Weihnachten: Sterne, Botschaften und große Freude
Glaubensimpuls
Pastorin, Kinder- & Jugendwerk
Liebe Leser*innen dieser Predigt,
Weihnachts-Erwartungen
Was erwartet ihr euch zu Weihnachten?
Was habt ihr euch für diese Weihnachten gewünscht?
Haben sich eure Erwartungen vom Weihnachtsfest in diesem Jahr bisher erfüllt?
Weihnachten & Emotionen
Weihnachten ist in unseren Breiten ja zu einer recht emotionalen Zeit geworden. Es wird mit vielen Erwartungen verknüpft, die uns immer mehr auch durch die Einflüsse der Werbebranche verkauft werden.
Da habe ich zum Beispiel von meiner Mutter gehört, dass ein Fernsehsender damit wirbt, im Dezember an jedem Abend zwei Weihnachtsfilme zu zeigen.
Und auch eine Umfrage im Radio hat erklärt, dass fast die Hälfte der befragten (in diesem Fall österreichischen) Bevölkerung sich auf Weihnachten vorbereitet und dabei romantische Weihnachtsfilme anschaut. Das ist sicher in vielen Ländern Europas ähnlich und auch in Amerika oder Australien und Neuseeland heutzutage so.
Da ich auch gelesen habe, dass es uns Menschen psychisch gut tun kann, sich einen schönen Film anzuschauen, muss ich gestehen, dass ich tatsächlich ab und zu ganz gern den einen oder anderen Weihnachtsfilm anschaue.
Aber mir fällt auf, dass diese Art von Filmen und das Weihnachtsfest in unserer Kultur allgemein immer mehr von emotionalen Erwartungen geprägt wird:
Es muss auf jeden Fall schneien – denn Schnee gehört zu Weihnachten und den Weihnachtserwartungen. Selbst wenn er nur künstlich ist oder als weiße Wattedecke aufgelegt wird.
Geschenke spielen eine sehr wichtige Rolle – das wissen alle, die Kinder haben!
Auch wenn in dieser Gegend traditionell das Christkind die Geschenke bringt, sehe ich zunehmend auch hier Rentiere, Elfen und Weihnachtsmänner mit Schlitten unter den Weihnachtsdekorationen.
Und im Radio hört man diese Tage sowieso viel von Santa Claus und den Weihnachtswünschen der Menschen…
In den Supermärkten gibt es eine riesige Auswahl an besonderen Lebensmitteln und Zutaten, die das Weihnachtsessen zu einem Genuss machen.
Die sogenannte „Weihnachtsstimmung“ liegt in der Luft!
Ein Hauch von heiler Welt, von Idylle, von Sehnsüchten und von Träumen. Das ist Weihnachten, so wie es uns verkauft wird.
Vielleicht spürt ihr schon: Da schwingen unglaublich viele Erwartungen mit. Da ist kein Platz für Fehler, für Planänderungen, oder für Dinge, die uns einen Strich durch die Rechnung machen.
Weihnachten & Stress
Da frage ich mich dann: Kann das überhaupt gut gehen? Ist es überhaupt möglich, diese wochenlang aufgebauschten Erwartungen zu erfüllen? Ist das Weihnachtsfest nicht schon von Beginn an so emotionsgeladen, dass schon die kleinste Unstimmigkeit zu einer großen Katastrophe werden kann?
Auch dazu gibt es heutzutage eine Fülle an humorvollen Geschichten, die beschreiben, welches Chaos ausbricht, wenn Weihnachten eben nicht nach Plan verläuft.
Wenn der Braten verbrennt oder die Familie sich streitet. Wenn die Geschenke nicht die erwarteten oder erhofften sind und sich Enttäuschung statt Freude ausbreitet.
Geschichten der Art habe ich auch schon einige gelesen diesen Advent und mich dabei einerseits amüsiert und andererseits durchaus auch wiedererkannt.
