Predigt zu Jeremia 33,14-16 und Lukas 21,25-36
Glaubensimpuls
Pastorin, Kinder- & Jugendwerk
Liebe Geschwister in Christus,
Heute feiern wir den 1. Advent.
Seid ihr bereit?
Habt ihr alles vorbereitet, das ihr zu dieser Zeit gern vorbereitet habt?
Ich denke da so an Kerzen und schöne warme Lichter, die wir in dieser dunklen Jahreszeit gern aufstellen. Sie sind Zeichen für die Vorweihnachtszeit und für uns Christ*innen auch Zeichen für das Licht, das in unserer Dunkelheit scheint.
Oder ich denke an Adventskränze mit schönen Zweigen, an Sterne, die unsere Türen und Fenster schmücken, ich denke auch an selbstgebackene Kekse und an Lebkuchen. Und als Wahl-Britin denke ich natürlich auch noch an Mince Pies und die wochenlange Vorbereitung des Christmas Cake.
All diese Dinge (und noch viele mehr!) sind Zeichen. Sie erinnern uns an die besondere Jahreszeit, die wir „alle Jahre wieder“ besonders zelebrieren. Mit nahezu kindlicher Freude habe ich vorgestern die ersten Schneeflocken als Zeichen des bald kommenden Winters hier in Salzburg empfangen.
Mit diesen Zeichen verbinde ich zum einen Gefühle: die Advents- und Weihnachtszeit ist für mich im Kern eine Zeit der Hoffnung, der Freude & des Friedens.
Das kommt natürlich nicht von den gemütlichen Begleiterscheinungen des Advents allein. Denn zum anderen verbinde ich mit diesen Zeichen auch die christliche Botschaft des Festes: Gott kommt und Gott ist mit uns! Gott ist uns nah. Auch wenn um uns herum alles dunkel erscheint, vielleicht sogar grau und trostlos, ist Gott in unserer Nähe.
Zeichen der (Ent-)Warnung
Davon haben wir auch in unserem Evangeliumstext von Lukas gehört: von Zeichen und von Gottes Nähe.
Die Zeichen, von denen Jesus hier spricht, sind allerdings nicht die adventlichen Zeichen, die wir gern hätten. Sie sind nämlich gar nicht sehr angenehm.
Es sind Zeichen der Angst, der Bedrohung, der Unklarheit, der Erschütterung, und der Zerstörung.
Es sind keine Zeichen, die endzeitlichen Charakter haben und auf die Zukunft oder die Wiederkunft des Auferstandenen Christus hinweisen. Ganz im Gegenteil sind die Zeichen in diesem Bibeltext bewusst irdische Zeichen von gewaltigem Einfluss. Sie beschreiben einen plötzlichen Umbruch – im historischen Kontext deutet Lukas hier wohl auf die Zerstörung des Tempels in Jerusalem hin. Und auf das wichtige Zeichen: Gott ist trotzdem nahe. Rettung naht. Erlösung kommt. Gottes Heil ist da.
Schöpfungsjahr und Klimakrise
Was unsere Welt derzeit immer wieder erschüttert, sind die Auswirkungen der Klimakrise. Ich zitiere aus den Materialien für das Schöpfungsjahr, die von den 3 evangelischen Kirchen Österreichs für diese Woche geschrieben wurden:
„Von überall hört man: Es ist fast schon zu spät, um die schlimmen Folgen der Klimakrise abzuwenden. Überflutungen und Hitzeperioden nehmen schon jetzt zu, in den Alpen zerfließen die Gletscher, das Artensterben wird durch Erwärmung fortschreiten, die Ernte-Erträge werden auch in Mitteleuropa zurückgehen. Die Kinder, die heute in der Volksschule sind, werden als Erwachsene in einem klimatisch anderen Österreich leben als dem heutigen. Es ist, als würde es unaufhaltsam dunkler werden. – Aber zugleich ist da so eine Passivität: Es ist, als wäre der Klimawandel nur ein böser Traum. Wie schön wäre es, wenn es nur ein böser Traum wäre.
Und dann ist da noch etwas anderes, das zum Zögern bringt: Der Gedanke macht traurig, worauf man vielleicht alles verzichten muss, um das Schlimmste zu verhindern. Von manchen liebgewordenen Gewohnheiten wird man sich verabschieden müssen. Diese Traurigkeit ist legitim. In der Coronazeit spüren wir, wie Verzicht schmerzen kann.
Aber der Advent sagt: Die Traurigkeit und die Passivität haben nicht das letzte Wort. Die Nacht ist dunkel, aber nicht endlos.
