Schaf oder Ziege?
Predigt vom 26. November 2023: Predigthelferin Ute Frühwirth zum Gericht über die Völker (Matthäus 25, 31-46)
Liebe Schwestern und Brüder!
Das Kapitel 25 des Matthäusevangeliums beinhaltet 3 Endzeitreden Jesu. Vor zwei Wochen hörten wir von den klugen und den törichten Jungfrauen, letzte Woche predigte Pastor Frank Moritz-Jauk über das Gleichnis vom anvertrauten Geld und heute geht es über das Gericht über die Völker.
Gericht
Das letzte Gericht! Sollten wir uns wirklich mit diesem Thema schon beschäftigen? Wir wissen ja eh nicht, wann es so weit sein wird. Also warum darüber nachdenken. Es wird schon irgenwann kommen. Das waren meine ersten Gedanken zum heutigen Predigttext. Aber ab Anfang:
Vielen von uns sind diese Worte Jesu am Ende des Matthäusevangeliums vertraut. Wir haben sie schon oft gehört und zur Kenntnis genommen. Diese Aussagen von Jesus: „…denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben,…“ und gleichzeitig die Fragen der Menschen: „…wann haben wir dir zu essen gegeben, wann haben wir dir zu trinken gegeben, usw..“ Wir kennen diesen Text.
Aber haben wir auch schon zur Kenntnis genommen, dass es dem Ende zugeht? Jesus spricht hier nämlich vom jüngsten Gericht, dass der Menschensohn über alle Völker halten wird. Er wird die Menschen in zwei Gruppen teilen. Im Text sind sie als Schafe und Ziegen bezeichnet. Schafe werden in der Bibel immer als die sanftmütigen Tiere dargestellt. Hingegen werden die Ziegen oder die Ziegenböcke als die Schuldigen herangezogen. Im 3.Buch Mose liest man über zwei Ziegenböcke; der eine wird als Sündopfer geopfert werden und der andere wird als Sündenbock in die Wüste geschickt. Beide sind dem Tode geweiht.
Gut und Böse
Jesus verwendet diese beiden Tierarten, um den Menschen zu zeigen: wer bist du? Bist du ein Schaf oder eine Ziege? Bist du gut oder bist du böse? Bis jetzt war es eine Durchmischung. Gut und Böse haben nebeneinander und miteinander gelebt. Und nun kommt es zu einer klaren Trennung. „Die Schafe wird er rechts von sich aufstellen und die Ziegen links.“
Es ist Gottes letztes Gericht. Aber wie kommt es zustande? Nach welchem Maßstab wird gemessen und nach welchen Kriterien geurteilt? Wann fällt eigentlich die Entscheidung, auf welcher Seite man einmal stehen wird?
Am Anfang habe ich die Frage gestellt, ob wir uns wirklich mit dem letzten Gericht schon auseindersetzten müssen. Jetzt hier die klare Antwort: JA!: Denn die Entscheidung, auf welcher Seite man einmal stehen kann, trifft man jeden Tag selbst aufs Neue.
Der erste Aspekt
Das Gericht hat bereits stattgefunden. Jetzt wird nur sichtbar gemacht, was eigentlich schon die ganze Zeit entschieden ist. Entschieden hat sich alles dort, wo wir es am wenigsten erwartet haben. Nämlich im Miteinander zu unserem Nächsten und zu unserer Nächsten.
Jesus spricht von sechs Situationen, die Not beschreiben: die Hungrigen, die Durstigen, die Fremden, die Nackten, die Kranken und die Gefangenen. Und er spricht darüber, dass es nicht egal ist, wie man lebt und wie man handelt. Viele Situationen lassen uns hilflos erscheinen. Sie machen uns mutlos und wir fragen uns: was kann ich schon ausrichten? 2€ in die Hand eines Hungrigen legen? Was soll der mit 2€? Da behalte ich es lieber.
Einmal für die kranke Nachbarin einkaufen gehen? Eigentlich müsste ich das dann jede Woche machen, damit es Sinn macht.
Nein, ich möchte mich zu nichts verpflichten – da mach ich es lieber gar nicht. Wir sollten nicht die Entscheidung treffen, was gut oder sinnvoll ist. Besser einmal tun als garnicht!
