Kirchenbeitrag, Kollekte, Gaben an die Mission: nicht auf die Summen kommt es an, sondern die Haltung!
Glaubensimpuls
Pastorin, Kinder- & Jugendwerk
Liebe Leser*innen,
Vor Kurzem war ich für ein paar Tage auf einer ökumenischen Reise in Rom.
Ich kenne Rom schon ein bisschen, es war jetzt meine 4. Reise in die Stadt.
Rom ist eine Stadt, in der viele Gebäude an den Glauben der Menschen, an ihre Spiritualität, erinnern.
Prunkvolle Kirchen
Auf alten römischen Tempelresten thronen oft römisch-katholische Kirchengebäude. Andere christliche Kirchen und die jüdische Synagoge haben nun auch einen Platz gefunden dort, ebenso wie die vielen Tarot-Handleser*innen auf den Plätzen.
An einem Tag habe ich versucht, zu zählen, wie viele Geistliche mir in Kollarhemden oder anderen Gewändern über den Weg laufen in Rom. Mein Stand an einem Tag war bei 36 Priestern, 32 Nonnen, 4 katholischen Mönchen und 1 buddhistischen Mönch!
Bei all diesen imposanten Kirchengebäuden und den vielen Geistlichen in ihren langen Gewändern ist mir der Evangeliumstext aus Markus 12 mitten in Rom in den Sinn gekommen.
Die vielen Denkmäler der verschiedenen Päpste in den Kirchen Roms kamen mir oftmals nicht wie eine Ehrerbietung vor, sondern fast sogar bedrohlich.
Vieles in dieser Stadt hat in mir den Eindruck erweckt, dass die Mächtigen in ihrem Prunk und auf ihren Thronen sitzen, während das einfache Volk sich durch das Gewimmel der Stadt bewegt und die vielen Schadstoffe in den Straßen aufsaugt.
Ich habe mich auch an eine Predigt meines Vorgängers, Lothar Pöll, erinnert, die ich gern in Gottesdiensten zitiere. In seiner Predigt über Offenbarung 21 beschreibt er das Bild des neuen, himmlischen, Jerusalems, das eben keinen Tempel und keine Kirchengebäude mehr braucht, weil Gott unter den Menschen haust.
Die Schriftgelehrten und die Witwe an der Synagoge
Der Abschnitt aus Markus 12, 38-44 erzählt von Jesus, der in der Nähe der Synagoge ist und die Menschen beobachtet.
Er sieht die einflussreichen und wohlhabenden Menschen, die große Gaben als Tempelsteuer opfern. Sie tun dies sehr offensichtlich, damit sie gesehen werden und für ihre Großzügigkeit respektiert werden.
Und Jesus sieht auch die arme Witwe, die von den Reichen enteignet wurde und nun auf der Straße leben muss. Sie gibt 2 der kleinsten Münzen der damaligen Zeit - also quasi 2 Cent als ihren damaligen „Kirchenbeitrag“. Mehr hat sie nicht - wie auch? Es gab damals keinen Sozialstaat. Wer keine Familie mehr hatte, die ihn oder sie unterstützen konnte, landete arm auf der Straße.
Die Probleme der Witwe aus Sarepta
Das wird auch in der Lesung aus dem Ersten Testament aus 1. Könige 17, 8-16 deutlich: die Witwe aus Sarepta hatte Angst, in Hunger und Elend abzustürzen, weil Frauen allein damals ja keine bezahlte Arbeit leisten durften. Schon in dieser Lesung spürt man, dass Gott sich um die armen Menschen besonders kümmert. Durch den Propheten Elija wurde der Witwe das, was sie zum Leben braucht, geschenkt.
Für Gott stehen die armen Menschen im Vordergrund
Und auch für Jesus steht im heutigen Evangeliumstext eine Witwe im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Diese Frau, die alles verloren hatte und von den Menschen der Stadt kaum beachtet wurde, gab alles, was sie hatte in den Opferkasten. Diese Kästen waren im Tempel im Vorhof der Frauen aufgestellt und so konnten wirklich alle Gläubigen sehen, wer etwas brachte. Die Witwe war an der vorgeschriebenen Kleidung für Witwen deutlich als solche erkennbar.