Der Advent ist ein Weckruf. Bereitet alles für das Kommen Gottes vor! Von alters her ist der Advent eine Zeit, um über das Kommen Gottes nachzudenken.
Gott nähert sich: Bereitet das Haus dem hohen Gast. Solch eine Vorbereitung schließt auch den Einsatz für die Schöpfung ein. Denn die Vorbereitung dreht sich immer um das Eine, das aufgetragen ist: Gottesliebe und Nächstenliebe. „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses.“ (Röm. 13,10) Sie sucht vielmehr das Gute für die Nächsten.
Klimaschutz und Schöpfungsbewahrung sind das Gebot der Stunde, wenn es darum geht, nach dem Guten für die Nächsten zu streben: für die Kinder, für die Nachbar*innen, für die Menschen weltweit, die wie wir alle von den schlimmen Folgen der Klimakrise betroffen sind.“
Das Leiden der Mitmenschen
John Wesley hat in seiner Lehrpredigt zum „Umgang mit Geld“ auf das Ausmaß der christlichen Nächstenliebe Bezug genommen: „Wenn wir unseren Nächsten lieben wie uns selbst … können wir … niemandem Schaden an seinem Hab und Gut zufügen.“
Die Klimakrise und Ungleichheit der Menschen verschiedener Erdteile, die Auswirkungen der Ausbeutung und Gier haben bewiesenermaßen Schäden angerichtet, die das Hab und Gut unserer Mitmenschen zerstört haben. Ich denke da an die Überschwemmungen, Dürren und Stürme, die sich durch die Folgen des Klimawandels vermehrt haben.
Der Beitrag der Menschen zur Klimakrise hat vielen Mitmenschen Schaden zugefügt.
Heute sind wir uns dieser Schäden bewusst und nehmen die Ausmaße der Katastrophe wahr.
Unrecht und Rechtfertigung
Die Konsequenzen von fehlender Liebe zu Gott und den Nächsten, von Eigensinn, Untreue und Bosheit werden schon vom Propheten Jeremia zu Beginn des Prophetenbuchs als Warnung aufgezeigt:
„Ich sah das Land, und siehe, es war wüst und leer, sah zum Himmel, und er war finster. Ich sah die Berge an, und siehe, sie bebten und alle Hügel wankten. Ich sah, und siehe, da war kein Mensch, und alle Vögel unter dem Himmel waren weggeflogen. Ich sah, und siehe, das Fruchtland war eine Wüste, und alle seine Städte waren zerstört vor dem Herrn und vor seinem grimmigen Zorn. Denn so spricht der Herr: Das ganze Land soll wüst werden, aber ich will mit ihm doch nicht ganz ein Ende machen“ (Jer. 4,23-27)
Gar nicht so unähnlich den Zeichen, die im Lukasevangelium beschrieben werden! Und doch steht bei Jeremia über allem angedrohten und auch erlebten Übel immer die Zusage Gottes, der am Ende trotzdem Gnade walten lassen will.
So auch in der heutigen Lesung:
Die Stadt des Friedens, Jerusalem, wird den Titel „Der Herr ist unsere Gerechtigkeit!“ tragen, in Erinnerung an das Unheil das vor dem Exil geschehen war und an das Heil, das Gott verspricht.
„Der Herr ist unsere Gerechtigkeit!“ – Diesen Ausspruch findet man in etwas ausgeprägterer Form auch bei Paulus wieder: Gottes Gerechtigkeit macht auch uns Menschen gerecht. „Es ist der eine Gott, der gerecht macht die Juden aus dem Glauben und die Heiden durch den Glauben.“ (Röm. 3,30)
Das, was wir auch als Rechtfertigung oder als Erlösung und Heil bezeichnen, also die Hoffnung im Zentrum unseres Glaubens, wird schon beim Propheten Jeremia versprochen und von Paulus im Glauben an Jesus Christus entdeckt.
Wer an Jesus Christus glaubt, egal ob er/sie zuvor einen anderen Glauben hatte („Juden“) oder einer eher weltlichen Tradition angehörte („Heiden“), ist bei Gott richtig. Da gibt es keine Ausgrenzung. Die Hoffnung wird für alle verkündet – durch den Glauben!
Durch unseren Glauben sind wir auf dem richtigen Weg. Wenn wir Jesus Christus nachfolgen, dann erfahren wir Gottes Gerechtigkeit und Sicherheit.