Der zweite Aspekt
Ist der, wo Jesus mir das größte Vorbild sein sollte: im Umgang mit den Menschen. Er solidarisiert sich mit den Schwachen der Gesellschaft. Er hat die Hungernden und Kranken immer im Blick, und er lässt die Reichen und Wichtigen links liegen. Jesus identifiziert sich mit allen Notleidenden. Wer sie beachtet, findet ihn. Wer ihnen Gutes tut, tut es auch ihm. Auf die erstaunte Frage der Zuhörer: Wann haben wir dich gesehen und dir geholfen?“ , gibt Jesus die entscheidende Antwort: „Was ihr einen meiner Brüder oder Schwester getan habt, das habt ihr mir getan.“
Was vor Gott zählt ist die selbstlose, selbstverständliche Zuwendung zu unseren Mitmenschen. John Wesley spricht von der soziale Heiligung. Er sagt: „Ein Christ oder eine Christin ist voller Liebe zu seinem Nächsten oder seiner Nächsten. Diese Liebe ist umfassend, nicht beschränkt auf eine Konfession oder Gruppe. Sie ist nicht begrenzt auf Menschen, die mit ihm oder ihr einer Meinung sind oder in einem engen Verhältnis zu einem steht. Die Liebe gibt sich nicht damit zufrieden, dass dem Nächsten kein Leid zugefügt wird. Sie spornt uns aunaufhörlich an, Gutes zu tun, wo immer wir Zeit und Gelegenheit dafür haben, und allen Menschen auf jede nur erdenkliche Art und Weise und in jedem möglichen Umfang Gutes zu tun.“ Soweit John Wesley
So treffen wir jeden Tag selbst und vielleicht auch unbewusst, die Entscheidung, auf welcher Seite wir einmal stehen möchten. Als Christen und Christinnen tragen wir die Liebe Gottes in uns. Die Liebe, die uns fähig macht, über den Tellerrand zu blicken und unsere Mitmenschen mit den Augen Gottes zu sehen. Und wieviel bekommen wir zurück, wenn wir einen Menschen unsere Aufmerksamkeit schenken. Wenn wir uns die Zeit nehmen, Kranke zu besuchen, für jemanden einkaufen zu gehen, einem Bettler 2 € zu geben oder einfach nur mal zuhören. Wir bekommen ein Lächeln, ein Danke, ein Strahlen in den Augen zurück. Und das wärmt unser Innerstes und macht uns zu liebenden Geschöpfen Gottes.
Das Schlimmste, das uns in diesen Situationen passieren kann ist, dass wir gleichgültig werden. Das uns das Sein eines anderen Menschen nicht mehr interessiert. Das Gegenteil von Liebe ist nicht der Hass. Es ist die Gleichgültigkeit. Wenn uns Menschen gleichgültig werden, uns nicht mehr interessiert, wie es ihnen geht, dann haben wir ein Problem.
Fazit
Am Ende komme ich noch einmal zurück zu Jesu Rede. Jesus spricht von den Ziegen bzw. in manchen Übersetzungen sind es Böcke, die er links von sich aufstellen wird. Und da kommt mir der Gedanke. Wie groß ist die Gefahr, an Gott vorbei zu leben, der in unseren Mitmenschen wartet. Übersehen wir die Notleidenden, übersehen wir Gott.
Ich fasse zusammen: Sehen wir Jesus in unseren Mitmenschen und zeigen wir uns als liebende Christen und Christinnen? Oder „übersehen“ wir ihn und die Gleichgültigkeit gegenüber den Anderen gewinnt die Oberhand in uns. Beim letzten Gericht wird offenbart, was wir in unserem Leben gemacht haben. Dann wird sich herausstellen, ob wir ein Schaf oder eine Ziege sind. Aber – und Gott sei Dank dafür – liegt die letzte Entscheidung noch immer bei ihm. Und daran wollen wir uns festhalten.
Amen
Einsatz
Predigt vom 19. November 2023: Pastor Frank Moritz-Jauk zum Gleichnis vom anvertrauten Geld (Matthäus 25, 14-30)
Schwierig
Liebe Gemeinde, heute haben wir wieder einen „schwierigen“ Text gehört.
Was uns Matthäus in seinem 25. Kapitel zumutet, ist nicht einfach.
Letzten Sonntag haben wir von den klugen und törichten Jungfrauen gehört.
Heute ist es das Gleichnis vom anvertrauten Geld.
Nächsten Sonntag ist es das Gericht über die Völker.
Es sind drei in sich abgeschlossene Geschichten mit jeweils endzeitlichem, endgültigem Ende.
Bei den törichten Brautjungfern ist die Tür zu.
Heute wird der dritte Diener in die Finsternis geworfen.
Beim Gericht über die Völker ist vom Ort der ewigen Strafe die Rede.
Hört sich nicht besonders kuschelig an, oder?
Darum auch heute wieder die Anfangsfrage:
Was will uns Jesus mit diesem Gleichnis sagen?
Auf was will er uns aufmerksam machen?
Was sollen wir tun oder worauf sollen wir achten?
Abgrenzung
Um es gleich zu Beginn zu sagen: Ich glaube nicht, dass es in unserem heutigen Gleichnis um Geld geht. Auch wenn das von manchen Fernsehpredigern in den USA so gepredigt wird. Wer hat, der wird im Überfluss leben und wer nichts hat dem wird auch das noch genommen werden. Nein, das glaube ich nicht. Es geht nicht um Geld und Gewinnmaximierung. Auch nicht darum, dass jemand besonders gesegnet ist, nur weil er reich ist. Reich sein hat oft ganz andere Gründe.
Wer so etwas behauptet, den würde ich dann gerne zum Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg befragen. Wo jeder einen Denar erhält. Einen Denar - unabhängig davon, wie lange er gearbeitet hat.
