Pfingsten und die Gaben, Dienste und Kräfte
Glaubensimpuls
Lokalpastor EmK Schweiz
3 Deshalb weise ich euch auf Folgendes hin: Niemand, der unter der Leitung von Gottes Geist redet, wird jemals sagen: »Jesus sei verflucht!« Und umgekehrt kann niemand sagen: »Jesus ist der Herr!«, es sei denn, er wird vom Heiligen Geist geleitet.
4 Es gibt viele verschiedene Gaben, aber es ist ein und derselbe Geist, der sie uns zuteilt.
5 Es gibt viele verschiedene Dienste, aber es ist ein und derselbe Herr, der uns damit beauftragt.
6 Es gibt viele verschiedene Kräfte, aber es ist ein und derselbe Gott, durch den sie alle in uns allen wirksam werden.
7 Bei jedem zeigt sich das Wirken des Geistes auf eine andere Weise, aber immer geht es um den Nutzen der ganzen Gemeinde.
8 Dem einen wird durch den Geist die Fähigkeit geschenkt, Einsichten in Gottes Weisheit weiterzugeben. Der andere erkennt und sagt mit Hilfe desselben Geistes, was in einer bestimmten Situation zu tun ist.
9 Einem dritten wird – ebenfalls durch denselben Geist – ein besonderes Maß an Glauben gegeben, und wieder ein anderer bekommt durch diesen einen Geist die Gabe, Kranke zu heilen.
10 Einer wird dazu befähigt, Wunder zu tun, ein anderer, prophetische Aussagen zu machen, wieder ein anderer, zu beurteilen, ob etwas vom Geist Gottes gewirkt ist oder nicht. Einer wird befähigt, in Sprachen zu reden, die von Gott eingegeben sind, und ein anderer, das Gesagte in verständlichen Worten wiederzugeben.
11 Das alles ist das Werk ein und desselben Geistes, und es ist seine freie Entscheidung, welche Gabe er jedem Einzelnen zuteilt.
12 Denkt zum Vergleich an den menschlichen Körper! Er stellt eine Einheit dar, die aus vielen Teilen besteht; oder andersherum betrachtet: Er setzt sich aus vielen Teilen zusammen, die alle miteinander ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Genauso ist es bei Christus.
13 Denn wir alle – ob Juden oder Nichtjuden, Sklaven oder Freie – sind mit demselben Geist getauft worden und haben von derselben Quelle, dem Geist Gottes, zu trinken bekommen, und dadurch sind wir alle zu einem Leib geworden.
Liebe Schwestern und Brüder,
ich habe mich für die heutige Predigt für den Text aus dem 1. Korintherbrief entschieden. Ich denke dieser Text beinhaltet eine Vielzahl an Aussagen über den Heiligen Geist und das ist ja unser Thema heute. Heute an Pfingsten.
Stichwort Vielzahl an Aussagen: Je älter ich werde, desto besser kann ich mit der Vielzahl oder Vielfalt leben. Manch einer mag das schon in jungen Jahren begriffen haben – das ist durchaus möglich und schön –, aber mir fällt es erst in letzter Zeit verstärkt bei mir auf. Gerade der heutige Text zeigt es wieder besonders deutlich: Die Dinge sind eben nicht nur so. Und ausschließlich so.
Die Vielfalt zu sehen und zu leben bedeutet für mich Freiheit. Und die Freiheit, die Dinge nebeneinander statt hintereinander zu sehen ermöglicht uns, ein Leib sein zu können.
Das wäre dann das Ziel.
Aber beginnen möchte ich mit dem Anfang und das ist die Feststellung, dass es heute um die Gaben und Auswirkungen des Heiligen Geistes geht und nicht so sehr um den Heiligen Geist.
Der heute gehörte Text ist eigentlich sehr klar strukturiert. Erst geht es darum, woher die verschiedenen Gaben, Dienste und Kräfte kommen. Dann wird festgehalten wozu es diese Gaben gibt und was sie bewirken sollen. Und schließlich wird aufgezählt oder beschrieben, wie die verschiedenen Wirkungen des Heiligen Geistes aussehen können.
