Liebe deine Feinde

Glaubensimpuls


Eine Predigt zu Lukas 6,27-38

 Lukas 6,27-38

Euch aber, die ihr zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen! 28 Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen! 29 Dem, der dich auf die eine Wange schlägt, halt auch die andere hin und dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd! 30 Gib jedem, der dich bittet; und wenn dir jemand das Deine wegnimmt, verlang es nicht zurück! 31 Und wie ihr wollt, dass euch die Menschen tun sollen, das tut auch ihr ihnen! 32 Wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Dank erwartet ihr dafür? Denn auch die Sünder lieben die, von denen sie geliebt werden. 33 Und wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, welchen Dank erwartet ihr dafür? Das tun auch die Sünder. 34 Und wenn ihr denen Geld leiht, von denen ihr es zurückzubekommen hofft, welchen Dank erwartet ihr dafür? Auch die Sünder leihen Sündern, um das Gleiche zurückzubekommen. 35 Doch ihr sollt eure Feinde lieben und Gutes tun und leihen, wo ihr nichts zurückerhoffen könnt. Dann wird euer Lohn groß sein und ihr werdet Söhne des Höchsten sein; denn auch er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. 36 Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist! 37 Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden! Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden! Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden! 38 Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß wird man euch in den Schoß legen; denn nach dem Maß, mit dem ihr messt, wird auch euch zugemessen werden.

(zitiert aus der Lutherbibel, 2017)

Ein schwieriger Text – und doch so wichtig!

Ganz schön hart ist der Predigttext für den heutigen Sonntag. 
Es klingt fast wie nicht von dieser Welt! 
Ist das, was wir erleben nicht das genaue Gegenteil? Und ist es nicht schon schwer genug seinen Nächsten zu lieben? Muss es auch noch der Feind sein??

Doch eigentlich ist es Hauptinhalt der christlichen Lehre. Gott hat uns lieb, auch wenn wir uns nicht so benehmen wie er das gerne möchte. Auch wenn Menschen sich nicht um Gott kümmern oder ihm ins Gesicht sündigen. Gott behält sie lieb und sehnt sich danach, dass sich diese Menschen wieder zu ihm wenden. Ganz so wie in dem Gleichnis vom verlorenen Sohn.

Gott liebt grenzenlos; seine Liebe unterscheidet nicht zwischen Lieblingen und unerwünschten Personen. Und nun sagt Jesus zu seinen Jüngern (und damit auch zu uns): Nehmt euch den himmlischen Vater zum Vorbild! Genauso, wie er liebt, sollt auch ihr lieben. Wenn ihr das tut, habt ihr großen Segen davon. Es ist wie bei allem, was Jesus uns aufträgt. Es kann und soll zu unserem Besten dienen. Wörtlich sagt Jesus: "Liebt eure Feinde! … So wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten sein; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ Was das im Einzelnen bedeutet, zeigen die Beispiele, die Jesus in seiner Predigt anspricht. 

Ich habe einige Kommentare zum Thema gelesen und die meisten sind der Meinung, dass wir sie nicht als Gesetze missverstehen sollen, an die man sich sklavisch halten muss. Sie wollen einfach anschaulich machen, mit welcher inneren Einstellung wir leben sollen.

Was meint Jesus mit der Aufforderung zur Feindesliebe?

Jesus sagt: "Tut wohl denen, die euch hassen." Etwas später heißt es ausführlicher: "Wenn ihr euren Wohltätern wohltut, welchen Dank habt ihr davon? Denn die Sünder tun dasselbe auch." Als Christ kann man sich überlegen, wie man sich einem Menschen gegenüber verhält, von dem man sich gehasst fühlt. Was kann ich diesem Menschen Gutes tun? Lob ist z.B. eine Möglichkeit, Wind aus dem Segel zu nehmen. Die christliche innere Einstellung ist geprägt von dem Satz Jesu: "Tut wohl denen, die euch hassen." Die moderne Psychologie sagt: Ändere deine Einstellung und dadurch kann alles anders werden.

Es ist wie bei vielen Dingen, die uns Jesus sagt. Das Ganze schaut unerreichbar aus, jedoch wenn wir es versuchen, ist es zu unser Menschen besten. Nur wenn dieser Weg versucht wird, kann Frieden entstehen. 

Jesus sagt weiter: "Segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen." So können wir still für die beten, die da fluchen, und darum bitten, dass Gott sie segnet und aus ihrer Verblendung erlöst. Unsere innere Einstellung sei geprägt von Jesu Satz: "Segnet, die euch verfluchen."

