Fürchtet euch nicht! Selig seid ihr...
Glaubensimpuls

Pastorin, Kinder- & Jugendwerk

Am 31. Oktober 2025 luden der Evangelische Superintendent (A&HB) Olivier Dantine und die Evangelisch-methodistische Gemeinde Salzburg, vertreten durch Pastorin Dorothee Büürma & Laienpredigerin Gabi Rehbogen, zum gemeinsamen Reformationsgottesdienst in die Diakoniekirche ein. Dieser wurde auf ORFIII und Ö1 live übertragen.
Musikalisch umrahmt und gestaltet wurde der Gottesdienst vom Ensemble BachWerkVokal unter der Leitung von Diözesankantor Gordon Safari.
Der Gottesdienst kann noch auf ORF ON nachgeschaut werden:
Zur Sendung auf ORF ON hier klickenDie Predigt zu einer vertonten Fassung der Seligpreisungen aus Matthäus 5 wurde im Wechsel von Superintendent Dantine und Pastorin Büürma verfasst und gehalten:
1) Selig sind, die da geistlich arm sind, denn ihrer ist das Himmelreich.
2) Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.
Predigt Teil 1 (Dantine):
Fürchte dich nicht! Ein Zuspruch, der aus biblischen Zeiten unsere Gegenwart erreicht. Eine Gegenwart, die von vielen sich überlagernden Krisen geprägt ist. Kriege, Teuerung und nicht zuletzt der Klimanotstand. Zuversichtlich zu bleiben, fällt vielen Menschen schwer.
„Fürchte dich nicht“ – das mag für viele Menschen beschwichtigend oder vielleicht sogar zynisch wirken. Aber es war ja gerade nicht so, dass die Zeiten, in denen der biblische Ruf „Fürchte dich nicht“ vernommen wurde, viel ruhiger waren. Auch da: Die Propheten beklagten soziale Verwerfungen innerhalb der Gesellschaft und zur Zeit Jesu warf ein großer und blutiger Aufstand gegen die römische Besatzung bereits seinen Schatten voraus. Da war wenig Platz für einen optimistischen Ausblick.
In den Seligpreisungen nimmt Jesus die Krisen und Sorgen ernst. Selig sind gerade die Leidtragenden und jene, die er „geistlich arm“ nennt, also alle, die an ihrer Lebenssituation verzweifeln und Hoffnung und Zuversicht verloren haben. Selig sind sie, ihnen wendet sich Gott zu. Und diese Zuwendung Gottes ist bedingungslos. Sie gilt nicht allein den Frommen, den Starken und Resilienten, also denen, die sich in Krisensituationen besonders bewähren, sondern gerade jenen, die aufgerichtet werden müssen.
Das gilt auch heute: Gott wendet sich uns Menschen ohne Vorbedingung zu. Gerade in diesen krisenhaften Zeiten ist uns zugesagt: Fürchte dich nicht, Gott sieht deine Ängste, weiß um deine Sorgen. Du wirst angesehen, du wirst wieder aufgerichtet.
Aufgerichtet wirst du, damit du mehr siehst als nur deine Not und deine Ängste. Aufgerichtet wirst du, um zu sehen, dass jemand da ist, der diese Ängste und Sorgen ernst nimmt, ihnen aber trotzt und eine andere Wirklichkeit verkündet, in der du selig gepriesen wirst.
3) Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen.
4) Selig sind, die da hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.
Predigt Teil 2 (Büürma):
Was meinte Jesus wohl, wenn er sagte, dass die sanftmütigen Menschen selig sind?
Meinte er damit, dass in unserer Welt statt harter Diskussionen, statt Sanktionen, Drohungen, Gewalt und Kriegen, die Menschheit von Liebe, Sanftmut, Geduld und Mitgefühl geleitet würde?
Das würde mir zwar gut gefallen, aber Jesus hatte für die Sanftmütigen etwas anderes im Sinn: Sanftmut bedeutet, das Unrecht nicht einfach hinzunehmen und mit den Schultern zu zucken.
Selig werden die Sanftmütigen dann, wenn sie sich für Gerechtigkeit einsetzen. Wenn sie sich so sehr nach Gerechtigkeit sehnen, dass sie hungern und dürsten.
Jesus selbst hat die vielen Kranken und Leidenden seiner Zeit nicht einfach ignoriert. Er hat sich damit nicht zufrieden gegeben, dass es das Schicksal mit diesen Menschen nicht gut gemeint hat.
