Zwischenruf: Muttertag
Glaubensimpuls
Pastorin, Kinder- & Jugendwerk
Gedanken zum Muttertag
Heute ist in Österreich und in vielen anderen Ländern Muttertag. Für mich ist es schon der zweite in diesem Jahr! Den ersten feiern wir als teilweise britische Familie immer schon am 4. Sonntag in der Fastenzeit – so wie es in Großbritannien üblich ist. Dort habe ich nämlich bis vor 3 Jahren gelebt und dort sind meine Kinder geboren.
Der Muttertag ist in Großbritannien ein Fest des Konsumrauschs. Die „weltbesten Mamas“ werden an diesem Tag groß gefeiert. Selbst in der Volksschule meines Sohnes wurde zum Muttertag nicht etwa gebastelt, sondern ein kleiner Markt im Turnsaal aufgebaut, bei dem die Kinder schon von klein auf üben konnten, ihren Mamas Geschenke einzukaufen.
Auch in den englischen Kirchen wird der Muttertag zelebriert: Es gibt Blumen für alle Mütter und oft Gottesdienste für Familien, die ganz zum Thema Muttertag gehalten werden.
Mich hat das immer irritiert; ich kenne zu viele Menschen, die an diesem Sonntag die Außenwelt meiden, weil sie aus eigenen schlechten Erfahrungen keine guten Gedanken mit Müttern verbinden können oder weil sie nicht Mutter sein können oder wollen.
Doch woher kommt eigentlich dieser Muttertags-Trubel?
Ich bin einerseits stolz, andererseits auch beschämt, dass die Tradition des Muttertags einen methodistischen Hintergrund hat:
Die amerikanische Methodistin, Anna Jarvis, hatte schon im Jahr 1907 die Idee, einen Gedenkgottesdienst zu Ehren der Mütter in ihrer Gemeinde zu feiern. Als Zeichen der Dankbarkeit wurden Blumen für jede Mutter in die Kirche gebracht. Schon ein Jahr später wurde die Tradition des Muttertag-Feierns eingeführt. Was Anna Jarvis nicht beabsichtigt hatte, war die Kommerzialisierung dieses Tages. Sie konnte diese Entwicklung aber nicht aufhalten, wie man heutzutage in Ländern wie Großbritannien oder auch Österreich deutlich sieht.
Meine beiden Söhne lieben den Muttertag. Ich spüre: Die Mama ist ihnen wichtig.
Frage ich sie zum Beispiel nach ihrem Traumberuf, sagt der Jüngere, er will das arbeiten, was die Mama arbeitet. Der Ältere antwortet meistens, dass er selbst Mutter sein will, wenn er groß ist.
Er macht mich nachdenklich. Was genau meint er damit? Was ist es, das eine Mutter auszeichnet?
Wenn ich nachfrage, geht es um das Da-sein, die Fürsorge, das Sich-kümmern. Es geht ihm um Geborgenheit, Nähe und Liebe. Traditionelle Mutter-Werte, möchte man vielleicht meinen. Und ich freue mich, dass auch Buben erkennen, dass solche Werte wichtig sind. Und dass nicht nur Frauen diese Erfahrungen weitergeben können, sondern dass es zumindest für meinen Sohn selbstverständlich ist, dass auch er so „mütterlich“ sein darf.
Als Theologin faszinieren mich biblische Gottesbilder, die solche traditionell mütterlichen Eigenschaften aufnehmen: Wie Gott uns Menschen als Kinder im Mutterschoß hält und nährt. Oder Jesus, der von sich sagt, dass er wie eine Mutterhenne die Küken unter seinen Flügeln sammeln möchte, um sie ganz nah bei sich zu haben.
Mütter im biblischen Sinn schenken Zuwendung und Liebe. Und ich finde, das lohnt sich zu feiern!
Doch auch für Väter gilt dieser Auftrag: Jesus spricht an anderer Stelle von Gott mit dem Gleichnis des liebenden Vaters, der seinen abtrünnigen – „verlorenen“ – Sohn überaus barmherzig wieder bei sich aufnimmt.
In diesem Sinne wünsche ich allen, die heute Liebe und Zuwendung im weitesten Sinn feiern, einen schönen Muttertag!
Verfasst für die Sendung:
Ö1, Zwischenruf, 8. Mai 2022, 6:55 Uhr.