Annäherung
Nehmen wir an, dass mit dem reichen Mann der weggeht, Jesus gemeint ist. Nehmen wir weiter an, dass mit den Dienern wir Menschen gemeint sind. Was sind dann die Talente? Das ist eine gute Frage. Ich bin mir selbst nicht so sicher. Ich vermute, dass wir mehrere Dinge für die Talente einsetzten könnten.
Wie bei einer mathematischen Formel. Vielleicht erinnern sich manche noch an die mathematischen Gleichungen mit Variablen. Variabeln, also Platzhalter, die dann a oder b, manchmal auch x,y oder z heißen. Und es gibt Gleichungen mit mehreren Lösungen. Die Gleichung 2a + 3b = 0 zum Beispiel. Wenn ich für a = 12 und für b = -8 einsetze, dann kommt 0 raus. Ich kann aber auch a = 6 und b = -4 einsetzten. Auch dann ist die Gleichung richtig.
Aber so stelle ich mir das mit den Talenten vor. Ich glaube, es gibt nicht nur eine richtige Antwort, sondern mehrere richtige Antworten.
Talente
Die Talente könnten Gaben sein, die wir von Gott bekommen haben. Also zum Beispiel, dass jemand gut rechnen kann. Oder dass jemand gut zuhören kann. Oder dass jemand besonders gut backen kann.
Es könnte aber auch sein, dass mit den Talenten das Evangelium gemeint ist. Die gute Nachricht von Jesus und was er für unser Leben bedeutet. Auch das habe ich schon gehört.
Aber unabhängig davon, was wir jetzt für die Talente einsetzen geht es auf alle Fälle darum, dass jede und jeder das verwalten muss, was ihr oder ihm anvertraut ist.
Das heißt wir sollen mit dem, was uns anvertraut ist, etwas tun. Wir sollen damit arbeiten. Wir sollen unsere Talente einsetzen und sie benutzen.
Wir sollen sie nicht wegsperren oder verschütten. Oder eben wie der Diener im Gleichnis: unser Talent vergraben.
Warum tut er das? Warum vergräbt er das Geld und bringt es nicht zur Bank, so wie es der Herr ihm vorhält?
Diese Frage lässt sich nicht beantworten.
Es ist ein Gleichnis
Aber wir können versuchen, diese Geschichte ganz grundsätzlich anders zu betrachten. Der dritte Diener tut, was Jesus von ihm erzählt.
Jesus hat sich das alles ausgedacht und er erzählt die Geschichte seinen Jüngerinnen und Jüngern. Jesus erzählt diese Geschichte auch uns. Aber es ist ein Gleichnis und kein Tatsachenbericht. An dieser Geschichte soll etwas deutlich werden.
Ich denke, wir sind gut beraten, wenn wir Gleichnisse nicht mit Tatsachenberichten oder Nachrichten verwechseln.
Keine einzelne Geschichte kann die Welt erklären.
Keine Geschichte der Welt kann Gott erklären.
Gott ist in Wirklichkeit mit nichts - mit absolut gar nichts - auf dieser Welt zu erklären. Jedenfalls nicht von uns Menschen.
Und deshalb wäre ich sehr vorsichtig mit der Deutung, dass der Herr im Gleichnis, der den Diener in die Finsternis hinauswerfen lässt, der Schöpfer des Universums ist.
Und jetzt nicht, weil es mir nicht in mein Gottesbild passt.
Und ich gerade biegen möchte, was krumm ist.
Nein.
Sondern weil das hier ein Gleichnis ist. Und in meinen Augen ein Gleichnis bleiben sollte.
Genau deshalb habe ich ganz am Anfang gesagt „nehmen wir an“.
Nehmen wir an, dass der reiche Mann im Gleichnis Jesus ist. Das habe ich gesagt. Ich habe nicht gesagt, der reiche Mann, ja das ist doch sonnenklar, das ist Jesus.
Es ist eher so, wie bei der mathematischen Formel, die ich euch vorgestellt habe. Setzen wir einmal etwas ein für die Variabel a. Und für die Variabel b. Und schauen wir dann, was dabei herauskommt. Ob das Sinn machen könnte.
Bekommen
Eine der Grundaussagen dieses Gleichnisses ist für mich dieses Bekommen. Keiner der Diener hat etwas. Sondern alle bekommen ihre Talente von ihrem Herrn. Und auch wenn einer der Diener „nur“ ein Talent bekommt und nicht fünf, dann ist das immer noch sehr viel. Ein Talent, das entspricht 6000 Denaren. Also etwas 20 Jahre Arbeitslohn eines gewöhnlichen Mannes zur Zeit Jesu. Das ist also tatsächlich viel - damit kann man schon was machen.
Das heißt, wenn ich diese Aussage des Bekommens wieder in meine Gleichung Gott und Mensch einsetze und schaue, ob das Sinn machen könnte, dann deckt sich das mit meiner Lebenserfahrung.
Die allerwichtigste und allererste Gabe, die wir von Gott empfangen haben, ist unser Leben.