Das ist ein wichtiger Grundsatz für unser Jahr der Schöpfung:
Dann fühlen wir uns nicht ganz entmutigt, wenn wir uns die Schöpfung ansehen und erkennen, was die Menschheit ihr an Schaden zugefügt hat. Wenn wir auf unseren eigenen Lebensweg zurückblicken, dann werden wir sicher an verschiedenen Stellen erkennen, dass das, was wir getan haben, unwissend oder in gutem Glauben (oder vielleicht auch trotz eines besseren Wissens), nicht zur Bewahrung der Schöpfung gedient hat.
Das Problem mit dem Plastik
Ein praktisches Beispiel: Vor Kurzem habe ich mir eine Dokumentation über das Plastikproblem unserer westlichen Welt angesehen.
Die vielen bekannten Folgen des Plastikkonsums wurden dargestellt: Plastik kann oft nicht recycelt werden, weil es aus unterschiedlichen Komponenten besteht. Plastikmüll wird ausgelagert und landet auf großen Müllbergen in östlichen Ländern. Plastik schwimmt auf dem Meer und an die Strände. Plastik gefährdet Meerestiere und kleinste Teilchen werden sogar von den Fischen aufgenommen, die wir später essen.
Das war mir alles nicht neu und ist einer der Gründe, warum ich versuche, in meinen Einkaufs- und Alltagsroutinen immer mehr auf Plastik zu verzichten.
Was mich aber besonders betroffen hat, war der Ansatz der Doku-Serie: in unseren Kinderzimmern. Es wurde gezählt, wie viele Spielzeuge Kinder besitzen, die aus Plastik sind (die Kinder in der Doku hatten zwischen 300 und 600 Spielsachen pro Kind in ihren Zimmern!). Nicht nur sind das sowieso zu viele Dinge für die überforderten Kinder – sie landen oft auch (entweder beschädigt oder ganz) im Müll und können nicht wieder sinnvoll weiterverwendet werden. Was sich ganz besonders auf Müllhalden findet sind die kleinen Plastik-Spielsachen, die Kindern in Überraschungseiern oder McDonalds Happy Meals geschenkt werden. Und hier hat mich das Ergebnis schon sehr getroffen – da waren sicher einige aus unserem Haushalt dabei!
Kinder freuen sich über die kleinen Geschenke, doch sie spielen oft nicht lang mit ihnen. Wirklich sinnvoll ist diese billige Plastikflut nicht.
Daher mein persönlicher Vorsatz für den Advent und die Vorbereitung auf Weihnachten:
Wenn ich der Schöpfung etwas Gutes tun möchte, dann werde ich zu Weihnachten keine neuen Plastikspielsachen einkaufen. Dann werde ich versuchen, etwas Gebrauchtes zu finden, das wir weiterverwenden können, ohne dass mehr Müll auf unserem Planeten entsteht.
Vielleicht schaffen wir es auch, dieses Jahr statt neues Geschenkpapier zu kaufen, unsere Packerl in bunt bemaltes Zeitungspapier einzuwickeln. Es gibt so viele Möglichkeiten, kreativ das zu nutzen, was uns schon zur Verfügung steht. Doch dazu müssen wir bereit sein, umzudenken und unseren schädlichen aber oft einfachen und bequemen Lebensstil aufzugeben.
Advent = Lebenswandel!
Mit den Worten Jesu, beim Evangelisten Lukas: „Bleibt wachsam! Nehmt euch in Acht! Maßlosigkeit, Trunksucht und Alltagssorgen sollen euch nicht gefangen nehmen.“ (V 33-34)
Wachsam sein für das Reich Gottes bedeutet, der Schöpfung und den Nächsten liebevoll und aufmerksam zu dienen.
Wachsam sein ist ein Lebenswandel, ein Umdenken, eine Abkehr von Dingen, die uns von Gottes Reich ablenken.
Der Advent lädt uns ein, unsere Sichtweise zu erneuern, unseren Blick wieder neu auf Gottes Kommen auszurichten.
Unser Blick fällt gen Weihnachten auf das Kind in der Futterkrippe. Gott, der uns Menschen so nahe ist, dass er selbst ganz Mensch wird in Jesus Christus.
Ich zitiere noch einmal abschließend aus den Materialien für den Beginn des Schöpfungsjahres:
„Bereitet alles für das Kommen Gottes vor! Das heißt: Bereitet in Liebe alles für das Kind in der Krippe vor. Gott ist nicht der Macher, der es richten wird, und wir können weiterschlafen. Gott ist das Kind im Bauch der Maria – und liefert sich in die Hände der Menschen aus, wird selbst Nächster.“
Mögen unsere Herzen und unsere Arme offen sein für alle Menschen, die unsere Nächsten sind.
Amen.
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