Empfangen und widerspiegeln
Glaubensimpuls
Bischof Mittel- und Südeuropa
Das Motto der diesjährigen Tagung der Jährlichen Konferenz Serbien-Nordmazedonien-Albanien lautete: »Siehe, ich mache alles neu« (Offenbarung 21,5). Zum Abschluss predigte ich über die vorangehenden Verse. Im 2. Vers beschreibt Johannes, wie er die Heilige Stadt vom Himmel herabkommen sieht, von Gott her. Nicht durch Menschenhände, sondern durch Gottes Hände ist sie gemacht. Nicht von unten nach oben, wie wir Menschen unsere Bauwerke errichten, sondern von oben nach unten entsteht Gottes Stadt.
Einer der Superintendenten fragte in seinem Bericht nach dem Auftrag der Kirche. Eine Teilantwort gibt der erwähnte Vers: Es ist nicht der Auftrag der Kirche, die Heilige Stadt, gemeint ist Gottes neue Welt, die neue Schöpfung zu erschaffen. Dies ist ganz und gar Gottes Geschäft! Die Geschichte zeigt denn auch: Wo Menschen in der Vergangenheit versucht haben, das Paradies auf Erden zu errichten, misslang es gründlich, und Ungerechtigkeit und Gewalt nahmen nicht ab, sondern zu. Eigentlich kein Wunder! Denn wenn Menschen Gottes Platz einzunehmen versuchen, kann es nur schiefgehen.
Was ist dann aber unser Geschäft? Ich versuche es so: Unsere erste Aufgabe ist es, uns von Gott lieben zu lassen, uns ihm und seiner bedingungslosen Liebe einfach auszusetzen, unsere leeren Hände ihm hinzustrecken, damit er sie füllt. Unsere zweite Aufgabe: Erfüllt und durchdrungen von seiner verwandelnden Liebe ihn zu lieben, ihm von unserer Zeit zu schenken, ihn zu loben. Schließlich, verwandelt und befähigt durch seine Liebe, den Menschen und allen Geschöpfen Gutes zu tun, dadurch Gottes Liebe in dieser Welt widerzuspiegeln und weiterzutragen. Dies bedeutet, etwas davon widerzuspiegeln, was die »Heilige Stadt«, Gottes neue Welt kennzeichnet: Gottes Liebe, Schalom, Gerechtigkeit, Freude.
Ist das nicht entlastend und befreiend und Grund zur Dankbarkeit und Freude? Nicht krampfhaft Gottes neue Welt errichten zu müssen, sondern einfach zu empfangen und widerzuspiegeln, was er an uns tut! Und zu staunen darüber, wie immer wieder unsere Worte zu seinen Worten werden und unsere Taten zu seinen Taten!
Bischof Stefan Zürcher
Fotocredit: pixabay
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