Niemand hat sich sein Leben verdient. Es ist und bleibt eine unverdiente Gabe Gottes.
Aber das ist schon ziemlich viel, oder? Das ist schon mal mindestens ein Talent. Denn mit dem Leben fängt alles an. Wir sind, wer wir sind, weil wir leben.
Und das gilt für viele Gaben, die wir empfangen und nicht wirklich selbst gemacht haben. Denken wir zum Beispiel hier einmal an unseren Glauben. Den hat auch niemand von uns gemacht oder verdient.
Man kann viel Bibellesen, man kann oft in die Kirche kommen und ganz viel beten - aber machen tun wir den Glauben nicht. Diese tiefe innere Erfahrung des Angenommenseins bei Gott - all das bleibt immer Geschenk.
Denkt einmal drüber nach, was ihr alles von Gott bekommen habt. Ich sage euch, das wird eine lange Liste.
Es geht nicht um Zahlen
Was ich auch noch mitnehme aus dem Gleichnis, ist, dass es nicht um Zahlen geht. Vordergründig verdoppeln die beiden treuen Diener das ihnen anvertraute Geld. Und werden dafür belohnt.
Aber die Antwort des Herrn und sein Hinweis auf die Bank, deute ich so, dass es nicht um eine bestimmte Summe ging. Wenn du die dir anvertrauten Gaben nicht verdoppelst dann bist du kein treuer und tüchtiger Diener. Nein.
Wenn du gar nichts mit den dir anvertrauten Gaben machst - wenn du dich dem Arbeitsauftrag Gottes verweigerst - erst dann wird es schwierig.
Wieviel du machen musst, damit es reicht?
Wird im Gleichnis nicht gesagt.
Gegen die Angst
Und noch einmal - ich glaube nicht - dass Jesus uns Angst machen möchte.
Angst hat der dritte Diener im Gleichnis. Und er kommt nicht besonders gut weg. Das kann man wohl so stehen lassen. Angst war ein schlechter Ratgeber. Etwas mit dem anvertrauten Geld zu machen, wäre besser gewesen.
Wie jetzt schon mehrfach gesagt: Es ist ein Gleichnis. Und es bleibt ein Gleichnis.
Möge Gott uns viele schöne Variabeln schenken, die wir in seine Gleichung einsetzen können. Damit wir uns an der Vielfalt der Deutungen freuen können.
Amen.
Provokative Therapie
Predigt vom 18. Oktober 2023: Karin Erhard zu Matthäus 22, 1-14.
Kein einfacher Text
In der Bibel begegnen wir immer wieder schwierig scheinenden Texten. Am schwierigsten sind meiner Meinung diejenigen Texte, die bei oberflächlicher Betrachtung ein Widerspruch zu unserem Gottesbild zu sein scheinen. Wichtig ist, dass wir diese Widersprüche zulassen und uns gemeinsam und ehrlich auf die Suche machen.
Wir müssen uns bewusst werden, dass wir in der Bibel großteils von Jesus nur Worte überliefert haben. Wir sehen nicht sein strahlendes Gesicht, hören nicht das Wohlwollen in seiner Stimme, genießen nicht seine strahlenden Augen und spüren nicht, wie er seine Hand liebevoll auf unsere Schulter legt oder uns umarmt.
Um Jesus herum hatten sich immer wieder Menschen geschart, oft hunderte, oft tausende. Sie wurden davon angezogen, dass Jesus ihnen etwas zu geben hatte, dass er sie verstand, sie zum Umdenken und Nachdenken brachte und ihnen half, sich aufs Wesentliche im Leben zu fokussieren. Und v.a., dass er sie schätzte, liebte und wertschätzte, egal, wie oder was ihre Vergangenheit war und egal, welches Geschlecht sie hatten und egal, ob sie reich oder arm, alt oder unerfahren, sauber oder schmutzig, stark oder krank waren.
Sie fühlten sich wohl in Jesu Nähe.
Aber nicht bei allen war das so. Für manche war Jesus mit seinen Geschichten und seinem Handeln ein großes Problem. Davon haben wir im heutigen Predigttext gehört.
Die Hochzeit
In Matthäus Kapitel 22, in den Versen 1-14 vergleicht Jesus das Himmelreich mit einem König, der für seinen Sohn das Festmahl vorbereitet hatte.
In diesen Kapiteln des Matthäusevangeliums, wo sich auch unser Predigttext befindet, sind wir wenige Kapitel vor dem Leiden und Sterben Jesu. Es spitzt sich der Konflikt mit der damaligen religiösen Führerschaft zu. Diese hätten Gottes Repräsentanten für Gottes Reich sein sollen. Aber stattdessen, dass sie den Menschen geholfen hätten, Gott kennen und lieben zu lernen, wurde ein Konstrukt aus Regeln und Geboten aufgebaut, welche Mauern statt Brücken waren.
Nun wendet sich Gott in Jesus allen Menschen direkt zu. Jesus geht nicht den Weg über die religiöse Führerschaft, die sich nun übergangen fühlt, anstatt sich zu freuen.
