Matthias wird zum Apostel gewählt

Glaubensimpuls

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Alexander Mühlberger

Predigthelfer, EmK Salzburg


Eine Predigt über Apostelgeschichte 1,15-26 

Kurz nach Himmelfahrt

Christi Himmelfahrt liegt gerade hinter uns. Heutzutage dürfen wir uns über einen freien Arbeitstag freuen und mit einem Urlaubstag dazu hatten vielleicht ein paar von uns ein langes Wochenende.

In der Bibel weist Jesus die Gemeinde kurz vor seiner Himmelfahrt dazu an, in Jerusalem zu bleiben, bis sie „in wenigen Tagen mit dem Heiligen Geist getauft werden“ (Apostelgeschichte 1,5) – das heißt bis Pfingsten.

Und während dieser Zeit trifft sich die Gemeinde regelmäßig zum Gebet.

Die Rede des Petrus über Judas

Heute haben wir eine Rede von Petrus am Anfang der Apostelgeschichte gehört. Die Gemeinde, die – schon als Jesus noch unter ihnen war – stets eine gemischte Gemeinschaft, d.h. mit Männern und Frauen, war, versammelte sich in Jerusalem im oberen Stockwerk eines Hauses. Es waren etwa 120 Menschen dort und bei einer dieser Versammlung ergreift Petrus das Wort:

„Judas hat den Männern, die Jesus festnahmen, den Weg gezeigt. Dabei gehörte er doch zu uns.“ (Apostelgeschichte 1,16-17).

All die Ereignisse der letzten Zeit müssen sehr nervenaufreibend für die Anhänger Jesu gewesen sein. Dass ihr Lehrer und Meister, den sie als den Messias erkannt haben, von jemandem aus ihren eigenen Reihen verraten wurde und als Resultat daraus auch noch sterben musste, stieß bei der versammelten Gemeinde und den Aposteln wohl auf großes Unverständnis. Jesus hat ihnen doch drei Mal seinen Tod angekündigt, aber sie dürften ihn wohl nicht verstanden haben.

Was war das Schicksal des Judas?

Aber was ist mit Judas passiert, nachdem er Jesus verraten hatte? Darüber finden wir zwei verschiedene Darstellungen in der Bibel.

Im Text aus der Apostelgeschichte erzählt Petrus der versammelten Gemeinde in seiner Rede, dass Judas mit dem Silber, das er von den Priestern für den Verrat von Jesus an sie bekommen hatte, ein Stück Land gekauft hatte, auf dem er zu Sturz kam und anschließend seine Eingeweide herausquollen. Seitdem wird dieses Land „Blutacker“ genannt.

In Matthäus 27,3-5 wird hingegen beschrieben, dass nachdem Judas erfuhr, dass Jesus zum Tode verurteilt wurde, er so ein schlechtes Gewissen bekam, dass er das besagte Geld den Schriftgelehrten zurückwarf und sich anschließend erhängte. Die Priester und Ratsältesten kauften anschließend mit diesem Geld ein Grundstück, das als Friedhof für Nicht-Juden dienen sollte und „Blutacker“ genannt wurde.

Zwei völlig unterschiedliche Überlieferungen, die scheinbar einen eindeutigen Widerspruch in der Schrift darstellen. Aber welche Geschichte stimmt nun? Die von Matthäus oder die von Lukas, dem Verfasser der Apostelgeschichte? Es kann ja nur eine davon wahr sein, nicht?

Als ich mir diese beiden Geschichten durchgelesen habe, ist mir Folgendes aufgefallen: Im Matthäus-Evangelium beschreibt der Evangelist seine Darstellung wie einen chronologischen Tatsachenbericht, wohingegen in der Apostelgeschichte der Evangelist Lukas diese ganz andere Version in eine Rede von Petrus verpackt.

Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich sagen, dass ich der Darstellung im Matthäus-Evangelium wohl eher Glauben schenken würde, da sie viel realistischer klingt als die andere.