Jesus sagt: "Wer dich auf die eine Backe schlägt, dem biete die andere auch dar." Wir müssen dabei beachten: Auch hier geht es nicht um eine Handlungsanweisung, sondern um die innere Einstellung der Christen. Ich nehme hier das Beispiel Ehescheidung. Wieviel wird da oft kaputtgemacht und gerade die eigenen Kinder werden als Waffe gegen den Partner verwendet. Da zahlt es sich ganz besonders aus, die andere Backe hinzuhalten. Damit die Kinder nicht  leiden müssen. Und wie es sich auszahlt, wenn beide Eltern das Wohl der Kinder im Fokus haben, das habe ich persönlich erlebt. Der Gewinn ergibt sich über Jahrzehnte. Der Gewinn ist Friede in der Familie, in Liebe leben können mit den Kindern. Und nicht zu unterschätzen ist das Beispiel zur Nachahmung, das man gibt.

Jesus sagt: "Wer dir den Mantel nimmt, dem verweigere auch den Rock nicht. Wer dich bittet, dem gib; und wer dir das Deine nimmt, von dem fordere es nicht zurück." Das ist schwer zu begreifen. Soll man einem Dieb wirklich erlauben, dass er einen noch mehr ausplündert? Wieder gilt: Für die menschliche Gesellschaft insgesamt ist es wichtig, dass Diebe bestraft und am weiteren Stehlen gehindert werden. Das soll aber nicht aus persönlicher Habgier geschehen, und so kann der einzelne Christ in bestimmten Fällen auch mal großzügig sein. Wenn zum Beispiel ein hungriger Mensch uns ein Brot aus der Einkaufstasche stibitzt, muss man ihn nicht unbedingt anzeigen, sondern kann ihm gern auch noch den Käse dazu schenken, damit er das Brot nicht trocken essen muss. Jesu Grundsatz lautet: Seid freigiebig!

Weiter sagt Jesus: "Wie ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, so tut ihnen auch." Das ist ein ganz berühmter Satz; er wird die Goldene Regel genannt. Ein deutsches Sprichwort drückt es so aus: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu." Wir sollen nach dem Grundsatz leben: Behandelt andere Menschen so, wie ihr selbst behandelt werden wollt!

Und Jesus sagt: "Wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Dank habt ihr davon? Denn auch die Sünder lieben ihre Freunde. Und wenn ihr euren Wohltätern wohltut, welchen Dank habt ihr davon? Denn die Sünder tun dasselbe auch." Wieder erinnert Jesus daran, dass unsere Liebe so grenzenlos sein soll wie Gottes Liebe. Wenn das beherzigt wird, ist die innere Einstellung geprägt von dem Grundsatz: Tut nicht nur denen Gutes, die euch Gutes tun!

Jesus sagt noch: "Wenn ihr denen leiht, von denen ihr etwas zu bekommen hofft, welchen Dank habt ihr davon? Auch die Sünder leihen den Sündern, damit sie das Gleiche bekommen." Und da gilt der Grundsatz: Verleiht auch dann etwas, wenn es sich nicht für euch lohnt! Ich sehe dieses Gebot auch vor dem Unterschied zwischen Reich und Arm. Welch großes Vermögen haben wenige Reiche dieser Welt und wie wenig der Großteil der Armen. Stefan Schröckenfuchs hat Gedanken aus der Wärmestube gesandt unter dem Titel Zufriedenheit und Gerechtigkeit. Ich kann diesen Artikel, der auf unserer Homepage unter der Rubrik Glaubensimpulse zu finden ist allen nur empfehlen. Er schreibt unter anderem: "Das Vermögen der zehn Reichsten verdoppelte sich während der Pandemie. Soziale Ungleichheiten haben sich einem Bericht der Organisation Oxfam zufolge in der Corona-Pandemie noch verstärkt. Während sich das Vermögen der zehn reichsten Milliardäre verdoppelt habe, lebten mehr als 160 Millionen Menschen zusätzlich in Armut."

Nicht dass ich irgendetwas von diesem Unterschied für mich haben möchte. Überhaupt nicht. Ich bin glücklich und zufrieden wie es mir geht. Aber es gibt so viel Armut und Not auf dieser Welt, dieser Unterschied ist für mich total unanständig. Dieses Gebot Jesu sehe ich auch unter diesem Aspekt.