Die harten Worte dieses Textes spricht Jesus nun genau zu den führenden Priestern und Pharisäern. Aber auch sie gilt es zu gewinnen, auch wenn die Worte Jesu teils mehr als hart wirken.
Warum ich das so sehe, möchte ich euch jetzt mitteilen.
Provokative Therapie
Es gibt eine Therapieform, die uns im Verständnis helfen kann. Sie heißt provokative Therapie. Diese Therapieform verwendet widersprüchliche Kommunikationstechniken und auch Humor, um schwierige Klienten auf ihre falschen und selbstzerstörerischen Verhaltensweisen aufmerksam zu machen. Die Zuhörer werden dabei (teils spaßhaft) provoziert, um ihren Widerstand und ihre Abwehr herauszulocken und dadurch Veränderungen in ihnen herbeizuführen und sie zu einer konstruktiven Selbstkritik zu bringen.
Kernstück der provokativen Therapie ist aber, dass diese teils fast beleidigenden und konfrontativen Äußerungen durch wertschätzende nonverbale Signale begleitet werden. Non-verbal ist jener Teil im Gespräch, den ich ohne Worte ausdrücke, z.B. ob ich zunicke, dass meine Stimme freundlich, traurig oder besorgt klingt, bzw. ob ich meinem Gegenüber wohlwollend in die Augen schaue.
Vor etwa einem Jahr war ich Teilnehmerin eines Kommunikationsseminars. Der Seminarleiter behandelte dort jeden Teilnehmer in der Runde völlig anders. Aus meiner Sicht behandelte er manche Teilnehmenden sogar verletzend und ich wäre wirklich gekränkt gewesen, wenn er mich so behandelt hätte, wie manch anderen. Aber in der Feedbackrunde am Ende sagte jeder Teilnehmer, dass er sich wertgeschätzt gefühlt hatte. Für mich war das eine absolut neue Erfahrung und auch ein Verständnis für manch bisher unklares Wort Jesu.
Jesus handelte ähnlich. Manche, sozusagen therapieresistente Zuhörer provozierte er im Sinne der provokativen Therapie.

Alle sind eingeladen
Zum Festmahl in unserem Gleichnis wurden letztendlich alle eingeladen, die dort auf den Straßen angetroffen wurden, Böse und Gute, die Zerbrochenen, die Kranken, die Handwerker, Frauen, Kinder…
Der Festsaal füllte sich und nirgends steht, dass sich ein einziger umziehen ging. Scheinbar kam jeder, so wie er war.
Dennoch hören wir im Gleichnis, dass einer ohne Festgewand gefunden wurde und der König sagt zu ihm: „Mein Freund, wie bist du ohne Festgewand hier hereingekommen?“ Wir sehen, der Mann wird auf der einen Seite wertschätzend „mein Freund“ genannt, aber auf der anderen Seite wird er auf sein Äußeres angesprochen („Wie bist du ohne Festgewand hier hereingekommen?“). Und stellt es euch bildlich vor: Jesus ist, wie er dieses Gleichnis erzählt, umgeben von vielen Menschen in Alltagskleidung, teils ist deren Kleidung vielleicht kaputt oder schmutzig. Auf der anderen Seite stehen die führenden Priester und Pharisäer vielleicht in den schönsten Kleidern neben ihm. Und gerade diese in den besten Gewändern müssen sich so etwas anhören. („Wie bist du ohne Festgewand hier hereingekommen?“)
Es kann also nicht darum gehen, dass mein Gewand, meine Leistung, mein Auftreten oder mein Ansehen nicht gut genug sind. Noch dazu, wo ja gesagt wurde, dass unter den Gästen Gute und Böse waren.
Der Versuch einer Deutung
Aus diesem Grund versuche ich eine Auslegung, bei der diese Widersprüche vielleicht zusammenpassen:
- Ein Festkleid zu haben, könnte bedeuten, so zu sein, wie ich bin. Nichts vorzumachen, sondern mit dem zu Gott zu kommen, was mich ausmacht bzw. was ich habe oder eben nicht habe. Gott kennt mich ja sowieso und genau so komme ich zu ihm. Das Festkleid ist sozusagen mein „wahres Ich“.
- Kein Festkleid zu haben, könnte bedeuten, ich verstecke mein „wahres Ich“, oft im guten Glauben, dass Gott das so möchte.
Aber wie kann ich mich lieben, wenn ich mein Ich verstecken muss und wie kann ich Gott lieben, wenn ich nicht Ich sein darf?
Dass in diesem Gleichnis die Person ohne Festkleid rausgeschmissen wird, heißt nicht, dass Jesus das wirklich tut. Er zeigt nur, dass Dinge manchmal nicht vereinbar sind. Um ins Himmelreich zu kommen, muss man werden wie die Kinder. Und wer das jetzt noch nicht ist, kann es ja noch werden. Gottes Liebe ist geduldig in Zeit und Ewigkeit.
