Gesang am gläsernen Meer

Glaubensimpuls

Bild von Esther Handschin
Esther Handschin

Pastorin, Erwachsenenbildung


Betrachtung zum Monatsspruch für den Oktober: Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker. (Offenbarung 15,3)

Das Buch der Offenbarung, dem der Monatsspruch für den Oktober entnommen ist, ist durchzogen von Worten des Lobpreises. Zwischen den Schilderungen dessen, was am Ende der Zeit geschehen wird, steht immer wieder das Lob Gottes. Am Ende der Zeit singen die Erlösten ihre Lieder, um Gott die Ehre zu geben. Inmitten von Leid, Anfechtungen und Not, erklingt der Gesang, der Gott und seine Herrschaft in den Mittelpunkt stellt. Am gläsernen Meer singen sie zum Klang der Harfen Gottes: „Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.“

Wir erleben seit geraumer Zeit, dass nicht mehr alles so leicht geht, wie wir es für lange Zeit gewohnt waren. Die Pandemie brachte Einschränkungen mit sich. Der – wenn auch entfernte Krieg in der Ukraine – zieht seine Kreise bis zu uns durch die Energieknappheit und die steigenden Preise. Im Vergleich zu anderen Weltgegenden geht es uns nach wie vor gut. Wir leiden keinen Hunger. Aber wenn Gewohntes nicht mehr so leicht vonstatten geht, dann spüren wir es.

Wie lautet dann unser Lied, das wir singen? Heulen wir mit im Gejammer und der Klage über die schlechten Zeiten? Stimmen wir ein in den Ruf nach Sonderzahlungen und Preisdeckelungen? Lamentieren wir über Inflation und gestiegene Preise?

Die Geplagten und Geschundenen aus dem Buch der Offenbarung stimmen ein anderes Lied an. Sie erheben in ihrer Not keinen Schrei der Verzweiflung und keinen Ruf der Not. Sie singen von der Größe und der Gerechtigkeit Gottes. Sie erinnern sich an Gottes Taten und machen sich bewusst, dass ihr Gott der Herrscher über die ganze Schöpfung ist. Sie preisen die Zuverlässigkeit und Treue Gottes und singen ihm ihr Lied als dem König aller Völker.

Gott loben in solchen Zeiten, geht das? Wäre da nicht eine Schimpftirade angebrachter? Damit könnten wir auf jeden Fall unserem Ärger besser Luft machen.

Aber Gott zu loben hat gerade in Zeiten der Not auch sein Gutes – so paradox es klingen mag. In biblischen Lobpsalmen, in Lobgebeten und Lobliedern mache ich mir – unabhängig von meiner eigenen Stimmungslage und Verfassung – bewusst, was Gott alles tut und getan hat. Ich rufe mir sein Handeln zu meinem Heil und zum Heil der Menschen in Erinnerung. Vielleicht fällt mir dabei konkret eine Begebenheit ein, wo ich selbst Gottes Hilfe und Unterstützung erfahren habe: durch andere Menschen, durch seine Gegenwart und Nähe, durch „glückliche Zufälle“. Mir das konkret vor Augen zu führen, gibt mir einen anderen Blick auf die gegenwärtige Situation. So entdecke ich neue Aspekte, die ich bisher nicht gesehen habe. Mir gehen Zusammenhänge auf, die ich noch nicht wahrgenommen habe. So werde ich dankbar über die Not hinaus.

Ihr Browser ist veraltet!

Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser, um diese Website korrekt darzustellen. Den Browser jetzt aktualisieren