ganzen Menschen.

In Jesu Aussage: Ich bin das Brot des Lebens, wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben, geht es um den Sinn des Lebens, und er meint damit: Ich vertreibe die Einsamkeit deines Herzens. Ich überwinde deine Angst vor dem Ende. Ich heile die Brüche in deinem Leben. Ich schenke Dir Lebensmut. Ich rüste dich mit Geduld und Hoffnung aus. Denn ich bin das Brot, die Stärkung für deine Seele und der Trank, die Erquickung für deinen Geist.

Wer sich auf Jesus Christus als Gottes Sohn, als sein Wort einlässt, dessen Hunger nach Leben wird gestillt. Der wahre, der echte Hunger nach Leben. Ich muss mich nicht immer weiterdrehen in meinen Denk- und Verhaltensmustern wie in einem Hamsterrad. Nicht die Gier reißt mich da heraus. Auch nicht das Maßlos-Sein.

Die Menschen, die in den Evangelien mit Jesus Christus zu tun hatten, haben die Fülle des Lebens erfahren. Sie kommen mit ihren ganzen Lebensgeschichten zu ihm. Sie bringen mit, was sie prägt und quält: ihren Reichtum, ihre Krankheit, ihre Schuld, ihre Trauer und legen sie bei ihm ab und erfahren, dass ihr Kummer aufhört. Dass sie frei atmen und aufrecht gehen können. Dass sie neue Kraft haben. Dass ihr Herz erleichtert ist.

Das geschah nicht nur damals. Auch heute können wir unsere Lasten bei Jesus Christus ablegen; beim Bedenken seiner Worte, im Gebet, im Singen und Zuhören. Wir können unsere ganze Lebensgeschichte offen legen. Sagen, wer wir sind. Was uns prägt. Welche Gedanken uns quälen. Worauf wir vertrauen. Wir brauchen nichts zu verbergen. Nichts schamhaft zu verschweigen. Nichts zu verdrängen. Wir können es ablegen und hinter uns lassen. Und erhalten Brot, Nahrung für unser Leben.


Und noch ein Gedanke: Die Menschen, die sich in den biblischen Geschichten an Jesus wenden, bleiben nicht für sich. Sie werden Teil seiner Gemeinschaft und sind in ihr aufgehoben.
Das ist heute nicht anders. Der Glaube an Jesus Christus ist auf Gemeinschaft hin angelegt. 
In unserer Zeit wird oft auf die Vereinsamung vieler, besonders alter Menschen hingewiesen. In Jesus das Brot des Lebens zu erkennen, beinhaltet die Überwindung des Alleinseins. Die Mauern der Einsamkeit abzubrechen.
Schließlich: Das Stillen des Hungers nach Lebenssinn, das Brot für die Seele, ist nicht für ferne Zeiten versprochen. Heute können wir es zu uns nehmen. Heute  können wir damit anfangen, unseren Durst nach dem wahrem Leben zu stillen im Gebet, im Tun des Guten, im Trachten danach, in der Liebe zu wachsen, in der Auseinandersetzung mit dem Leben Jesu und mit seinem Wirken, ihn zum Vorbild zu nehmen. Das ist der wahre Reichtum des Lebens, der über den Tod hinaus geht. 

Amen.

Ihr Browser ist veraltet!

Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser, um diese Website korrekt darzustellen. Den Browser jetzt aktualisieren