Alle sind geliebt
Und zu guter Letzt noch Gedanken zum schwierigen Vers 14, wo es heißt: „Denn viele sind gerufen, aber nur wenige sind auserwählt.“
Ich weiß, dass dieser Vers und ähnliche Verse oft verwendet wurden, um Druck auf andere auszuüben. Denn, wenn nur wenige auserwählt sind und man möchte dabei sein, dann muss man zu den Besten gehören, zu den Frömmsten und zu den Fleißigsten. Aber, das sehen wir nicht im Leben Jesu. Er war umgeben von vielen Menschen, und gerade auch Gescheiterte und Zerbrochene waren dabei.
Somit ist meine These, dass Jesus mit diesem Vers die führenden Priester und Pharisäer „nachspielt“.
Er imitiert deren Worte und Sichtweise und hält ihnen auch hier einen Spiegel vor.
Die gelebte Praxis im Leben Jesu zeigt: Alle sind eingeladen, alle sind angesprochen, alle sind angenommen, wie sie sind. Lauf nicht länger davon!
Dieses absolute Bewusstsein, dass Gott vollkommene Liebe ist, ist Basis und Grundlage, wenn wir uns schwierigen Texten nähern.
Bibelstellen müssen uns nicht beweisen, dass Gott gut ist und wir müssen nicht detektivisch bedacht sein, dass wir Gott bei etwas Bösem erwischen.
Sondern in der Gewissheit der absoluten, ewig geltenden Liebe Gottes machen wir uns auf die Suche, Texte und Inhalte zu verstehen, wie Menschen, die in einem Acker einen Schatz oder in einem Bergwerk Gold oder Edelsteine suchen.
Amen
Sünde, Schuld und Vergebung
Predigt vom 17. September 2023: Pastor Frank Moritz-Jauk zu Matthäus 18,21-35 mit einer Klärung der Begriffe: Was ist Sünde? Was ist Schuld? Und was bedeutet Vergebung?
Frieden braucht Kirche
Nachdem die vergangenen drei Tage in Rust am Neusiedler See eine Tagung der drei evangelischen Kirchen in Österreich war, werde ich das Thema einmal auf diese evangelischen Kirchen beschränken.
Denn dann kann ich etwas vom Verlauf der Gespräche und der Vorträge wiedergeben.
Jedenfalls hoffe ich, dass ich mit dieser Predigt oder diesen Gedanken zum Thema zum Nachdenken anregen kann. Über vielleicht schon lange gehegte oder verschiedentlich schon ausgesprochene oder noch offene, unbeantwortete Fragen.
Problematik von einzelnen Bibelzitaten
Im Laufe dieser Predigt zum Thema werde ich einige einzelne Bibelstellen zitieren.
Normalerweise dürfte jede und jeder sofort „Kontext, Kontext, Kontext“ schreien.
Es ist nicht unproblematisch, Bibelstellen als einzelne Stellen und nicht in ihrem Zusammenhang – ihrem Kontext – zu verwenden.
Was ich aber mit dieser Vorgangsweise stärken möchte, das ist die Verwurzelung der Fragestellung im biblischen Wort.
Was sagt die Bibel zum Thema Frieden und - darauf komme ich auch noch - was sagt die Bibel zum Thema Gerechtigkeit und Freiheit?
Wenn ich das Thema Frieden hier in der Predigt behandle, dann frage ich ja nach einem Verhalten von einem jeden Christen und einer jeden Christin.
WWJD – What would Jesus do?
So schwierig es auch sein wird, darauf eine gute Antwort zu geben – ich denke, das ist für mich wichtig: Was würde Jesus tun?
Was würde er sagen und raten?
Oder ist Jesus mit einem so klar umrissenen Auftrag und einer ganz bestimmten Vorgangsweise (Stichwort Leidensweg) hier auf der Erde gewesen, dass er zum Krieg in der Ukraine rein gar nichts sagen könnte?
Oder würde er ähnlich wie der Römerbrief (Römer 12,19) argumentieren:
„Das Unrecht zu rächen ist meine Sache, sagt der Herr, ich werde Vergeltung üben?“
Definition von Frieden
Fakt ist, dass der biblische Friede immer viel mehr ist als die Abwesenheit von Krieg. Ich denke, das merken wir daran, wie Jesus das Wort Friede verwendet, wenn er es an seine Jünger adressiert. Besonders nach seiner Auferstehung.
„Friede sei mit euch“ (Johannes 20,19), so werden die Jüngerinnen und Jünger angesprochen.
Oder denken wir an die Verheißung im Johannesevangelium:
„Was ich euch zurücklasse, ist Frieden: Ich gebe euch meinen Frieden – einen Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann.“ (Johannes 14,27)
Jesus sagt das im Zusammenhang mit der Sendung oder der Gabe des Heiligen Geistes.
Und zum Thema Friede in der Bibel möchte ich hier noch Paulus zu Wort kommen lassen:
„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu!“
Auch das deutet an, dass biblischer Friede viel mehr ist als das Schweigen der Waffen.