Nun wissen wir also Bescheid, welche innere Einstellung wir Christen haben sollen. Wir sollen unsere Mitmenschen grenzenlos lieben – ohne Mauer im Kopf und ohne danach zu fragen, ob es sich für uns lohnt. Unsere Liebe soll sich dabei an der grenzenlosen Liebe unseres himmlischen Vaters orientieren. Es stellt sich die Frage: Gelingt uns das auch? Haben wir diese Einstellung, und lassen wir uns immer von dieser Einstellung leiten? Jesu Worte dienen uns auch dazu, dass wir erkennen: Wir sind noch weit davon entfernt. Auch wenn wir gern die Einstellung wie Jesus haben möchten, es gelingt uns oft nicht; der Egoismus und die Vorbehalte gegenüber schwierigen oder fremden Menschen kommen uns immer wieder in die Quere. Jesu Worte sind wie ein Spiegel, in dem wir erkennen: Wir sind noch nicht so, wie Gott uns haben will. Überlegen wir auch: Was macht es gesundheitlich mit einem Menschen, der hasserfüllt ist? Man braucht nur hinhören auf die Worte. Hass macht bitter. Hass verhärtet das Herz. Das hört sich sehr ungesund an. Lieben macht das Herz weich. Lieben macht positiv. Das hört sich gesund an. Ich habe mir schon öfter die Sendung von Peter Resetarits "Am Schauplatz" angeschaut. Da geht es meistens um Nachbarschaftsstreitigkeiten. Zum Teil übersteigen die Kosten des Streites den Streitwert um ein vielfaches. Und wenn man diesen verbitterten Menschen ins Gesicht schaut: Verbitterung, Hass und Sturheit schauen einen an. Das kann man wirklich erkennen. Diese Gebote Jesu als Ziel zu haben, macht Sinn. Entwickelt hat sich immer nur ein Land oder eine Familie, die Feindschaft überwunden hat und im Frieden lebt. 

Der Film "Selma" ist auch ein Beispiel dafür. Er hat viele Menschen bewegt. Selma ist eine kleine Stadt in Alabama. Vor 50 Jahren protestierten dort Schwarze, weil sie in ihrem Wahlrecht beschnitten wurden. Während Martin Luther King in Oslo den Friedensnobelpreis empfing, wurden in Selma vier Mädchen von Weißen ermordet. Daraufhin organisierten Schwarze und Weiße zusammen einen Marsch in die 80 km entfernte Hauptstadt Montgomery. Der Marsch wurde mit brutaler Gewalt niedergeknüppelt. Sheriff Jim Clark war der Feind. Den zweiten Marsch führte Martin Luther King an. Als er beim Verlassen der Stadt wegen des hohen Polizeiaufgebots Gewalt fürchtete, sprach er ein Gebet und blies den Marsch ab. Erst der dritte Marsch der Bürgerrechtler erreichte friedlich die Hauptstadt. Am Ende des gewaltlosen Kampfes stand das volle Wahlrecht für alle Schwarzen, das ihnen die Verfassung eigentlich längst zugestanden hatte. "We shall overcome" sangen sie auf ihrem Weg. Immer wieder. We shall overcome. Wir werden überwinden. Eines Tages wird es Frieden geben. Wir kennen den Ausgang der Geschichte. Martin Luther King wurde von einem Fanatiker ermordet. Der Name des Mörders ist vergessen, aber der Name Martin Luther Kings ist in aller Munde als Beispiel der Feindesliebe. Unvergessen.

Das Thema Feindesliebe ist emotional hoch besetzt. Hass und Gewalt: Da gehen die Gefühle ab. Jesus antwortet sehr rational und argumentiert und verweist auf Gott. Feindesliebe ist vernünftig. Feindesliebe ist sinnvoll und klug und zukunftsweisend. Es geht nicht ums Empfinden, sondern ums Tun. Mir fallen in diesem Zusammenhang die Worte von Viktor Frankl ein. Er hat jahrelang in verschiedenen Konzentrationslagern gesessen.

Seine Worte: "Eine der letzten Freiheiten des Menschen ist es, eine selbst gewählte Haltung zu den Umständen des Lebens einzunehmen." Viktor Frankl

Der Dichter Erich Fried, Jude und Atheist, bestätigt diese Sicht Jesu in seiner Aussage: Weltfremd wer denkt, dass die Feindesliebe unpraktisch ist. Er bedenkt nicht die Folgen des Feindeshasses. Es ist eine immer wiederkehrende Endlosschleife, die nur durch eins unterbrochen werden kann: Liebe deine Feinde! Wenn man sich intensiver mit unserem heutigen Text auseinandersetzt, wird klar welch ungeheure Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um unsere Welt immer wieder ein bisschen besser zu machen. Jesus hat uns mit diesem heutigen Text wieder Möglichkeiten gegeben, dies in die Praxis umzusetzen.

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. AMEN.

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