Und zu allererst, in Vers 3, wird der Bezugspunkt aller dieser Auswirkungen oder Gaben des Heiligen Geistes ganz klar benannt und das ist Jesus Christus. „Niemand kann sagen 'Jesus ist der Herr!' es sei denn, er oder sie wird vom Heiligen Geist geleitet.“
Das deckt sich ganz gut mit der von mir ja schon öfter bezeugten Aussage, dass niemand an Jesus glauben kann ohne den Heiligen Geist. Es gibt spektakuläre Wirkungen des Heiligen Geistes. Keine Frage, die gibt es und einige werden im heutigen Text ja auch genannt. Es gibt aber auch – und in meiner Erfahrung ist das überwiegend die Regel – diese stille und trotzdem ganz wesentliche Wirkung des Heiligen Geistes, die uns an Jesus glauben lässt. Ich sage das deshalb immer wieder, weil es wichtig ist. Jede und jeder der glaubt, hat den Heiligen Geist empfangen. Und die klarste Stelle dazu finden wir im Römerbrief, wo es heißt: „Der Geist bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.“ (Römer 8,16)
Doch kehren wir zurück zu unserem heutigen Text aus dem 1. Korintherbrief. Bei der großen Vielzahl an Themen, die dieser Text bietet, möchte ich heute das woher der Gaben des Geistes in den Blick nehmen.
Es gibt viele verschiedene Gaben, aber es ist ein und derselbe Geist, der sie uns zuteilt. Es gibt viele verschiedene Dienste, aber es ist ein und derselbe Herr, der uns damit beauftragt. Es gibt viele verschiedene Kräfte, aber es ist ein und derselbe Gott, durch den sie alle in uns allen wirksam werden.
Da steckt eine Menge an Theologie in diesen drei Sätzen.
Zunächst einmal sind diese drei Sätze ein glasklares Bekenntnis zum dreieinigen Gott. Es ist derselbe Geist und derselbe Herr und derselbe Gott, der verantwortlich ist. Unschwer können wir darin Gott als Geist, Jesus als Herr und den Vater in der Anrede Gott erkennen.
Als Nächstes ist interessant und aufschlussreich, welche Verben mit den drei verschiedenen Auswirkungen, nämlich Gaben, Dienste und Kräfte, verknüpft werden.
Gaben werden uns zuteil. Mit Diensten werden wir beauftragt. Und die Kräfte werden in uns wirksam werden. Und zwar in uns allen wirksam werden.
Ich denke, die Gaben sind wohl am verständlichsten. Dass jede und jeder von uns Gaben hat, die uns zuteil geworden sind, also die nicht unser eigener Verdienst sind, ist nachvollziehbar. Dass der eine oder andere Maturant fast keinen Finger krumm machen muss und trotzdem passable Noten bekommt, ist nicht sein Verdienst. Nein, sondern er hat so begnadet clevere Eltern, die ihm diesen genetischen Vorteil verschafft haben, dass er einfach fast nichts lernen musste. Würden sich die Eltern gerne einreden. Der heutige Text sagt, es ist die freie Entscheidung des Geistes, der die Gaben zuteilt. Und bei näherer Betrachtung haben ja auch schon die Eltern davon gelebt, dass sie beispielsweise in Österreich geboren wurden. Und dass ihre Eltern sie mit Bildung versorgen konnten. Und so weiter und so weiter.
Wenn man genau hinschaut, dann wird sehr schnell klar, wieviel eigentlich gar nicht unser Verdienst ist, obwohl wir uns das so gerne einreden wollen.
Ja du bist fleißig. Ja, du bist tüchtig, Ja, du hast viel gearbeitet. Und du trägst viel Verantwortung. Aber dass es soweit kommen konnte, ist eben nicht dein Verdienst. Weder konntest du dir deine Eltern und deren Geschichte aussuchen, noch das Land oder das Jahrhundert, in das du geboren wurdest. Aber genau das spielt eine entscheidende, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle.
Damit komme ich zu den Diensten, mit denen uns der Herr beauftragt. Und hier, denke ich, müssen wir das Wort Dienst genauer anschauen. Es gibt eine ganze Reihe von Tätigkeiten in unserer Gemeinde, die wir Dienste nennen und für die ich dankbar bin, aber die jetzt nicht unmittelbar vom Herrn beauftragt werden. Was meine ich damit?