Praktische Umsetzung
Dennoch – und hier wird es jetzt ganz konkret und ganz praktisch:
Was antworte ich als Christ auf die Frage: Waffenlieferung, ja oder nein?
Soll der Westen jetzt weiter Waffen liefern und die Ukraine in ihrem militärischen Kampf gegen Russland unterstützen?
Oder sollen diese Waffenlieferungen eingestellt werden, damit nicht jeden Tag Menschen sterben?
Hat nicht die Ukraine, als von Russland überfallenes Volk, ein Recht darauf sich zu verteidigen und ihre Gebiete zurückerobern zu wollen?
Oder wird damit ausschließlich eine Waffenlobby unterstützt, die jetzt fette Gewinne macht und die Friedensverhandlungen nur verzögert?
Erweiterung der Diskussion
An dieser Stelle wird man die Diskussion wohl um die Begriffe Gerechtigkeit und Freiheit erweitern müssen.
Wie schaut ein gerechter Friede aus?
Kann man den Ukrainerinnen und Ukrainern einen Frieden zumuten, der ihre Freiheit beschneidet oder gefährdet?
Kann man Russland überhaupt noch vertrauen?
Inhaltlicher Input von der Pfarrer*innentagung
An dieser Stelle möchte ich eine Referentin der Pfarrer*innentagung zu Wort kommen lassen.
Frau Professorin Angelika Dörfler-Dierken hat in ihrem Vortrag auf die Krisen in Europa seit 1990 im Kontext mit Russland hingewiesen.
Vor allem hat sie auf das Budapester Memorandum 1994 hingewiesen, bei dem die Ukraine die Atomwaffen an Russland zurückgegeben hat. Russland hat im Gegenzug der Ukraine dafür die volle staatliche Souveränität garantiert. 1997 wurde in Kiew der russisch-ukrainische Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Mit der Besetzung der Krim 2014 wurde dieser von der Ukraine nach 2019 nicht verlängert. Im Februar 2022 erfolgte der Einmarsch russischer Truppen und der Beginn des Angriffskrieges. Russland hat also alle völkerrechtlichen Abkommen und Verträge mit der Ukraine gebrochen.
Konsequenzen aus der Geschichte
Kann man so einem Land also noch vertrauen?
Wie soll dann ein verlässlicher, gerechter Friede ausschauen?
Welche Bedingungen braucht es dafür?
Ist die Rückgabe oder die Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete dafür die Bedingung?
Ist eine solche Forderung realistisch?
Wie sehen das eigentlich die unmittelbar Betroffenen, sprich die Ukrainerinnen und Ukrainer?
Und welche Auswirkungen hat das für Europa?
Insbesondere für die an Russland angrenzenden Länder wie Estland, Lettland oder Finnland?
Zwischenfazit
Unabhängig davon, dass ich alle diese Fragen nicht beantworten kann, war ich hier versucht, die Waffenlieferungen gut zu heißen.
Also um der Freiheit und um der Gerechtigkeit willen, Waffenlieferung ja.
Und natürlich ist mir Bonhoeffer eingefallen.
Dietrich Bonhoeffer war ein evangelischer Pfarrer im Zweiten Weltkrieg, der sich an einem Attentat an Hitler beteiligt hat und dafür von den Nationalsozialisten kurz vor Ende des Krieges hingerichtet wurde.
Friede braucht Kirche
Predigt vom 3. September 2023: Pastor Frank Moritz-Jauk zum Thema der diesjährigen Pfarrer*innentagung der evangelischen Kirchen in Österreich.
Frieden braucht Kirche
Nachdem die vergangenen drei Tage in Rust am Neusiedler See eine Tagung der drei evangelischen Kirchen in Österreich war, werde ich das Thema einmal auf diese evangelischen Kirchen beschränken.
Denn dann kann ich etwas vom Verlauf der Gespräche und der Vorträge wiedergeben.
Jedenfalls hoffe ich, dass ich mit dieser Predigt oder diesen Gedanken zum Thema zum Nachdenken anregen kann. Über vielleicht schon lange gehegte oder verschiedentlich schon ausgesprochene oder noch offene, unbeantwortete Fragen.
Problematik von einzelnen Bibelzitaten
Im Laufe dieser Predigt zum Thema werde ich einige einzelne Bibelstellen zitieren.
Normalerweise dürfte jede und jeder sofort „Kontext, Kontext, Kontext“ schreien.
Es ist nicht unproblematisch, Bibelstellen als einzelne Stellen und nicht in ihrem Zusammenhang – ihrem Kontext – zu verwenden.
Was ich aber mit dieser Vorgangsweise stärken möchte, das ist die Verwurzelung der Fragestellung im biblischen Wort.
Was sagt die Bibel zum Thema Frieden und - darauf komme ich auch noch - was sagt die Bibel zum Thema Gerechtigkeit und Freiheit?
Wenn ich das Thema Frieden hier in der Predigt behandle, dann frage ich ja nach einem Verhalten von einem jeden Christen und einer jeden Christin.