Die meisten dieser Geschichten finden ein Ende, an dem sich Menschen wieder vertragen und es dann doch noch zum Fest der Versöhnung und der Liebe wird.
Weihnachten – ein Fest der Versöhnung? der Liebe? der Familie?
Ist das denn Weihnachten? Ein Fest der Versöhnung? Ein Fest der Familie?
Ein Fest, an dem wir Menschen zeigen, wie wichtig sie für uns sind? Wie gern wir sie haben?
Auch diese Erwartungen sind in unserer Gegend definitiv weit verbreitet. Wenn es gelingt, dass wir versöhnt und umgeben von lieben Menschen feiern, dann ist das ein wunderbares Gefühl. Liebe von den Mitmenschen zu empfangen und auch weiterzugeben, erwärmt unsere Herzen definitiv.
Aber auch in dieser Art, Weihnachten zu feiern, ist eine Schieflage. Was, wenn es eben nicht gelingt? Was, wenn wir uns nicht mit der Familie versöhnen können? Was, wenn geliebte Menschen nicht mehr bei uns sind und mit uns feiern? Hat das Fest dann seinen Sinn verloren?
Eine weitere Umfrage diesen Advent hat gezeigt, dass Einsamkeit ein zunehmendes Problem in unserer Gesellschaft ist. Und sie ist laut Expertenmeinung gefährlicher für unsere Gesundheit als z.B. das Kettenrauchen!
Ich habe dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit ganz besonders gespürt, dass Weihnachten mit all diesen Erwartungen und Deutungen immer wieder von dem abhängt, was wir Menschen daraus machen. Es liegt an uns, das Weihnachtsfest gut zu gestalten. Wir können versuchen, alle Erwartungen zu erfüllen, und wenn es gelingt, dann ist Weihnachten ein gutes Fest gewesen.
Weihnachten – und Gott?
Ist euch schon aufgefallen, dass in all diesen Beschreibungen und Gedanken zu Weihnachten ein ganz wesentlicher Teil gefehlt hat?
In all dem, was uns zu Weihnachten beschäftigt, hat Gott oft sehr wenig Platz.
Wenn alles von uns selbst abhängt, was erwarten wir dann eigentlich von Gott?
Im Bibelgespräch letzte Woche haben wir uns mit genau dieser Frage beschäftigt. Was erwarten wir von Gott zu Weihnachten? Eine ehrliche Antwort war: eigentlich nichts.
Wir haben dann gemerkt, dass man das so nicht ganz stehen lassen kann. Aber dass wir von Gott nicht das erwarten, was mit den Weihnachtserwartungen generell verbunden ist. Sondern dass Gott vielleicht anders erscheint, als wir es erwarten.
Die Weihnachtsgeschichte im Matthäus-Evangelium
Die Weihnachtsgeschichte, in der es um Erwartungen, Prophezeiungen und Träume geht, die haben wir heute als Evangeliumslesung gehört.
Ich möchte in diesem Jahr einen Blick auf die Weihnachtsgeschichte des Evangelisten Matthäus werfen. Sie wird meistens in unserer Gegend nicht zu Weihnachten gelesen sondern rund um den 6. Jänner, wo sie zu Epiphanias ihren eigenen Platz bekommt.
Ich habe sie ganz bewusst für den heutigen Christtag gewählt.
Um heute einmal die Hirten auf dem Feld zu lassen und die himmlischen Heerscharen genau dort, im Himmel!
Bei Matthäus finden wir nicht die Erzählung der Volkszählung und die Reise nach Bethlehem. Sondern wir finden einen einfachen Satz über die Geburt Jesu: „Jesus wurde in Betlehem in Judäa geboren, zur Zeit, als König Herodes das Land regierte.“ Das war’s! So einfach geht es auch. Das Kind wurde geboren und seine Eltern hatten wenigstens zunächst einmal ihre Ruhe.
Im Matthäusevangelium ist von keinem Stall die Rede und auch nicht von Hirten, die zu einem Besuch an der Krippe eilten.