Die Geschehnisse, die Petrus darstellt, wirken viel zu übertrieben und er dürfte während seiner Rede wohl von seinen Emotionen überwältigt worden sein. Er sagte ja in seiner Rede auch: „Judas hat seinen Platz verlassen, um an den Ort zu gehen, wo er hingehört.“(Apostelgeschichte 1,25) 

Das klingt sehr emotional und vielleicht auch ein bisschen nachtragend. Man merkt aber daran, dass selbst die Apostel, die engsten Begleiter Jesu, nur Menschen waren. Menschen, die von ihren Emotionen bewegt wurden.

Meiner Meinung nach ist es wahrscheinlicher, dass jemand den Weg des Suizid wählt, als dass jemand auf einem von ihm/ihr zuvor gekauften Feld stürzt und auf magische Art und Weise auf einmal die Gedärme aus dem Körper herausplatzen.

Wer folgt auf Judas?

Kommen wir jedoch zum Predigttext zurück. Es sei einmal dahingestellt, was wirklich genau mit Judas nach der Kreuzigung Jesu geschehen ist. Auf jeden Fall ist er nicht mehr Teil der Gruppe und die für die Gemeinde zuständigen Personen sind der Meinung, dass ein Ersatz her muss. Aber warum?

Aktuell sind nur mehr 11 Apostel an der Spitze der Gemeinde, aber es waren ursprünglich 12 und nach dem Verständnis der damaligen Gruppe, die Jesus um sich hatte, mussten es jetzt auch wieder 12 Apostel sein.

Außerdem hat die Zahl 12 einen großen symbolischen Charakter. Jesus hatte 12 Apostel um sich. Im Alten Testament entstammt das israelitische Volk aus den 12 Stämmen Israels. Der Tag und die Nacht haben 12 Stunden. Das Jahr hat 12 Monate. Darüber hinaus ergibt drei mal vier zwölf. 3 steht für die Dreieinigkeit. 4 steht für die vier Himmelsrichtungen, 4 Jahreszeiten. Wahrscheinlich gibt es in der Lehre der Zahlensymbolik noch viel mehr über die Zahl 12 zu sagen.

Wie kommt die Gemeinde also nun zu diesem neuen Ersatz-Apostel? In der Gemeinde gibt es zwei Männer, der eine heißt Josef Justus Barsabbas und der andere Matthias. Beide sind schon mit Jesus umhergezogen und haben von ihm gelernt. Diese beiden wurden von der Gemeinde für das Apostelamt vorgeschlagen und nachdem sie ein Gebet gesprochen hatten, haben sie das Los gezogen und so wurde Matthias zum neuen Apostel gewählt.

Eine frühe kirchliche Struktur

Das klingt in meinen Ohren schon sehr nach einer Kirchenstruktur – die Jährliche Konferenz unserer Evangelisch-methodistischen Kirche liegt kurz vor uns. Auch dort werden Personen gewählt, um gewisse Funktionen zu bekleiden und jedes Jahr werden dort Entscheidungen über die Arbeit in der österreichweiten Kirche getroffen. Ebenso teilt der Bischof den Pastor*innen ihre Dienstzuweisungen zu – das heißt, er entsendet sie an einen Ort, an dem er/sie tätig sein soll und mit der Leitung einer Gemeinde betraut wird.

Was ist denn ein "Apostel" in unserer heutigen Kirche?

Beim Lesen des heutigen Predigttextes stelle ich mir die Frage: Was ist eigentlich genau ein Apostel und was zeichnet einen solchen aus?

Wer die Basisbibel kennt, weiß, dass an den Rändern jeder Seite Worterklärungen zu gewissen Wörtern im nebenstehenden Text stehen. So auch beim heutigen Predigttext. Das Wort „Apostel“ wird dort wie folgt erklärt:
"Wörtlich „Ausgesandte“. Menschen, die dazu berufen sind, die Gute Nachricht von Jesus Christus zu verkünden. Im engeren Sinn die zwölf Jünger von Jesus, die ihn während seines Lebens begleiteten."