WWJD – What would Jesus do?
So schwierig es auch sein wird, darauf eine gute Antwort zu geben – ich denke, das ist für mich wichtig: Was würde Jesus tun?
Was würde er sagen und raten?
Oder ist Jesus mit einem so klar umrissenen Auftrag und einer ganz bestimmten Vorgangsweise (Stichwort Leidensweg) hier auf der Erde gewesen, dass er zum Krieg in der Ukraine rein gar nichts sagen könnte?
Oder würde er ähnlich wie der Römerbrief (Römer 12,19) argumentieren:
„Das Unrecht zu rächen ist meine Sache, sagt der Herr, ich werde Vergeltung üben?“
Definition von Frieden
Fakt ist, dass der biblische Friede immer viel mehr ist als die Abwesenheit von Krieg. Ich denke, das merken wir daran, wie Jesus das Wort Friede verwendet, wenn er es an seine Jünger adressiert. Besonders nach seiner Auferstehung.
„Friede sei mit euch“ (Johannes 20,19), so werden die Jüngerinnen und Jünger angesprochen.
Oder denken wir an die Verheißung im Johannesevangelium:
„Was ich euch zurücklasse, ist Frieden: Ich gebe euch meinen Frieden – einen Frieden, wie ihn die Welt nicht geben kann.“ (Johannes 14,27)
Jesus sagt das im Zusammenhang mit der Sendung oder der Gabe des Heiligen Geistes.
Und zum Thema Friede in der Bibel möchte ich hier noch Paulus zu Wort kommen lassen:
„Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christo Jesu!“
Auch das deutet an, dass biblischer Friede viel mehr ist als das Schweigen der Waffen.
Praktische Umsetzung
Dennoch – und hier wird es jetzt ganz konkret und ganz praktisch:
Was antworte ich als Christ auf die Frage: Waffenlieferung, ja oder nein?
Soll der Westen jetzt weiter Waffen liefern und die Ukraine in ihrem militärischen Kampf gegen Russland unterstützen?
Oder sollen diese Waffenlieferungen eingestellt werden, damit nicht jeden Tag Menschen sterben?
Hat nicht die Ukraine, als von Russland überfallenes Volk, ein Recht darauf sich zu verteidigen und ihre Gebiete zurückerobern zu wollen?
Oder wird damit ausschließlich eine Waffenlobby unterstützt, die jetzt fette Gewinne macht und die Friedensverhandlungen nur verzögert?
Erweiterung der Diskussion
An dieser Stelle wird man die Diskussion wohl um die Begriffe Gerechtigkeit und Freiheit erweitern müssen.
Wie schaut ein gerechter Friede aus?
Kann man den Ukrainerinnen und Ukrainern einen Frieden zumuten, der ihre Freiheit beschneidet oder gefährdet?
Kann man Russland überhaupt noch vertrauen?
Inhaltlicher Input von der Pfarrer*innentagung
An dieser Stelle möchte ich eine Referentin der Pfarrer*innentagung zu Wort kommen lassen.
Frau Professorin Angelika Dörfler-Dierken hat in ihrem Vortrag auf die Krisen in Europa seit 1990 im Kontext mit Russland hingewiesen.
Vor allem hat sie auf das Budapester Memorandum 1994 hingewiesen, bei dem die Ukraine die Atomwaffen an Russland zurückgegeben hat. Russland hat im Gegenzug der Ukraine dafür die volle staatliche Souveränität garantiert. 1997 wurde in Kiew der russisch-ukrainische Freundschaftsvertrag unterzeichnet. Mit der Besetzung der Krim 2014 wurde dieser von der Ukraine nach 2019 nicht verlängert. Im Februar 2022 erfolgte der Einmarsch russischer Truppen und der Beginn des Angriffskrieges. Russland hat also alle völkerrechtlichen Abkommen und Verträge mit der Ukraine gebrochen.
Konsequenzen aus der Geschichte
Kann man so einem Land also noch vertrauen?
Wie soll dann ein verlässlicher, gerechter Friede ausschauen?
Welche Bedingungen braucht es dafür?
Ist die Rückgabe oder die Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete dafür die Bedingung?
Ist eine solche Forderung realistisch?
Wie sehen das eigentlich die unmittelbar Betroffenen, sprich die Ukrainerinnen und Ukrainer?
Und welche Auswirkungen hat das für Europa?
Insbesondere für die an Russland angrenzenden Länder wie Estland, Lettland oder Finnland?
Zwischenfazit
Unabhängig davon, dass ich alle diese Fragen nicht beantworten kann, war ich hier versucht, die Waffenlieferungen gut zu heißen.
Also um der Freiheit und um der Gerechtigkeit willen, Waffenlieferung ja.
Und natürlich ist mir Bonhoeffer eingefallen.
Dietrich Bonhoeffer war ein evangelischer Pfarrer im Zweiten Weltkrieg, der sich an einem Attentat an Hitler beteiligt hat und dafür von den Nationalsozialisten kurz vor Ende des Krieges hingerichtet wurde.