Mir gefällt es immer wieder, dass Jesus Menschen in den Mittelpunkt stellte, die damals so oft nur übersehen wurden. Und ihre Gaben, die im großen Ganzen kaum einen Unterschied machten, wurden von ihm als besonders wertvoll dargestellt.
Jesus sieht die Menschen abseits der Regeln und sozialen Gefüge an - einfach als Menschen. Und er beurteilt nicht nach den Regeln der Gesellschaft, sondern immer nach den Regeln der Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe.
Er verkündigt damit einen Gott, der alle Menschen liebt - aber wenn es darauf ankommt, dann sind die armen, ausgestoßenen, ausgegrenzten Menschen Gott wichtiger als diejenigen, die alles an sich reißen.
Jesus kritisiert Menschen, die sich zur Schau stellen
Die Schriftgelehrten waren Menschen, die sich dem Studium der Heiligen Schriften und der Gebote gewidmet hatten. Das ist an sich ja keine schlechte Sache.
Sie waren oft die Experten im jüdischen Recht und wurden als Berater für die Rechtsverfahren der Jüdischen Obrigkeiten herangezogen. Oft waren sie Teil des Sanhedrin, des jüdischen Gerichtshofes.
Und da kam es schon vor, dass sie sich ihrer Wichtigkeit und ihrer Stellung rühmten. Dass sie ihre Macht und ihren Einfluss zur Schau stellten. Oder dass sie so auf den Details der Gesetzte und Vorschriften beharrten, dass ihnen dabei der Blick für das Leiden der Menschen oder gar die Besinnung auf den eigenen Glauben fehlte.
Und das ist es, was Jesus kritisierte. Nicht die Schrift-Wissenschaftler an sich, sondern diejenigen, die sich selbst für zu wichtig nehmen. Die die Gesetze um jeden Preis einfordern, auch wenn es dabei für manche Menschen den Verlust des eigenen Besitzes bedeutet und ein Überleben in Armut und Not.
Aus welchem Grund werden Opfer gegeben?
Jesus kritisiert nicht grundsätzlich die Gaben der großzügigen Spender, aber er kritisiert die Haltung der Einflussreichen. Die zur Schau stellen, dass sie den angebrachten Teil ihres Wohlstandes opfern, während die Armen sich kaum irgendeine Spende leisten können.
Die Witwe konnte mit ihren 2 Münzen nichts erwirken - und dennoch war es ihr wichtig, ihren Teil beizutragen. Und sie machte sich nicht die Mühe, nachzurechnen, wie viel ihrer wenigen Münzen sie eigentlich als Steuer opfern sollte. Sie gab einfach alles, was sie hatte.
Diese Haltung sieht Jesus und diese Haltung lobt er.
Sich nicht immer zu überlegen, wie viel oder wie wenig gerade angebracht ist als Opfer.
Sondern einfach zu sehen: ich kann etwas beitragen zum großen Ganzen, auch wenn es nur wenig ist.
Ich möchte mich beteiligen und großzügig geben.
Wenn ich mir diese Witwe anschaue, dann komme ich schon ins Grübeln.
Aus welcher Haltung heraus gebe ich ?
Wenn ich mir das mal ganz persönlich überlege:
Meine Beiträge überweise ich ja monatlich, die sind ausgerechnet. Da gebe ich eben einen Prozentsatz meines Gehaltes. Und es ist mir wichtig, diese Gaben einzukalkulieren in mein monatliches Budget.
Und dann kommen aber noch andere Spenden und Opfer. Ich gebe in die Kollekte, als Zeichen meiner Dankbarkeit. Ich gebe etwas für den Kaffee und Kuchen, den wir nach dem Gottesdienst bekommen, weil ich dankbar bin für die Gemeinschaft im Anschluss, in der jede*r etwas bekommt und von niemandem ein bestimmter Preis verlangt werden muss. Ich gebe, damit wir gemeinsam essen und trinken können.