Wir haben hier in Graz mittlerweile eine recht umfangreiche Liste rund um die Organisation unserer Gottesdienste. Ich erstelle diese Liste jeweils einmal im Quartal also alle drei Monate. Und in diese Liste trage ich ein, wer die erste Lesung liest und wer die zweite; wer eine deutsche Fürbitte macht und wer eine anderssprachige; wer für den Blumenschmuck verantwortlich ist und wer die Technik macht; wer am Klavier sitzt und wer übersetzt. Und wenn ich dann alles möglichst fair und ausgewogen, Familien und Fahrgemeinschaften berücksichtigend eingeteilt habe, dann verschicke ich diese Liste an alle Beteiligten. 30 verschiedene Menschen habe ich dann in meinem E-Mail-Verteiler und das ist wirklich großartig. Ein herzliches Dankeschön an alle am Gottesdienst beteiligten Menschen hier in der Gemeinde! Und ein herzliches Dankeschön auch an alle, die in der Sonntagsschule mitarbeiten oder Predigt- und Gottesdienstleitungen machen, denn die werden in besagter Liste gar nicht erfasst! Insgesamt sind das also schon 39 Personen. Mit dem Mann an der Geige oder denjenigen, die die Kollekte einsammeln sind wir bei 42. Und wenn dann noch, so wie heute der Chor singt, dann wird die enorme Vielfalt der Beteiligung am Gottesdienst sichtbar.
Noch einmal herzlichen Dank dafür und herzliche Einladung, sich an diesem Geschehen zu beteiligen.
Und dennoch glaube ich, dass es bei den im Text angesprochenen Diensten um Dienste geht, zu denen uns Jesus beruft. Die also mit innerer und äußerer Berufung zusammenhängen. Das bedeutet nicht, dass so ein Dienst über einen anderen zu stellen wäre, aber es gibt eben Tätigkeiten, die mehr als andere ein inneres Ja zu Gottes Auftrag benötigen.
Damit komme ich zu den Kräften, die in uns allen wirksam werden.
Dieses „in uns allen wirksam werden“ ist zunächst einmal eine Verheißung!
Das ist keine Frage oder keine Möglichkeit, sondern das wird so sein. Wie auch immer es dann konkret ausschaut.
Trotzdem tue ich mir mit diesen Kräften am Schwersten.
Was ist das? Was ist damit gemeint?
Nun, ganz grundsätzlich geht es um all die Dinge, die dann im Folgenden, wo es um das „wie wirkt der Heilige Geist“ geht benannt werden. Also Weisheit weitergeben, Kranke heilen, prophetische Aussagen machen und so weiter. Neun verschiedene Wirkungen habe ich gezählt. Wir haben es übrigens auch vorher gesungen: „Here with the power to heal now“ – mit der Kraft zu heilen.
Aber entspricht das der Wirklichkeit in unserer Gemeinde? Hier in Graz? Würde man solche Kräfte nicht eher in einer charismatischen Pfingstgemeinde finden? Und sind wir deshalb armseliger als die Gemeinde in Korinth, nur weil wir diese Gnadengaben nicht bei uns anfinden?
Man kann über solche Fragen nachdenken. Und ja, ich kenne – glaube ich – nur eine Person bei uns in der Gemeinde, die in Sprachen sprechen kann, die von Gott eingegeben sind. Und wüsste nicht, wer schon mal einen Kranken geheilt hat, z.B. durch Handauflegen.
Aber eines weiß ich. Wir sind nicht Korinth. Wir sind die methodistische Gemeinde in Graz im Jahr 2023. Und wenn ich eines gelernt habe, dann ist es mich nicht zu vergleichen.
Mag sein, dass unsere protestantische Tradition eher auf das schaut, was Gott getan hat. Wie Gott Mensch wird, an Weihnachten. Oder wie Jesus aufersteht, zu Ostern. Vielleicht tut es uns gut nicht nur zu sehen, was Gott getan hat, sondern auch zu sehen, was er tut.
Aber Gott wirkt unter uns, davon bin ich überzeugt. Deshalb formuliere ich ja auch in der Gegenwart. Jesus wird auch für uns Mensch. Er wird auch für uns der Auferstandene an Ostern. Jedes Jahr erinnern wir uns daran, aber das bedeutet ja nicht, dass wir ausschließlich in der Vergangenheit leben.
Zu Beginn dieser Predigt habe ich mich an der Vielfalt gefreut, die ich zunehmend sehe und nicht als eine Bedrohung empfinde. Und diese Vielfalt sagt mir, dass ich nicht Korinther sein muss, um meinen Glauben zu leben und mit dem Heiligen Geist verbunden zu sein. Nehmen wir es also einfach als Verheißung, die uns allen gilt. Die Kräfte werden durch Gott wirksam werden. Halleluja! Sich dafür zu öffnen und dann dem Ruf Gottes auch zu folgen. Ich glaube, das ist unsere Aufgabe.
Amen.