Wie kann ich glücklich sein?

Glaubensimpuls

Bild von Dorothee Büürma
Dorothee Büürma

Pastorin, Erwachsenenbildung


Eine Predigt zu Jeremia 17,5-8 und zu den Seligpreisungen (Lukas 6,17-26)

"Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde" – so das Sprichwort.
Die Predigt aus dem Gottesdienst der EmK Salzburg, der auch online übertragen wird, will dem Glück auf die Spur kommen. Vielleicht liegt es ja auch sonst noch irgendwo:

Liebe Predigt-Leser*innen,

Seid ihr glücklich?
Zählt ihr euch zu den Menschen, die in ihrem Leben Glück haben?
Was bedeutet es, glücklich zu sein?

Was sind Dinge, die einen Menschen glücklich machen?

Mir fallen da spontan ja einige Beispiele ein (und euch sicher auch)… Mich macht ja schon eine Tasse Kaffee zur richtigen Zeit (und die ist eigentlich fast immer!) glücklich! Oder Schokolade… Oder eine Umarmung meiner Kinder!
Oder natürlich, wenn das Fußballteam meiner Wahl eine Meisterschaft gewinnt…

Glück ist etwas, das man spüren kann – deshalb gibt es ja Glücks-Hormone in unserem Körper.

Glücks-Forschung

Bevor wir auf Jesu Gedanken zum Glücklichsein eingehen, möchte ich daher das Glück von der medizinisch-psychologischen Seite betrachten.

Und dazu musste ich noch einmal nachlesen, was Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt, Psychologe, Kabarettist und leidenschaftlicher Glücksforscher, zu diesem Thema geschrieben hat.

In seinem Buch „Glück kommt selten allein“, das hier in wenigen Sätzen zitiert wird, fragt er: „Stellen Sie sich vor, Sie selbst wären das Glück. Würden Sie dann gerne bei sich vorbeikommen?“ 

Glück ist etwas, was im eigenen Leben Raum einnehmen kann – wenn wir ihm diesen Raum geben! Das Glück fällt uns nicht einfach zu, sondern es ist oft von uns erarbeitet. 
Das Glück, im ursprünglichen Sinn, ist kein ständiger Zustand von Perfektion, sondern ein Auf und Ab. Das Glück besteht nicht nur aus guten, positiven Erfahrungen, sondern auch aus Krisenmomenten, die wir durchlebt und überstanden haben.

Von Hirschhausen beschreibt dazu ein Foto, das er von einem faulenden Apfel gefunden hat. Auf den ersten Blick denkt man: „Schade, dass dieser Apfel offensichtlich schlecht ist.“ Auf den zweiten Blick, ganz klein und im Detail sieht man, wie sich Marienkäfer („Glückskäfer“) auf der fauligen Stelle tummeln und den Apfel sichtbar genießen. 
Das Glück wird uns oft erst auf den zweiten Blick oder im Nachhinein bewusst.

Was macht uns Menschen also glücklich, laut von Hirschhausen? 
Zum einen das bewusste Streben nach Glücks-Momenten. 
Zum anderen sind es aber eindeutig auch die zwischenmenschlichen Beziehungen, die uns glücklich machen.
„Freundschaft und soziale Beziehung sind der allerwichtigste Faktor zur persönlichen Zufriedenheit.“ 

Ich denke, das haben wir in den letzten Monaten deutlich gespürt, wie sehr die fehlenden Begegnungen im Lockdown uns unglücklich gemacht haben und wie sehr wir Menschen uns nach Gemeinschaft sehnen.
Wir werden glücklich im gesellschaftlichen Miteinander, wenn wir den Blick von uns selbst nehmen und die Lebenssituation unserer Mitmenschen wahrnehmen.

Ein letztes Zitat von Dr. Eckart von Hirschhausen: 

Andere Menschen glücklich zu machen ist leichter, als sich selbst glücklich zu machen.

