Advent: eine Zeit der Zeichen
Glaubensimpuls
Pastorin, Kinder- & Jugendwerk
Der Menschensohn kommt
(Jesus sprach:)
»Zeichen werden zu sehen sein an der Sonne, dem Mond und den Sternen.
Auf der Erde werden die Völker zittern.
Sie werden weder aus noch ein wissen vor dem tosenden Meer und seinen Wellen.
Die Menschen werden vor Angst vergehen.
Sie warten auf die Ereignisse, die über die ganze Welt hereinbrechen werden.
Denn sogar die Mächte des Himmels werden erschüttert werden.
Dann werden alle es sehen:
Der Menschensohn kommt auf einer Wolke mit großer Macht und Herrlichkeit.
Aber ihr sollt euch aufrichten und euren Kopf heben, wenn das alles beginnt: Eure Erlösung kommt bald!«
Dann erzählte Jesus den Leuten ein Gleichnis:
»Schaut euch doch den Feigenbaum an oder all die anderen Bäume.
Wenn ihr seht, dass sie Blätter bekommen, dann wisst ihr:
Der Sommer ist bald da.So ist es auch mit euch:
Wenn ihr seht, dass das alles geschieht, dann wisst ihr:
Das Reich Gottes ist nahe.Amen, das sage ich euch:
Diese Generation wird nicht sterben, bevor dies alles geschieht.
Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.«
Zeichen des Advent
Ich möchte euch zu Beginn dieser Predigt eine Frage stellen:
Es ist (gerade) Advent. Bald ist Weihnachten.
Woran erkennt man das? Woran kann man sehen, dass wir uns hier gerade im Advent befinden?
Die Zeichen in unserer Zeit sind anders als vor 2000 Jahren. Und auch im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Traditionen der Menschen in unserer Gegend verändert.
Lasst uns einige der Zeichen unserer heutigen (Vor-)Weihnachtszeit genauer betrachten:
Der Nikolaus (Nikolo)
Der im 4. Jahrhundert lebende Bischof Nikolaus aus Myra (in der heutigen Türkei) wurde für seine Großzügigkeit schon früh gefeiert. Im Brauchtum in unserer Gegend hat sich im Lauf der Zeit noch die Figur des Krampus an die Seite vom Nikolaus gesellt.
Und in den USA wurde aus dem römisch-katholischen Bischof im 20. Jahrhundert der von Coca Cola entwickelte Santa Claus.
Die Krippen
Die traditionellen Weihnachts-Krippen gibt es schon länger.
Vermutlich ist das Aufbauen von Weihnachtskrippen Franz von Assisi zu verdanken. Er stellte die Weihnachtsgeschichte erstmals im Jahr 1223 mit lebenden Personen und Tieren nach.
Weihnachtsmärkte
Weihnachtsmärkte sind etwas später entstanden: Mit dem „Dezembermarkt“ zur Versorgung der Wiener Bevölkerung im Jahr 1296 und einem „Nikolausmarkt“ in München im Jahr 1310 wurde der Grundstein für Weihnachtsmärkte, wie wir sie heute kennen, gelegt.
Der Weihnachtsbaum
Der erste Weihnachtsbaum wurde 1539 im Straßburger Dom aufgestellt. Im Lauf der Jahrzehnte begannen dann Menschen, auch eigene Bäume aufzustellen und zu dekorieren.
Das Christkind
Ab der Zeit der Reformation entwickelte sich dank Martin Luther die Figur des Christkindes. Er wollte keinen katholischen Bischof Nikolaus anbeten in der Weihnachtszeit, sondern das neugeborene Christuskind.
Allerdings haben sich auch da die Legenden weiterentwickelt im Lauf der Zeit.
Weihnachtsdekorationen
Und wenn wir heutzutage auf die Weihnachtsdekorationen schauen, sehen wir vermehrt, dass nun Rentiere und Elfen gemeinsam mit Santa die idyllischen Nordpol-Weihnachtsgeschichten gestalten.
Weihnachtsfilme und Weihnachtspartys
Weihnachten ist heutzutage in Filmen und auf Festen nicht mehr in erster Linie ein christliches Fest, in dem es um die Geburt Jesu geht, sondern ein Ausdruck von Sehnsucht nach einer heileren Welt; einer Welt, in der alles glitzert und leuchtet, in der Schnee alles Unheile der Welt bedeckt und in der Menschen ein Fest der Liebe feiern.
Die Zeit vor Weihnachten: Sehnsucht & Stress
Ich verstehe die Sehnsucht nach einem friedlichen, liebevollen Fest.
Allerdings glaube ich nicht, dass sie mit Weihnachtsdekorationen, -einkäufen und großen Schmückaktionen von Haus und Garten erreicht werden kann.
Vielmehr wird die Zeit vor Weihnachten, die wir in unserer kirchlichen Tradition als Advent kennen, dann zu einer Zeit voll Stress und Überforderungen.
Das Haus muss geschmückt und geputzt sein, Kekse müssen gebacken sein, Weihnachtsgeschenke für Familie, Freunde und auch noch Lehrer*innen, Kolleg*innen etc. müssen gekauft werden.
Ganz zu schweigen von den verschiedenen extra Feiern, Konzerten, Aufführungen etc., die vor Weihnachten alle plötzlich auch noch stattfinden müssen.
