Kirchen in Ös­ter­reich: Plädoyer für ge­mein­sa­men Einsatz für Menschen in Not

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ÖRKÖ-Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen
Es sei beschämend, "dass die von den Politikern versprochene humanitäre Hilfe für die Flüchtlingslager in den Ländern des Nahen Ostens eine Worthülse bleibt", kritisierte die methodistische Pastorin Esther Handschin (l.) in ihrer Predigt. Foto: Manu Nitsch

Handschin: Beschämend, "dass die von den Politikern versprochene humanitäre Hilfe für die Flüchtlingslager in den Ländern des Nahen Ostens eine Worthülse bleibt"

Ihre Bereitschaft zu mehr Einheit und zum gemeinsamen Engagement für Menschen in Not und gegen Unrecht haben Vertreterinnen und Vertreter fast aller Kirchen in Österreich mit einem gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst bekundet. Sie nahmen am Donnerstag, 20. Jänner, am zentralen Gottesdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) zur Gebetswoche für die Einheit der Christen in der Wiener Michaelerkirche teil. Der ÖRKÖ-Vorsitzende Domdekan Rudolf Prokschi sprach eingangs des Gottesdienstes vom gemeinsamen „Gebet um die sichtbare Einheit der Christen“. Dieses Anliegen verbinde die feiernde ökumenische Gemeinde in der Michaelerkirche mit den Christen in aller Welt.

Die methodistische Pastorin Esther Handschin ging in ihrer Predigt mit der Asylpraxis in Österreich hart ins Gericht. Sie erinnerte an die große Flüchtlingsbewegung von 2015 und wies darauf hin, dass unter den Flüchtlingen auch Christinnen und Christen waren, die ihren Glauben in ihren Herkunftsländern nur im Verborgenen leben konnten. Andere wiederum fanden in Österreich zum christlichen Glauben, wurden in einer der zahlreichen Kirchen heimisch und hätten diese bereichert. Nichts ahnend von den politischen Verhältnissen des Landes, in dem sie nun lebten, mussten sie aber erst Beweise erbringen, dass der von ihnen neu entdeckte Glaube auch echt sei, so Handschin, die an der Glaubensprüfung in diesen Asylverfahren scharfe Kritik übte.

Handschin: „Bei solchen Glaubensprüfungen in Asylverfahren wird zum Beispiel die Frage gestellt: ‚Wie heißen die heiligen drei Könige?‘“ Als einer der Asylwerber mit „Saul, David und Salomo“ geantwortet habe, hätte der Beamte erst einmal Aufklärung durch ein Mitglied der Pfarrgemeinde gebraucht, das den Asylwerber begleitet hat. Saul, David und Salomo sei eine gute Antwort, wenn es um biblische Könige geht. Die Namen Kaspar, Melchior und Balthasar seien hingegen nicht in der Bibel nachzulesen.

Es sei bitter, so die methodistische Pastorin, „wenn einem der Glaube nicht geglaubt wird“. Es gebe zu denken, wenn dabei die Expertise von Pfarrerinnen und Pfarrern, die diese Menschen begleiten und in den christlichen Glauben einführen, nicht ernst genommen wird. Und es sei beschämend, „dass die von den Politikern versprochene humanitäre Hilfe für die Flüchtlingslager in den Ländern des Nahen Ostens eine Worthülse bleibt oder auf den griechischen Inseln zu unbrauchbaren Zelten mit funktionsuntüchtigen Heizungen für den Winter verkommt“.

Die Pastorin ging auch auf die Pandemie ein, die für viele Menschen im Land eine immense Belastung sei. Sie sehnten sich „nach Begegnungen ohne Einschränkung, nach Berührungen ohne Angst, nach dem Gesang ohne Maske“. Ein Blick auf ein Land wie den Libanon – das Schwerpunktland der heurigen Gebetswoche – sollte zugleich bewusst machen, dass in vielen anderen Ländern dieser Erde die Pandemie nur eines von vielen Problemen sei. Handschin erinnerte etwa an die humanitäre Katastrophe im Libanon und den Vulkanausbruch auf Tonga und rief zur Solidarität auf.

Gesänge und Gebete der Ostkirchen

Der Gottesdienst stand unter dem biblischen Motto der Weisen aus dem Morgenland, die zum Jesuskind nach Bethlehem gezogen sind: „Wir haben seinen Stern gesehen im Osten und sind gekommen ihn anzubeten.“ Die Liturgie wurde mit Gebeten und Gesängen der orthodoxen, syrisch-orthodoxen und maronitischen Kirche gestaltet, die ihr Zentrum im Libanon hat. Christen aus dem Libanon haben auch die Texte für die heurige Gebetswoche erarbeitet. Mit der Kollekte des Gottesdienstes will der ÖRKÖ ein Hilfsprojekt der Orthodoxen Kirche Griechenlands für Flüchtlinge und Migranten unterstützen.

Die Kirchen in Österreich wurden beim Gottesdienst repräsentiert vom römisch-katholischen Domdekan Rudolf Prokschi, dem serbisch-orthodoxen Bischof Andrej Cilerdzic, der evangelischen Oberkirchenrätin Ingrid Bachler, dem methodistischen Superintendenten Stefan Schröckenfuchs, dem reformierten Landessuperintendent Thomas Hennefeld, dem armenisch-apostolischen Bischof Tiran Petrosyan und dem rumänisch-orthodoxen Bischofsvikar Nicolae Dura; weiters vom anglikanischen Reverend Patrick Curran, P. Lukas Daniel von der Koptischen Kirche, dem syrisch-orthodoxen Mönch Saliba Er, Pastor Walter Klimt von den Baptisten, Pfarrer Michel Harb von der maronitischen Gemeinde in Wien, Pfarrer Robert Wetschka von der Altkatholischen Kirche, dem griechisch-orthodoxen Bischofsvikar Ioannis Nikolitsis sowie Walter Hessler von der Neuapostolischen Kirche. Die Begrüßung übernahm P. Erhard Rauch, Pfarrer der Michaelerkirche.

Quelle: epdÖ

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