Sondern er hat sich mit großer Leidenschaft dafür eingesetzt, dass die Lebensumstände der ausgegrenzten und armen Menschen seiner Zeit verbessert werden.Sie wussten, was es bedeutet, sich nach einer besseren Welt zu sehnen - und mit Jesu Hilfe wurden sie gesättigt.
Für mich bedeutet das: auch mir soll das Schicksal anderer Menschen nicht egal sein. Auch ich möchte mich dafür einsetzen, dass es vielen Menschen so gut wie möglich geht.
5) Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
6) Selig sind, die da reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen.
Predigt Teil 3 (Dantine):
Selig sind die Barmherzigen und die, die reinen Herzens sind.
Es sind Seligpreisungen, die das Bild einer anderen Wirklichkeit zeichnen als die, die wir gerade erleben: eine in vielen Bereichen erbarmungslose Welt. An entscheidenden Stellen befinden sich Menschen, die in einer sich wandelnden Welt Angst um ihre Identität, und um Macht und Einfluss haben. Sie greifen in erbarmungsloser Weise die Würde vieler Menschen an, dabei wird auch nicht vor der Lüge als Mittel der Politik zurückgeschreckt. Zudem wird immer weniger Rücksicht auf die Verletzlichkeit von Menschen genommen.
Jesu Bergpredigt beschreibt eine Gegenwirklichkeit. Menschen reinen Herzens bringen Barmherzigkeit in die Welt. Das mag den einen vielleicht allzu kitschig und naiv vorkommen. Gilt es doch, sich in der Welt durchzusetzen.
Aber ist es wirklich bloß ein naiver Traum, sich eine Welt vorzustellen, in der nicht Furcht und Abgrenzung herrschen, sondern gegenseitiger Respekt und Rücksichtnahme?
Barmherzigkeit heißt nicht alles und jedes in inniger Liebe zu umarmen. Und ein reines Herz ist alles andere als ein kindlich-naives Herz. Aufrichtigkeit und die Wahrung der Würde jedes Menschen sind nicht naiv. Sie sind Grundlage für Begegnungen auf Augenhöhe, und damit für ein Miteinander in Gerechtigkeit und Frieden.
7) Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.
8) Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihrer ist das Himmelreich.
Predigt Teil 4 (Büürma):
Frieden stiften ist keine einfache Aufgabe. Das spüren wir, wenn wir zu den Krisenherden unserer Welt derzeit blicken.
Da wird verhandelt und besprochen und getagt.
Es werden Kompromisse ausgelotet und manchmal auch gefunden; oft aber sind sie schwer zu erreichen.
Friedensstifter im großen Stil haben es schwer.
Aber auch im eigenen Umfeld braucht der Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit Mut. Manchmal muss ich die eigene Meinung ändern oder den unglücklich ausgedrückten Satz entschuldigen.
Manchmal ist es unbequem, mich für Gerechtigkeit einzusetzen.
Ich finde es ungerecht, dass die Klimakrise scheinbar ungehemmt auf immer neuere Extreme zusteuert. Es ist nicht gerecht, dass gerade die ärmsten Menschen darunter leiden, dass manche Einzelpersonen oder Unternehmen, die nur das eigene wirtschaftliche Wohl im Blick haben, ihre eigennützigen Ziele über die Auswirkungen ihres Wirtschaftens stellen.
Wenn ich mich aber für gerechtere Umstände einsetze, dann bin ich schnell allein mit meiner Meinung. Wenn ich meine Mitmenschen zum Boykott von bestimmten Produkten ermutige, dann mache ich mich schnell unbeliebt.
Was kann ein einzelner Mensch überhaupt verändern in unserer globalen Gesellschaft?
Wenn ich auf den Auslöser der Reformationsbewegung im 16. Jahrhundert zurückblicke, dann erkenne ich: ein Mensch wie Martin Luther, der sich nicht vor den Herausforderungen fürchtete, sondern der den Mut hatte, zu seinen Überzeugungen zu stehen, auch wenn er dafür leiden musste, der hat mit Gottes Hilfe sehr viel bewegt.
Was uns Menschen selig macht, ist die Hoffnung, die Gott schenkt, in der Zusage: „Fürchte dich nicht, denn ich bin bei dir!“.
Glaubensimpulse