Weih­nach­ten: Heil oder doch eher Chaos?

Glaubensimpuls

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Dorothee Büürma

Pastorin, Erwachsenenbildung


Eine Kurz-Predigt zum Heiligen Abend (EmK Salzburg)
Frieden oder Unruhe?

Liebe Kinder, liebe Erwachsene,

Was feiern wir heute?
Weihnachten (das war eh klar) – aber was ist damit eigentlich gemeint?
Worauf warten wir denn den ganzen Advent?

Was er-warten wir uns von Weihnachten?

Und kommt das, worauf wir warten, wirklich heute und morgen und diese Weihnachtszeit zu uns?

Die Pandemie hat mich nachdenklich gemacht. Ich denke, ich bin da nicht allein.

In den Jahren in England wurde Weihnachten in unserer Familie immer bunter, vielfältiger, lauter. Und immer mehr mit Erwartungen angefüllt: 
Man musste nach heimatlicher Tradition Kekse backen – und zwar so viele Sorten wie irgend möglich. 
Nach britischer Tradition mussten Karten verschickt werden. Selbst die Kinder mussten ihrer ganzen Schulklasse bzw. Kindergartengruppe Weihnachtskarten schreiben. Wir haben so zwischen 150 und 200 Karten pro Weihnachten produziert. Das war zwar nett, aber viel konnte man da gar nicht persönlich sagen.

Und dann brauchte es natürlich Geschenke, ein großes Weihnachtsessen und Zeit für Familienbesuche.

Oh – und dazu kamen für mich natürlich noch die ganzen Gottesdienste und kirchlichen Veranstaltungen…

Mein eigenes Weihnachtsgefühl ist daher seit Jahren eigentlich die totale Erschöpfung, wenn dann nach allen Gottesdiensten, Feiern und Vorbereitungen an Weihnachten selbst endlich die Ruhe einkehrt.

Dieses Jahr und letztes Jahr waren irgendwie anders. Nichts konnte ins Detail vorausgeplant werden. Vieles musste im kleineren Rahmen und eher spontan passieren. 

Und das romantische Weihnachtsgefühl der trauten Gemeinsamkeit im Kreis von Familie oder lieben Freund*innen ist auch nicht (mehr) das, was wir uns vielleicht erträumt hätten. 
Dieses Jahr wiegt nicht nur die Einschränkung des Feierns schwer auf unseren Seelen, sondern hinzu kommen Spannungen in der Gesellschaft, die sich auch auf Familie und Freundeskreis auswirken. Die psychischen Auswirkungen der Pandemie machen uns müde, erschöpft und vielleicht nicht ganz so tolerant den Mitmenschen gegenüber, wie wir es gern wären.

Das ent-romantisierte Weihnachten – eine hoffnungsvolle Vorstellung:

Weihnachten fühlt sich anders an dieses Jahr.
Und doch… Ist genau darin nicht die Botschaft des Festes versteckt?
Es kam alles anders als erwünscht, erhofft, geplant.
Auch schon vor über 2000 Jahren zur Zeit der Geburt Jesu!
Auch damals, wie wir es jedes Jahr im Weihnachtsevangelium verkünden, war die Zeit nicht heil und voller Liebe und Hoffnung. 
Ganz im Gegenteil, die Menschen, unter denen Gott in Jesus zur Welt kam, lebten in Unterdrückung und Angst. Hoffnungen und Träume wurden zertrümmert. Es herrschte Gewalt und Feindseligkeit. 
Nächstenliebe war auch in der Weihnachtsgeschichte nicht überall spürbar – ich denke an die fehlende Bereitschaft einem jungen Paar Herberge zu bieten, das ein Kind erwartete. Ich denke an Herodes, der seine Macht mit allen Mitteln beweisen musste. 

Und mir fällt wieder einmal auf: Gott suchte sich nicht ein schönes Haus oder gar den Königspalast aus, um dort in die Welt hineinzukommen. 

Die Weihnachtsgeschichte spielt sich eher am Rand der Gesellschaft ab – eine armselige Geburt in einer Notunterkunft, die Erscheinung des Engels unter den Hirten am Feld, weit weg von der Stadt und den wichtigen Menschen. Unter den Menschen, die von der Elite kaum beachtet wurden, wurde Gott Mensch. Sie hatten einen Blick für das Besondere und ließen sich von der Hoffnungsbotschaft anrühren. Sie zeigten Liebe und Menschlichkeit, sie nahmen den Gottessohn an und schenkten ihm ihre Aufmerksamkeit. 

Die Geburt Jesu steht im Zentrum der Weihnachtsbotschaft – und doch geht es hier um mehr als nur um Gottes Mensch-werden. Es geht darum, dass Gott in den Mitmenschen etwas bewegte und dass sich Menschlichkeit am Rand der Gesellschaft auf wundersame Weise ausbreitete.

"Probier's doch – mal mit Menschlichkeit, mit Liebe und Mitmenschlichkeit..."

Das wünsche ich uns auch diese Weihnachten: 
Nicht, dass wir auf Gottes in-die-Welt-Kommen warten, sondern dass wir selbst im Kleinen mehr menschlich werden. Dass Gottes Menschlichkeit durch unser Leben sichtbar ist. Das schenkt mir Hoffnung und Freude, auch wenn andere Dinge scheitern und das Leben sich nicht an meine Regeln halten will.

Gott ist da, wo Menschen einander annehmen. Das war zur Geburt Jesu so und das können auch wir in unserem Alltag erleben – wenn wir uns auf die kleinen Wunderzeichen einlassen und den Blick auf unsere Mitmenschen lenken.   
AMEN.

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