Bei Matthäus geschieht etwas ganz Eigenartiges. Etwas Unerwartetes. Etwas Merkwürdiges: Sterndeuter aus einem Land im Osten bemerken, dass sich etwas Großes in der Geschichte der Welt ereignet hat. Sie, die einer fremden Religion angehörten, die vom Gott Israels eigentlich wenig wissen – sie werden von Gott eingeladen und ihnen werden die Augen geöffnet für das Wirken Gottes in der Welt.
Was ich besonders eindrucksvoll finde an dieser Geschichte: Gott lässt sich auf ihre Ebene und ihre Sicht der Dinge ein. Gott kommuniziert mit diesen Astronomen durch die Konstellation der Sterne.
Und hier liegt für mich eine ganz wesentliche Beobachtung: Wenn wir uns überlegen, was wir von Gott erwarten oder wie Gott zu uns Menschen auch heute noch sprechen kann, dann denken wir oft an religiöse Menschen, die wahrscheinlich im Gebet oder in der Kirche oder beim Bibellesen von Gott berührt werden.
Aber Gott handelt nicht so, wie wir es erwarten. Und Gott muss nicht auf eine bestimmte Art der Religiosität beschränkt werden. Gott spricht Menschen ganz unerwartet an – und zwar so, wie sie es verstehen können.
Gott bewegte die Herzen dieser Sterndeuter so sehr, dass sie einer tiefen Sehnsucht gefolgt sind und sich auf die Reise nach Bethlehem machten.
Diese Weihnachtsgeschichte nach Matthäus enthält ein ganz eigenes Spannungsfeld. Der politische Herrscher Herodes bekommt einen zentralen Platz in der Geschichte. Sein Herrschaftsanspruch gerät durch die Interpretation der Sterndeuter nämlich ganz ordentlich ins Wanken.
Wer Weihnachten mit Frieden und Versöhnung verbindet, dem/der empfehle ich die Fortsetzung der Geschichte im Matthäusevangelium.
Ein brutaler Herrscher lässt sich nicht so leicht vom Thron stoßen – schon gar nicht von einem für ihn unbedeutenden Kind!
Die Erwartungen der jungen Familie werden durch den Besuch der Sterndeuter über den Haufen geworfen.
Dieser Besuch und die hohe Ehre der Huldigung haben einen großen Preis: Maria, Josef und das Kind müssen vor Herodes fliehen. Sie müssen ihr Leben, wie sie es gewohnt sind, zurücklassen und Schutz in einem fremden Land suchen. Wer die biblischen Verknüpfungen kennt, merkt sofort, dass bei Matthäus der Messias nach Ägypten zurückkehrt, in das Land, aus dem die Israeliten einst vor dem Pharao fliehen mussten. Es wird hier also etwas heil in der Geschichte vom Volk Gottes. Auch die unerwarteten Wendungen in der Geschichte Gottes mit uns Menschen bringen Heilsmomente!
Weihnachten ist Heilsgeschichte
Ein Hinweis auf die Tragweite dieses Heils ist übrigens in den Geschenken der Sterndeuter enthalten: Sie bringen Gold, Weihrauch und Myrrhe – Geschenke, die einem König überbracht werden (das wurde auch in der Lesung aus dem Alten Testament schon deutlich). Weihrauch und Myrrhe sind gleichzeitig auch die Kräuter, die zur Einbalsamierung von Gestorbenen verwendet wurden.
Schon hier wird deutlich: Dieses Kind ist tatsächlich der Heiland – aber das Heil kommt unerwartet und bringt auch Verlust und Trauer mit sich.
Weihnachten ist Gottes Wirken in der Welt
Die Weihnachtsgeschichte zeigt uns:
Gott kommt – und wir müssen dafür nichts leisten oder tun.
Gott kommt zu uns Menschen – und kein Herodes der Welt kann ihn aufhalten!
Das ist Gnade!
Und diese Zusage Gottes gilt auch uns an diesem Fest – Gott ist mit uns!
Halleluja!