Aber dann gibt es doch noch Momente, in denen ich gebe, weil sich mein Herz erwärmt. Ich habe für den Tirana-Lauf nach Albanien gespendet, weil ich weiß, wie gut die Arbeit der Diakonie in der Frühförderung ist. Ich möchte dazu meinen kleinen Teil beitragen, der im Großen Ganzen auch nur wenig ausmacht, aber es liegt mir am Herzen, die Sache zu unterstützen.
Großzügig Geben, weil sich das Herz erwärmt
Und ich möchte mich wieder etwas mehr zusammenreißen und mein Herz grundsätzlich mehr erwärmen für die Menschen, die in unseren Straßen leben und arbeiten. Natürlich gibt es Notschlafstellen und Verpflegung für Obdachlose und Bettler. Natürlich gibt es die Möglichkeit, vom Sozialstaat Hilfe zu bekommen.
Ich merke aber: die Menschen zum Zeitpunkt ihrer Not über die verfügbaren Optionen zu belehren ist kein Zeichen von Gottes Großzügigkeit. Da bin ich nicht weit entfernt von der Haltung der Schriftgelehrten, die Jesus so kritisiert.
Vielleicht sollte ich mir wieder einmal ein Beispiel an der Haltung meiner Kinder nehmen.
Als wir in den Herbstferien durch Salzburg spaziert sind und an einer bettelnden Person nach der anderen vorbeikamen, hat mich mein jüngerer Sohn herausgefordert: warum sitzen diese Menschen da und bitten um Geld? Haben sie keins? Das will doch niemand freiwillig tun, den ganzen Tag in der Kälte am Boden sitzen. Wenn sie wirklich eine Wahl hätten, würden die doch auch lieber woanders sitzen.
Ich habe ihm also etwas Geld gegeben, dass er den Bettler*innen geben konnte. Die sich natürlich auch über die kleinen Gaben sehr gefreut haben. Weil sie wahrgenommen und gesehen wurden.
Und ich packe mich wieder einmal an der Nase: es geht ja nicht darum, viel zu geben. Sondern es geht um die Haltung, die ich einnehme. Es geht darum, die Menschen zu sehen und ihnen eine kleine Aufmerksamkeit zu schenken.
Die evangelische Kirche in Rom hat uns erzählt, dass sie jede Woche obdachlose Frauen und ihre Babies versorgt. Das hat mich sehr berührt. Etwa 80 Menschen bekommen wöchentlich ein kleines Zeichen der Barmherzigkeit Gottes zu spüren durch die Versorgung der Gemeinde. Damit sind sicher nicht alle ihre Probleme gelöst - aber sie erleben Wertschätzung und Großzügigkeit anstelle von Belehrung über Regeln und Systeme.
Gaben für die Mission
In diesen Monat (November) feiern wir als Gemeinde unser Missionsfest. Am letztem Sonntag im Kirchenjahr wollen wir den Dienst an unseren Mitmenschen in den Vordergrund rücken. Wir werden an die Missionsprojekte erinnert, die unsere Kirche unterstützt. An diesem Sonntag werden die Kollekte und die Spenden beim Kirchenkaffee mit Mittagessen ganz diesen Projekten gewidmet.
Es ist wichtig, dass wir als Gemeinde immer wieder die Haltung einüben, nicht nur auf die eigenen Finanzen zu achten, sondern auch großzügig zu teilen mit Methodist*innen in Ländern, in denen viele Menschen in deutlich mehr Armut leben und deutlich weniger geben können für die Dienste der Gemeinden.
Geben, weil wir damit ein Stück Himmel auf Erden spüren können!
Ich möchte die heutigen Predigtgedanken mit einem Liedvers zusammenfassen:
„Wo Menschen sich verschenken, die Liebe bedenken, da berühren sich Himmel und Erde“! Amen.
Glaubensimpulse