Dr Eckart von Hirschhausen
„Glück kommt selten allein“

Glücklich werden wir also, wenn wir uns daran freuen können, dass andere glücklich sind.
Glücklich werden wir, wenn wir uns nicht von Neid und Gier leiten lassen im Leben, sondern uns aufrichtig am Glück unserer Mitmenschen erfreuen können.

Glückwünsche in der Bibel

Und an dieser Stelle möchte ich auf die heutigen Bibeltexte Bezug nehmen:

Im Lukasevangelium haben wir heute die sogenannten Seligpreisungen gelesen.
Selig – oder glücklich – ist im Griechischen ein interessantes Wort. Es ist nicht etwas, was wir Menschen uns selbst erarbeitet haben, sondern ein Zustand, der uns von Gott geschenkt wird. Glücklich, „makários“ ist derjenige (oder diejenige), der/die von Gottes Gnade beschenkt wurde und den Glauben hat, das zu erkennen. Der Wortstamm bedeutet ganz wörtlich übersetzt „erweitert werden“. Glücklich sein ist also ein Zustand der Erweiterung, der sich aus dem Glauben entwickelt.

Jesus sprach diese Seligpreisungen, diese Glückwünsche, seinen Jüngern zu. Er hatte die Apostel schon aus der großen Menge der Jüngerschar erwählt, doch Jesus war sich bewusst, was für eine Anziehungskraft er für die vielen Menschen hatte, die unter schweren Bedingungen litten. Sie alle fanden bei ihm Hoffnung, Trost und Heil(ung). 
Und sie alle waren Menschen, die aufgrund ihrer Lebensumstände nicht unbedingt als Glückspilze erscheinen, die aber durch ihren Glauben an Jesus Glück erfahren konnten.
Jesus nennt ein paar Beispiele: 

Glücklich seid ihr Armen:
„ptóchos“: Das waren Menschen, die am Boden zerstört waren, die gekrümmt waren und im Elend leben mussten. 
Er spricht hier direkt zur Menschenmenge: „Euch gehört das Reich Gottes.“ Gott ist bei euch, wenn ihr komplett am Boden seid. In diesem Zustand der Machtlosigkeit ist Gottes Macht für euch spürbar. 

Glücklich seid ihr Hungrigen – das Wort im griechischen Original bedeutet „hungern“ oder auch „sich nach etwas sehnen“. 
Jesus spricht zu den Menschen, die mit dem, was sie vor Augen haben, nicht zufrieden sind; die sich andere Umstände wünschen; die erkennen, dass nicht alles perfekt läuft im Leben. 
Wenn ihr darauf vertraut, dass Gott euch mehr schenken kann, werdet ihr gefüllt/erfüllt/zufrieden sein!

Auf diese Verse des Zuspruchs folgen aber auch Verse, die Jesus offensichtlich bekümmern:
„Wehe euch, ihr Reichen…, Wehe euch, wenn ihr von allen Menschen gelobt werdet…“
Der Ausruf „wehe“ / „ouai“ ist ein Ausdruck der Sorge und Trauer. Jesus warnt nicht bösartig, sondern drückt seinen Kummer aus. Er spricht auch hier den Menschen zu: Ich sorge mich um euch, ihr stimmt mich traurig. Ich wünsche mir etwas besseres für euch. 
Wenn ihr denkt, es ist alles gut und es wird immer alles perfekt sein, dann liegt ihr falsch. Dann werdet ihr irgendwann unerwartet die böse Überraschung finden, dass auch mal etwas schief geht. 
Wahres Glück könnt ihr auf diesen Wegen erst einmal nicht finden.