Apostel verkündigen

Es scheint, als ob es Apostel nur damals vor rund 2.000 Jahren gegeben haben kann, weil ja nur die 12 Auserwählten Jesu gemeint sind. Aber sieht man sich den ersten Teil dieser Definition an, dann könnten wir doch alle Apostel sein, oder? Im weiteren Sinn ist ja jeder ein Apostel, der dazu berufen ist, das Evangelium Jesu zu verkünden. Hier in unserer Gemeinde in Salzburg kenne ich schon ein paar, denen es ein großes Anliegen ist, oder deren Berufung es ist, Menschen von Jesus zu erzählen. Das macht auch sie zu Aposteln – Apostel von heute.

Was ist dann ein Jünger?

Aber Jesus hatte doch auch Jünger, heißt es in der Bibel. Was sind jetzt genau Jünger und was ist der Unterschied zwischen Jünger und Apostel? Auch zum Begriff „Jünger“ gibt es in der Basisbibel eine kurze Erklärung am Seitenrand. Dort heißt es: 

"Jünger = wörtlich „Schüler“; Frauen und Männer, die ihrem Lehrer folgten und von ihm lernten."

Apostel sind also die von Jesus selbst auserwählten 12 und der von der Urgemeinde in Jerusalem gewählte Matthias – Matthias der 13., und Jünger sind alle anderen in der Gruppe – also alle in der Gemeinde.

Alle, die sich der Gemeinde von Jesus-Nachfolgern zugehörig fühlen, sind Jünger*innen Jesu. Auch wir hier alle, die wir uns unserer Kirche und Gemeinde zugehörig fühlen, sind Jünger*innen Jesu. Männer und Frauen, die ihrem Lehrer (Jesus) folgen und von ihm lernen.

Ein spannender Vergleich: die EmK Salzburg und die Urgemeinde in Jerusalem

Und wenn ich so weiter überlege, fällt mir auf, dass wir hier in unserer Gemeinde in Salzburg nicht viel anders sind als die Urgemeinde in Jerusalem.

  • Wir sind eine gemischte Gruppe von Männern und Frauen.
  • Wir haben ungefähr 100 Mitglieder (getaufte und bekennende) – also nicht ganz 120
  • vielleicht schaffen wir auch, dass 12 davon eine theologische Ausbildung haben – diese wären dann ähnlich den Aposteln
  • und der Rest der Gemeinde sind die Jünger*innen.

Das Einzige was uns heute von der Gemeinde damals unterscheidet ist, dass die Menschen damals den Vorteil und das Privileg hatten, Jesus zu Lebzeiten zu kennen, begleiten und von ihm lernen zu dürfen .

Der Glaube liegt uns als Gemeinde am Herzen

Wir dürfen durch die Überlieferungen und die Heilige Schrift eine ganz andere Beziehung zu ihm aufbauen, und so auf unsere eigene persönliche Art von ihm lernen.

Haben wir mit eigenen Augen gesehen, wie Jesus von Johannes getauft wurde, wie er die Kranken geheilt hat, wie er Tote lebendig gemacht hat und wie er als der Auferstandene der Gemeinde gegenübertrat bis er in den Himmel zum Vater aufgefahren ist? Nein, das haben wir nicht! Aber wir haben die Schrift, durch die Gott mit uns spricht und unser Herz und unseren Verstand berührt.

Jesus spricht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir folgt, irrt nicht mehr in der Finsternis umher. Vielmehr wird er das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8,12)

In einer Gemeinde braucht es Jünger*innen und Apostel*innen. Jünger*innen – das sind wir Gemeindemitglieder und Freunde und Gäste. Apostel*innen – das sind u. a. die Pastor*innen, die viel über und bestimmt auch von Jesus gelernt haben und seine Lehren verstehen und uns Jüngern*innen von Jesus erzählen wollen.

Es handelt sich hier aber keinesfalls um ein hierarchisches Verhältnis wie das eines Lehrers zu seinen Schülern. Vielmehr ist es in der Gemeinde ein gegenseitiges voneinander lernen, und so wie wir von unseren Pastor*innen und erfahrenen Glaubensgeschwistern lernen, so lernen auch sie von uns. 

Ich bin froh, dass wir füreinander da sein können und dass dieses voneinander Lernen in unserer Gemeinde auch gelebt wird.

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