In der Hektik der Vorweihnachtszeit kommen mir plötzlich die Worte aus dem Lukasevangelium ganz anders in den Sinn: „Aber ihr sollt euch aufrichten und euren Kopf heben, wenn das alles beginnt: Eure Erlösung kommt bald!“
Die (Er-)Lösung:
Ja, das Weihnachtsfest ist schon eine Erlösung!
Nichts kann mehr vorbereitet werden, alles ist eigentlich endlich vorbei.
Mit dem Weihnachtsfest kehrt vielleicht doch ein bisschen Zeit fürs Beisammensein ein. Zeit, um innezuhalten und zu feiern.
Zeit, um uns an die Zeichen zu erinnern, die unsere biblischen Geschichten uns schenken: das Kind in der Krippe; die Engel auf dem Feld.
Die ursprünglich christliche Botschaft unseres Festes: Gott kommt und Gott ist mit uns! Gott ist uns nah. Auch wenn um uns herum alles dunkel erscheint, vielleicht sogar grau und trostlos, ist Gott in unserer Nähe.
Die Zeichen in Lukas 21
Das ist auch der Kern des Evangeliumstextes: die Zeichen von Gottes Nähe.
Die Zeichen, von denen Jesus hier spricht, sind allerdings nicht die adventlichen Zeichen, die wir gern hätten. Sie sind nämlich gar nicht sehr angenehm.
Es sind Zeichen der Angst, der Bedrohung, der Unklarheit, der Erschütterung, und der Zerstörung.
Es sind keine Zeichen, die endzeitlichen Charakter haben und auf die Zukunft oder die Wiederkunft des Auferstandenen Christus hinweisen. Ganz im Gegenteil sind die Zeichen in diesem Bibeltext bewusst irdische Zeichen von gewaltigem Einfluss. Sie beschreiben einen plötzlichen Umbruch – im historischen Kontext deutet Lukas hier wohl auf die Zerstörung des Tempels in Jerusalem hin. Und auf das wichtige Zeichen: Gott ist trotzdem nahe. Rettung naht. Erlösung kommt. Gottes Heil ist da.
Die Zeichen von Lukas in unserem Alltag
Diese Zeichen sind vielleicht etwas realistischer, wenn wir uns in der Welt umblicken.
Die Nachrichten sind voll von Krisen, Kriegen, Leiden, Hunger, Unterdrückung und Schmerz.
Das Ideal der Demokratie strauchelt, weil sich Menschen der unterschiedlichen Parteien schwer tun, miteinander Lösungen zu finden und Kompromisse einzugehen.
Es mangelt an Nächstenliebe und Verständnis für die Mitmenschen.
Am 10. Dezember ist der internationale Tag der Menschenrechte. Es ist lobenswert, dass sich Menschen füreinander einsetzen und einander Wert, Achtung und Respekt zeigen wollen. Doch in der Realität wird immer wieder deutlich, dass Ungerechtigkeit, Unfriede und Neid oder Hass sich sehr schnell ausbreiten in unserer Welt.
Unsere Welt ist nicht friedvoller als vor 2000 Jahren.
Auch wir sehnen uns nach Erlösung von allem, was Menschen unterdrückt.
Doch auch uns gelten die Worte Jesu. Wenn die Welt um uns trostlos scheint, wenn die Erde zittert und die Menschen vor Angst vergehen, dann sagt uns Jesus: Erhebt eure Häupter! Macht euch keine Sorgen! Das Reich Gottes ist nahe.
Advent ist eine Einladung zum Pespektivenwechsel
Anstatt uns von Trostlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Stress oder Winterdepressionen verschlingen zu lassen, lädt uns der Advent ein, unsere Sichtweise zu erneuern, unseren Blick wieder neu auf Gottes Kommen auszurichten.
Unser Blick fällt gen Weihnachten auf das Kind in der Futterkrippe. Gott, der uns Menschen so nahe ist, dass er selbst ganz Mensch wird in Jesus Christus.
Und auch uns gilt die Einladung: „Bereitet alles für das Kommen Gottes vor! Das heißt: Bereitet in Liebe alles für das Kind in der Krippe vor. Gott ist nicht der Macher, der es richten wird, und wir können weiterschlafen. Gott ist das Kind im Bauch der Maria – und liefert sich in die Hände der Menschen aus, wird selbst Nächster.“
Ein besonderes Zeichen im Gottesdienst
Ein letztes Zeichen der Nähe Gottes ist heute sichtbar:
Wir feiern das Abendmahl miteinander.
Das Brot, das wir brechen und der Kelch, den wir einander reichen, sind Zeichen für die Überwindung von Leid und Tod.
In Jesus Christus hat Gott den Kreislauf der Hoffnungslosigkeit durchbrochen.
Seine Auferstehung ist auch für uns ein Zeichen von Gottes Ewigkeit.
Wenn wir heute miteinander Brot brechen in Erinnerung an Christus, dann schmecken und spüren wir die Fülle von Gottes Gnade und Liebe.
Sie möge uns auch in diesem Advent tragen und leiten. Sie ist für uns ein Zeichen der Hoffnung in dieser Welt und in Ewigkeit.
Amen.
Glaubensimpulse