An dieser Stelle habe ich das Bild des Propheten Jeremia vor Augen:

Ein Mensch, der sich nur auf andere Menschen verlässt (statt auf Gott), wird im Leben enttäuscht werden. Wer sein Glück in materiellen, „vergänglichen“, Dingen sucht, wird es nicht dauerhaft finden. Wie ein Baum in der Wüste wird so ein Mensch irgendwann austrocknen, wenn die Mitmenschen anders reagieren als erwünscht oder wenn das, was man besitzt, keine Freude mehr bringt. Wer zum Beispiel immer das neuste Handy haben möchte, wird nie lange glücklich sein – es gibt ja immer wieder ein neueres Modell, das an irgendeiner Stelle verbessert wurde.

Gesegnet/ glücklich sind auch für Jeremia diejenigen, die ihre Hoffnung nicht in die eigenen Fähigkeiten setzen – sondern in das, was Gott schenkt. Der Prophet spricht hier mit dem Bild von einem Baum, der am Wasser gepflanzt ist. Das Wasser schenkt ihm Lebenskraft – seine Blätter sind grün. Dieses Bild vom Wasser des Lebens finden wir in der Bibel immer wieder – auch Jesus bezeichnet sich ja als denjenigen, der dieses Wasser des Lebens schenkt.

Jeremia sagt hier sehr deutlich, dass auch Menschen, die mit Gottvertrauen leben, nicht nur gute Zeiten erleben werden. Auch der Baum am Wasser erlebt trockene Jahre. Doch er hat genug Wasser gespeichert und seine Wurzeln sind so tief, dass er die Herausforderungen gut übersteht.

Zwei biblische Texte, die uns verraten, was das Geheimnis eines glücklichen Lebens ausmacht: Es geht nicht darum, nur Gutes zu erleben oder alles perfekt zu machen. Glücklich sind wir, wenn wir auch Krisen gemeistert haben oder aus Fehlern gelernt haben.

Sind Christ*innen glücklich?

Und da muss ich noch einmal auf uns Christ*innen zu sprechen kommen. Denn oft versuchen wir ja dem Bild Christi getreu zu werden. Wie er wollen auch wir möglichst liebevoll mit unseren Mitmenschen umgehen, möglichst viel Gutes tun und möglichst keine Fehler machen.
Aber sind wir mal ehrlich: Niemand von uns ist Gott selbst auf Erden. Diesem Anspruch können wir Menschen nie gerecht werden. 
Und das wird immer wieder deutlich, wenn wir bestimmte Menschen verehren, weil wir sie vielleicht als Vorbilder im Glauben ansehen oder als „heiliger“ als den Rest der Menschheit. Das sind Ansprüche, denen auf Dauer niemand gerecht werden kann. 
Deshalb stürzen so viele Promis in Süchte oder Depressionen ab. 
Deshalb schockt es die westliche Welt so sehr, wenn ein Papst und andere Geistliche in menschenunwürdiges Leid verwickelt waren und sind.
Glücklich macht es niemanden, von sich selbst etwas zu erwarten, das für uns Menschen unmöglich ist. 

(Gottes) Liebe macht glücklich!

Und das ist auch nicht die Absicht von Jesu Leben und Handeln. Gott liebt uns Menschen, wie wir geboren sind, mit unseren Fähigkeiten und unseren Lernerfahrungen. Und weil Gott uns Menschen so liebt, kommt er uns in Jesus so nahe. Aus unendlicher Liebe wird Gott so menschlich wie wir es sind – um unsere Bedürfnisse aus eigener Erfahrung zu verstehen und um uns auch in den Herausforderungen beistehen zu können, die wir erleben.

Hoffnung, Kraft und Zuversicht finden wir da, wo wir unser Vertrauen in Gottes Liebe setzen und wo wir aus diesem Vertrauen heraus leben.

Ich schließe mit Worten von John Wesley:

Der ganze christliche Glaube ist nichts als ein Dienen der Liebe.

So herrlich und edel der Glaube auch ist – er ist nicht Ziel und Zweck der Gebote. Diese Würde hat Gott allein der Liebe vorbehalten: Liebe ist das Ziel aller Gebote Gottes… Sie wird bestehen bleiben, wenn Himmel und Erde vergehen.

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